Michelis, Arthur: Reiseschule für Touristen und Curgäste. Leipzig, 1869.III. Die versteckte Fahrkarte -- Reisecasse. ein Cylinderhut und ein Strickkörbchen sehen sehr nieder-gedrückt aus. Doch genug des Scherzes, wenden wir uns den ernsten Denken wir nun aber auch auf die Sicherheit und gute III. Die verſteckte Fahrkarte — Reiſecaſſe. ein Cylinderhut und ein Strickkörbchen ſehen ſehr nieder-gedrückt aus. Doch genug des Scherzes, wenden wir uns den ernſten Denken wir nun aber auch auf die Sicherheit und gute <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0061" n="47"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">III.</hi> Die verſteckte Fahrkarte — Reiſecaſſe.</fw><lb/> ein Cylinderhut und ein Strickkörbchen ſehen ſehr nieder-<lb/> gedrückt aus.</p><lb/> <p>Doch genug des Scherzes, wenden wir uns den ernſten<lb/> Aufgaben des Lebens zu, fuhr unſer Reiſeprofeſſor in ver-<lb/> ändertem Tone fort und legte mir die Frage vor, wo der<lb/> Weiſe ſeine Fahrkarte verwahre, worauf ich etwas verdutzt<lb/> erwiderte, ich hätte ſie gewöhnlich im Portemonnaie oder<lb/> auch in der Weſtentaſche. — „Oder auch!“ wiederholte er<lb/> im mildverweiſenden Tone eines Lehrers, der eine ungewöhn-<lb/> lich einfältige Antwort von einem ſonſt guten Schüler erhält.<lb/> Ich ſehe mit Betrübniß, daß Sie die Moral meines Vortrags<lb/> mit Illuſtrationen nicht beherzigt haben und noch Sextaner<lb/> in der Schule der Erfahrung ſind. Die höheren Claſſen dieſer<lb/> Schule haben das Bahnbillet ſtets wenigſtens an einem und<lb/> demſelben Ort, wie Uhr, Börſe, Schnupftuch, damit es<lb/> immer raſch bei der Hand iſt und ſie im Falle eines Verluſtes<lb/> ſofort wiſſen, woran ſie ſind, und die geeigneten Schritte mit<lb/> Würde thun können. Der Touriſt von Fach beſitzt dafür ein,<lb/> dem Stückchen Papier oder Pappe ausſchließlich gewidmetes<lb/> Täſchchen innerhalb der Weſte, denn das Portemonnaie hat<lb/> ſchon genug mit anderen Dingen zu ſchaffen. Soll dieſes<lb/> letztere gehörig reiſemäßig eingerichtet ſein, ſo hat es vier<lb/> offene und drei, durch verſchiedenfarbige Klammern geſchloſſene<lb/> Abtheilungen, von letzteren je eine für Gold, Papiergeld und<lb/> Gepäckſchein, ſo daß auch der letztere immer ein ruhiges<lb/> Einſiedlerleben führt, fern vom zerſtreuenden Welttreiben.<lb/> Die offenen Abtheilungen befaſſen ſich mit Silber- und<lb/> Kupfermünze, kleinen Schlüſſeln und dergleichen.</p><lb/> <p>Denken wir nun aber auch auf die Sicherheit und gute<lb/> Unterkunft der großen <hi rendition="#g">Reiſecaſſe</hi>. Vorhin war die Rede<lb/> von Taſchen und Angriffen auf ſie. Unter den Angriffen<lb/> wurden dort nur die harmloſeſten von allen in Betracht ge-<lb/> zogen: die von den Händen des Beſitzers. Wie viele andere<lb/> ſchlimmere hat aber die Taſche des Touriſten zu beſtehen!<lb/> Die gefährlichſten, die einer gewiſſen Claſſe von Gaſtwirthen,<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [47/0061]
III. Die verſteckte Fahrkarte — Reiſecaſſe.
ein Cylinderhut und ein Strickkörbchen ſehen ſehr nieder-
gedrückt aus.
Doch genug des Scherzes, wenden wir uns den ernſten
Aufgaben des Lebens zu, fuhr unſer Reiſeprofeſſor in ver-
ändertem Tone fort und legte mir die Frage vor, wo der
Weiſe ſeine Fahrkarte verwahre, worauf ich etwas verdutzt
erwiderte, ich hätte ſie gewöhnlich im Portemonnaie oder
auch in der Weſtentaſche. — „Oder auch!“ wiederholte er
im mildverweiſenden Tone eines Lehrers, der eine ungewöhn-
lich einfältige Antwort von einem ſonſt guten Schüler erhält.
Ich ſehe mit Betrübniß, daß Sie die Moral meines Vortrags
mit Illuſtrationen nicht beherzigt haben und noch Sextaner
in der Schule der Erfahrung ſind. Die höheren Claſſen dieſer
Schule haben das Bahnbillet ſtets wenigſtens an einem und
demſelben Ort, wie Uhr, Börſe, Schnupftuch, damit es
immer raſch bei der Hand iſt und ſie im Falle eines Verluſtes
ſofort wiſſen, woran ſie ſind, und die geeigneten Schritte mit
Würde thun können. Der Touriſt von Fach beſitzt dafür ein,
dem Stückchen Papier oder Pappe ausſchließlich gewidmetes
Täſchchen innerhalb der Weſte, denn das Portemonnaie hat
ſchon genug mit anderen Dingen zu ſchaffen. Soll dieſes
letztere gehörig reiſemäßig eingerichtet ſein, ſo hat es vier
offene und drei, durch verſchiedenfarbige Klammern geſchloſſene
Abtheilungen, von letzteren je eine für Gold, Papiergeld und
Gepäckſchein, ſo daß auch der letztere immer ein ruhiges
Einſiedlerleben führt, fern vom zerſtreuenden Welttreiben.
Die offenen Abtheilungen befaſſen ſich mit Silber- und
Kupfermünze, kleinen Schlüſſeln und dergleichen.
Denken wir nun aber auch auf die Sicherheit und gute
Unterkunft der großen Reiſecaſſe. Vorhin war die Rede
von Taſchen und Angriffen auf ſie. Unter den Angriffen
wurden dort nur die harmloſeſten von allen in Betracht ge-
zogen: die von den Händen des Beſitzers. Wie viele andere
ſchlimmere hat aber die Taſche des Touriſten zu beſtehen!
Die gefährlichſten, die einer gewiſſen Claſſe von Gaſtwirthen,
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |