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Michelis, Arthur: Reiseschule für Touristen und Curgäste. Leipzig, 1869.

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IV. Strümpfe -- Wundwerden.
heile Füße sind, und daß das Wohl des ganzen Körpers,
also auch eures, davon abhängt? Und schämt ihr euch nicht,
ihr unnützen Knechte, die ihr in schlotternder Ruhe anseht, wie
schwer die armen Glieder da unten arbeiten, daß ihr nicht
einmal die Kleinigkeit zu ihrer Erleichterung leisten mögt! --
Das wirkte so weit, daß ein paar Finger der Rechten zur
Botmäßigkeit zurückkehrten, in die scheußliche Flüssigkeit herz-
haft tauchten und ihr Werk begannen; bald sahen ihre
Nachbarn, daß sie auch ohne mitzuthun nicht ungehudelt und
unbesudelt blieben, und halfen rüstig. Die Linke betheiligte
sich nur mit drei Fingerspitzen, machte das aber hinterher
gut, indem sie ihrer Schwester bei der Toilette half. Diese
garstige Viertelstunde habe ich in Knittelversen in einem
Schweizer Fremdenbuche besungen, fand das Blatt aber
wenige Wochen darauf ausgerissen. Sei nun der Thäter
ein Bewunderer meiner Muse oder ein Verächter, ich kann
ihm -- möchten ihm diese Zeilen doch zu Gesicht kommen --
die Bemerkung nicht ersparen, daß er besser gethan hätte, in
demselben Buche durch gute Verse mich zu verhöhnen, denn
das gehört zu den constitutionellen Rechten des Reisenden,
Blätter aus Fremdenbüchern zu reißen aber nicht.

Mit ausreichender Gründlichkeit wäre nun abgehandelt,
was dem gewissensstrengen Touristen seinen Schuhen gegen-
über obliegt; jetzt zu den Strümpfen. Diese, kurze
Socken, müssen aus dickem, nicht zu grobem Wollengarn
gestrickt sein, sowohl der Wärme als der Elasticität halber,
denn sie haben wie Eisenbahnpuffer manchen harten Stoß
aufzufangen. Nur für gewöhnliche Märsche sind dünnere
wollene und halbwollene Strümpfe, Angora, Vigogne, erlaubt;
baumwollene verhärten leicht. An heißen Ruhetagen belohnt
man sich für correcte Haltung durch Gestattung eines leichten
Paares. Gegen Wundwerden empfiehlt das Jahrbuch
des österreichischen Alpenvereins feine, unter die wollenen
gezogene Socken von Leinwand. Manche seifen auch die be-
treffenden Stellen der Innenseite des Wollenstrumpfs. Mit

IV. Strümpfe — Wundwerden.
heile Füße ſind, und daß das Wohl des ganzen Körpers,
alſo auch eures, davon abhängt? Und ſchämt ihr euch nicht,
ihr unnützen Knechte, die ihr in ſchlotternder Ruhe anſeht, wie
ſchwer die armen Glieder da unten arbeiten, daß ihr nicht
einmal die Kleinigkeit zu ihrer Erleichterung leiſten mögt! —
Das wirkte ſo weit, daß ein paar Finger der Rechten zur
Botmäßigkeit zurückkehrten, in die ſcheußliche Flüſſigkeit herz-
haft tauchten und ihr Werk begannen; bald ſahen ihre
Nachbarn, daß ſie auch ohne mitzuthun nicht ungehudelt und
unbeſudelt blieben, und halfen rüſtig. Die Linke betheiligte
ſich nur mit drei Fingerſpitzen, machte das aber hinterher
gut, indem ſie ihrer Schweſter bei der Toilette half. Dieſe
garſtige Viertelſtunde habe ich in Knittelverſen in einem
Schweizer Fremdenbuche beſungen, fand das Blatt aber
wenige Wochen darauf ausgeriſſen. Sei nun der Thäter
ein Bewunderer meiner Muſe oder ein Verächter, ich kann
ihm — möchten ihm dieſe Zeilen doch zu Geſicht kommen —
die Bemerkung nicht erſparen, daß er beſſer gethan hätte, in
demſelben Buche durch gute Verſe mich zu verhöhnen, denn
das gehört zu den conſtitutionellen Rechten des Reiſenden,
Blätter aus Fremdenbüchern zu reißen aber nicht.

Mit ausreichender Gründlichkeit wäre nun abgehandelt,
was dem gewiſſensſtrengen Touriſten ſeinen Schuhen gegen-
über obliegt; jetzt zu den Strümpfen. Dieſe, kurze
Socken, müſſen aus dickem, nicht zu grobem Wollengarn
geſtrickt ſein, ſowohl der Wärme als der Elaſticität halber,
denn ſie haben wie Eiſenbahnpuffer manchen harten Stoß
aufzufangen. Nur für gewöhnliche Märſche ſind dünnere
wollene und halbwollene Strümpfe, Angora, Vigogne, erlaubt;
baumwollene verhärten leicht. An heißen Ruhetagen belohnt
man ſich für correcte Haltung durch Geſtattung eines leichten
Paares. Gegen Wundwerden empfiehlt das Jahrbuch
des öſterreichiſchen Alpenvereins feine, unter die wollenen
gezogene Socken von Leinwand. Manche ſeifen auch die be-
treffenden Stellen der Innenſeite des Wollenſtrumpfs. Mit

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[68/0082] IV. Strümpfe — Wundwerden. heile Füße ſind, und daß das Wohl des ganzen Körpers, alſo auch eures, davon abhängt? Und ſchämt ihr euch nicht, ihr unnützen Knechte, die ihr in ſchlotternder Ruhe anſeht, wie ſchwer die armen Glieder da unten arbeiten, daß ihr nicht einmal die Kleinigkeit zu ihrer Erleichterung leiſten mögt! — Das wirkte ſo weit, daß ein paar Finger der Rechten zur Botmäßigkeit zurückkehrten, in die ſcheußliche Flüſſigkeit herz- haft tauchten und ihr Werk begannen; bald ſahen ihre Nachbarn, daß ſie auch ohne mitzuthun nicht ungehudelt und unbeſudelt blieben, und halfen rüſtig. Die Linke betheiligte ſich nur mit drei Fingerſpitzen, machte das aber hinterher gut, indem ſie ihrer Schweſter bei der Toilette half. Dieſe garſtige Viertelſtunde habe ich in Knittelverſen in einem Schweizer Fremdenbuche beſungen, fand das Blatt aber wenige Wochen darauf ausgeriſſen. Sei nun der Thäter ein Bewunderer meiner Muſe oder ein Verächter, ich kann ihm — möchten ihm dieſe Zeilen doch zu Geſicht kommen — die Bemerkung nicht erſparen, daß er beſſer gethan hätte, in demſelben Buche durch gute Verſe mich zu verhöhnen, denn das gehört zu den conſtitutionellen Rechten des Reiſenden, Blätter aus Fremdenbüchern zu reißen aber nicht. Mit ausreichender Gründlichkeit wäre nun abgehandelt, was dem gewiſſensſtrengen Touriſten ſeinen Schuhen gegen- über obliegt; jetzt zu den Strümpfen. Dieſe, kurze Socken, müſſen aus dickem, nicht zu grobem Wollengarn geſtrickt ſein, ſowohl der Wärme als der Elaſticität halber, denn ſie haben wie Eiſenbahnpuffer manchen harten Stoß aufzufangen. Nur für gewöhnliche Märſche ſind dünnere wollene und halbwollene Strümpfe, Angora, Vigogne, erlaubt; baumwollene verhärten leicht. An heißen Ruhetagen belohnt man ſich für correcte Haltung durch Geſtattung eines leichten Paares. Gegen Wundwerden empfiehlt das Jahrbuch des öſterreichiſchen Alpenvereins feine, unter die wollenen gezogene Socken von Leinwand. Manche ſeifen auch die be- treffenden Stellen der Innenſeite des Wollenſtrumpfs. Mit

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Zitationshilfe: Michelis, Arthur: Reiseschule für Touristen und Curgäste. Leipzig, 1869, S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/michelis_reiseschule_1869/82>, abgerufen am 21.11.2024.