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Michelis, Arthur: Reiseschule für Touristen und Curgäste. Leipzig, 1869.

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IV. Schuhwerk.
Grund mehr für breite Sohlen ist, daß an ihnen Eissporen
fester anzuschnallen sind. Endlich müssen die Erstern dick
und wohl benagelt, die Absätze niedrig und breit sein; hohe
Absätze sind unbequem und gefährlich. Die Benagelung
dient theils, das Leder zu schützen, theils dem Tritt festeren
Halt zu geben. Die Nägel sollen nicht dicht gedrängt rundum
angebracht sein, weil sie so die Gefahr des Ausgleitens und
das Gewicht der Schuhe, ihre Steifheit und Unbeholfenheit
vermehren, sondern in lockerer Reihe stehen, so daß zwischen
je zweien ein kleiner Raum bleibt. Die eine Reihe beginnt
am Ballen, läuft an der Kante hin, vorn an den Zehen
herum bis an die entsprechende Stelle der anderen Seite;
eine zweite Reihe bildet einen Halbkreis unter dem Absatze,
welchem noch etwa vier Nägel in der Mitte beigefügt werden,
die schmale Stelle unter dem Spann bleibt leer. In alle
Geheimnisse der Benagelungskunst eingeweihte und mit ihren
Erfordernissen versehene Schuhmacher gibt es in Deutschland
noch heute nur wenige, ich habe deshalb meine Bergschuhe
meistens erst im nächsten größeren Orte des Alpengebiets,
den ich berührte, benageln lassen. Für die Ferse sind spitze
Nägel (österreich. Scheanken), für die Sohle sogenannte
Mausköpfe bestimmt. Neuerdings verwendet man vielfach
Schrauben, welche noch festsitzen, auch wenn sie den Kopf
verloren haben. Natürlich ist es so einzurichten, daß alle
Fußbekleidungen, besonders Bergschuhe, nicht erst aus der
Werkstatt eintreffen, wenn der Koffer gepackt wird, sondern
jedes Stück die Probe bestanden, sich auch in der Nässe
bewährt hat. Die Vorprobe geschieht durch die Hand, welche
die innere sogenannte Brandsohle betastet, um sie dem
Bringer zur Abhilfe gleich wieder mitzugeben, sofern Stifte
oder Nägel durchgeschlagen wären; der bestrümpfte Fuß be-
handelt diese Untersuchung zu oberflächlich und hat später
den Schaden davon. Wer es mit seinen Füßen gut meint,
nimmt keinerlei Schuhwerk mit, ohne es in jenen vertrauen-
erweckenden Zustand gesetzt zu haben, der durch mehrfaches

IV. Schuhwerk.
Grund mehr für breite Sohlen iſt, daß an ihnen Eisſporen
feſter anzuſchnallen ſind. Endlich müſſen die Erſtern dick
und wohl benagelt, die Abſätze niedrig und breit ſein; hohe
Abſätze ſind unbequem und gefährlich. Die Benagelung
dient theils, das Leder zu ſchützen, theils dem Tritt feſteren
Halt zu geben. Die Nägel ſollen nicht dicht gedrängt rundum
angebracht ſein, weil ſie ſo die Gefahr des Ausgleitens und
das Gewicht der Schuhe, ihre Steifheit und Unbeholfenheit
vermehren, ſondern in lockerer Reihe ſtehen, ſo daß zwiſchen
je zweien ein kleiner Raum bleibt. Die eine Reihe beginnt
am Ballen, läuft an der Kante hin, vorn an den Zehen
herum bis an die entſprechende Stelle der anderen Seite;
eine zweite Reihe bildet einen Halbkreis unter dem Abſatze,
welchem noch etwa vier Nägel in der Mitte beigefügt werden,
die ſchmale Stelle unter dem Spann bleibt leer. In alle
Geheimniſſe der Benagelungskunſt eingeweihte und mit ihren
Erforderniſſen verſehene Schuhmacher gibt es in Deutſchland
noch heute nur wenige, ich habe deshalb meine Bergſchuhe
meiſtens erſt im nächſten größeren Orte des Alpengebiets,
den ich berührte, benageln laſſen. Für die Ferſe ſind ſpitze
Nägel (öſterreich. Scheanken), für die Sohle ſogenannte
Mausköpfe beſtimmt. Neuerdings verwendet man vielfach
Schrauben, welche noch feſtſitzen, auch wenn ſie den Kopf
verloren haben. Natürlich iſt es ſo einzurichten, daß alle
Fußbekleidungen, beſonders Bergſchuhe, nicht erſt aus der
Werkſtatt eintreffen, wenn der Koffer gepackt wird, ſondern
jedes Stück die Probe beſtanden, ſich auch in der Näſſe
bewährt hat. Die Vorprobe geſchieht durch die Hand, welche
die innere ſogenannte Brandſohle betaſtet, um ſie dem
Bringer zur Abhilfe gleich wieder mitzugeben, ſofern Stifte
oder Nägel durchgeſchlagen wären; der beſtrümpfte Fuß be-
handelt dieſe Unterſuchung zu oberflächlich und hat ſpäter
den Schaden davon. Wer es mit ſeinen Füßen gut meint,
nimmt keinerlei Schuhwerk mit, ohne es in jenen vertrauen-
erweckenden Zuſtand geſetzt zu haben, der durch mehrfaches

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[66/0080] IV. Schuhwerk. Grund mehr für breite Sohlen iſt, daß an ihnen Eisſporen feſter anzuſchnallen ſind. Endlich müſſen die Erſtern dick und wohl benagelt, die Abſätze niedrig und breit ſein; hohe Abſätze ſind unbequem und gefährlich. Die Benagelung dient theils, das Leder zu ſchützen, theils dem Tritt feſteren Halt zu geben. Die Nägel ſollen nicht dicht gedrängt rundum angebracht ſein, weil ſie ſo die Gefahr des Ausgleitens und das Gewicht der Schuhe, ihre Steifheit und Unbeholfenheit vermehren, ſondern in lockerer Reihe ſtehen, ſo daß zwiſchen je zweien ein kleiner Raum bleibt. Die eine Reihe beginnt am Ballen, läuft an der Kante hin, vorn an den Zehen herum bis an die entſprechende Stelle der anderen Seite; eine zweite Reihe bildet einen Halbkreis unter dem Abſatze, welchem noch etwa vier Nägel in der Mitte beigefügt werden, die ſchmale Stelle unter dem Spann bleibt leer. In alle Geheimniſſe der Benagelungskunſt eingeweihte und mit ihren Erforderniſſen verſehene Schuhmacher gibt es in Deutſchland noch heute nur wenige, ich habe deshalb meine Bergſchuhe meiſtens erſt im nächſten größeren Orte des Alpengebiets, den ich berührte, benageln laſſen. Für die Ferſe ſind ſpitze Nägel (öſterreich. Scheanken), für die Sohle ſogenannte Mausköpfe beſtimmt. Neuerdings verwendet man vielfach Schrauben, welche noch feſtſitzen, auch wenn ſie den Kopf verloren haben. Natürlich iſt es ſo einzurichten, daß alle Fußbekleidungen, beſonders Bergſchuhe, nicht erſt aus der Werkſtatt eintreffen, wenn der Koffer gepackt wird, ſondern jedes Stück die Probe beſtanden, ſich auch in der Näſſe bewährt hat. Die Vorprobe geſchieht durch die Hand, welche die innere ſogenannte Brandſohle betaſtet, um ſie dem Bringer zur Abhilfe gleich wieder mitzugeben, ſofern Stifte oder Nägel durchgeſchlagen wären; der beſtrümpfte Fuß be- handelt dieſe Unterſuchung zu oberflächlich und hat ſpäter den Schaden davon. Wer es mit ſeinen Füßen gut meint, nimmt keinerlei Schuhwerk mit, ohne es in jenen vertrauen- erweckenden Zuſtand geſetzt zu haben, der durch mehrfaches

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Zitationshilfe: Michelis, Arthur: Reiseschule für Touristen und Curgäste. Leipzig, 1869, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/michelis_reiseschule_1869/80>, abgerufen am 21.11.2024.