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Michelis, Arthur: Reiseschule für Touristen und Curgäste. Leipzig, 1869.

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IV. Glycerin -- Hautpflege -- Schleier.
nisse gelitten. Sollten schmerzhafte Stellen daran sein, so
muß ihnen durch einen geschickten Operateur geholfen wer-
den. Dieser wird, wenn eingewachsene Nägel im Spiele
sind, vielleicht einen Keilschnitt machen und an der Seite ein
Stück Nagel bis zur Wurzel abspalten wollen. Laß ihn tapfer
gewähren, junger Freund, Dein Wanderglück steht sonst auf
schwachen Füßen; kurz ist der Schmerz, lang die Freude über
gesunde Füße. Wurde eine Radicalcur versäumt, so läßt sich
unterwegs nothdürftig Rath schaffen, indem man die in's
Fleisch gewachsenen Nägel mit einer Glasscherbe in der Mitte
längshin dünn schabt und sie so, daß beide Flanken gegen die
Mitte des Nagels nicht zurückstehen, also nicht bogenförmig,
sondern in gerader Linie beschneidet. Hühneraugen, wenn
gründliche Behandlung versäumt wurde, lassen sich durch
Isolirpflästerchen oder Beschneiden mit einer Lancette besänf-
tigen. Frostballen, sofern sie nicht schmerzhaft entzündet sind,
sollen oft mit Schnee gerieben und in kaltes Wasser getaucht,
dann abgetrocknet und mit Collodium bestrichen werden, wobei
man aber dem Lichte nicht zu nahe kommen darf.

Die dem Sonnenbrande ausgesetzten Theile des Gesichts
und der Hände erhalten sich geschmeidig durch (frisches) Glyce-
rin
(in Amerika ist eine Salbe gebräuchlich von 1 Loth Wallrath,
1/4 weißes Wachs, 4 fettes Mandelöl und 2 Glycerin; letz-
teres kommt hinzu, nachdem das Uebrige bei gelindem Feuer
zergangen ist), dem sonst dazu benutzten Schießpulver, das
die Haut staubtrocken macht, weit vorzuziehen. Allenfalls
thut's auch ein Stück Talglicht, es braucht nicht just Lippen-
pommade, Coldcream oder Rinderfett zu sein, welches letztere
im Apothekerrothwelsch Hirschtalg benannt wird. Ein großes
Verdienst um die Alpensteiger hat sich das Glycerin dadurch
erworben, daß es sie befreit hat von den leidigen, früher zum
Schutz der Gesichtshaut gegen Sprödigkeit und der Augen
gegen Schneeblindheit viel getragenen Schleiern, welche
die Aussicht verkümmern, die Augen erhitzen, die Athemluft
verderben und sonst vielfach belästigen. Denn daß auch die

IV. Glycerin — Hautpflege — Schleier.
niſſe gelitten. Sollten ſchmerzhafte Stellen daran ſein, ſo
muß ihnen durch einen geſchickten Operateur geholfen wer-
den. Dieſer wird, wenn eingewachſene Nägel im Spiele
ſind, vielleicht einen Keilſchnitt machen und an der Seite ein
Stück Nagel bis zur Wurzel abſpalten wollen. Laß ihn tapfer
gewähren, junger Freund, Dein Wanderglück ſteht ſonſt auf
ſchwachen Füßen; kurz iſt der Schmerz, lang die Freude über
geſunde Füße. Wurde eine Radicalcur verſäumt, ſo läßt ſich
unterwegs nothdürftig Rath ſchaffen, indem man die in’s
Fleiſch gewachſenen Nägel mit einer Glasſcherbe in der Mitte
längshin dünn ſchabt und ſie ſo, daß beide Flanken gegen die
Mitte des Nagels nicht zurückſtehen, alſo nicht bogenförmig,
ſondern in gerader Linie beſchneidet. Hühneraugen, wenn
gründliche Behandlung verſäumt wurde, laſſen ſich durch
Iſolirpfläſterchen oder Beſchneiden mit einer Lancette beſänf-
tigen. Froſtballen, ſofern ſie nicht ſchmerzhaft entzündet ſind,
ſollen oft mit Schnee gerieben und in kaltes Waſſer getaucht,
dann abgetrocknet und mit Collodium beſtrichen werden, wobei
man aber dem Lichte nicht zu nahe kommen darf.

Die dem Sonnenbrande ausgeſetzten Theile des Geſichts
und der Hände erhalten ſich geſchmeidig durch (friſches) Glyce-
rin
(in Amerika iſt eine Salbe gebräuchlich von 1 Loth Wallrath,
¼ weißes Wachs, 4 fettes Mandelöl und 2 Glycerin; letz-
teres kommt hinzu, nachdem das Uebrige bei gelindem Feuer
zergangen iſt), dem ſonſt dazu benutzten Schießpulver, das
die Haut ſtaubtrocken macht, weit vorzuziehen. Allenfalls
thut’s auch ein Stück Talglicht, es braucht nicht juſt Lippen-
pommade, Coldcream oder Rinderfett zu ſein, welches letztere
im Apothekerrothwelſch Hirſchtalg benannt wird. Ein großes
Verdienſt um die Alpenſteiger hat ſich das Glycerin dadurch
erworben, daß es ſie befreit hat von den leidigen, früher zum
Schutz der Geſichtshaut gegen Sprödigkeit und der Augen
gegen Schneeblindheit viel getragenen Schleiern, welche
die Ausſicht verkümmern, die Augen erhitzen, die Athemluft
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[85/0099] IV. Glycerin — Hautpflege — Schleier. niſſe gelitten. Sollten ſchmerzhafte Stellen daran ſein, ſo muß ihnen durch einen geſchickten Operateur geholfen wer- den. Dieſer wird, wenn eingewachſene Nägel im Spiele ſind, vielleicht einen Keilſchnitt machen und an der Seite ein Stück Nagel bis zur Wurzel abſpalten wollen. Laß ihn tapfer gewähren, junger Freund, Dein Wanderglück ſteht ſonſt auf ſchwachen Füßen; kurz iſt der Schmerz, lang die Freude über geſunde Füße. Wurde eine Radicalcur verſäumt, ſo läßt ſich unterwegs nothdürftig Rath ſchaffen, indem man die in’s Fleiſch gewachſenen Nägel mit einer Glasſcherbe in der Mitte längshin dünn ſchabt und ſie ſo, daß beide Flanken gegen die Mitte des Nagels nicht zurückſtehen, alſo nicht bogenförmig, ſondern in gerader Linie beſchneidet. Hühneraugen, wenn gründliche Behandlung verſäumt wurde, laſſen ſich durch Iſolirpfläſterchen oder Beſchneiden mit einer Lancette beſänf- tigen. Froſtballen, ſofern ſie nicht ſchmerzhaft entzündet ſind, ſollen oft mit Schnee gerieben und in kaltes Waſſer getaucht, dann abgetrocknet und mit Collodium beſtrichen werden, wobei man aber dem Lichte nicht zu nahe kommen darf. Die dem Sonnenbrande ausgeſetzten Theile des Geſichts und der Hände erhalten ſich geſchmeidig durch (friſches) Glyce- rin (in Amerika iſt eine Salbe gebräuchlich von 1 Loth Wallrath, ¼ weißes Wachs, 4 fettes Mandelöl und 2 Glycerin; letz- teres kommt hinzu, nachdem das Uebrige bei gelindem Feuer zergangen iſt), dem ſonſt dazu benutzten Schießpulver, das die Haut ſtaubtrocken macht, weit vorzuziehen. Allenfalls thut’s auch ein Stück Talglicht, es braucht nicht juſt Lippen- pommade, Coldcream oder Rinderfett zu ſein, welches letztere im Apothekerrothwelſch Hirſchtalg benannt wird. Ein großes Verdienſt um die Alpenſteiger hat ſich das Glycerin dadurch erworben, daß es ſie befreit hat von den leidigen, früher zum Schutz der Geſichtshaut gegen Sprödigkeit und der Augen gegen Schneeblindheit viel getragenen Schleiern, welche die Ausſicht verkümmern, die Augen erhitzen, die Athemluft verderben und ſonſt vielfach beläſtigen. Denn daß auch die

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Zitationshilfe: Michelis, Arthur: Reiseschule für Touristen und Curgäste. Leipzig, 1869, S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/michelis_reiseschule_1869/99>, abgerufen am 24.11.2024.