Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 1. Leipzig, 1776.und nahm von den Paters Abschied. Als der Sohn diese Zurüstungen sah, ward ihm das Herz auf einmal schwer, und das Auge trüb. Es war ihm, als ob er in eine Einöde zurückkehren sollte, so sehr hatte er sich schon ans Kloster gewöhnt. Eine Zeitlang stand er stumm und zitternd da; dann sprang er aber eilends weg, und kam nach eini- gen Augenblicken wieder, mit den Vüchern un- term Arm, die ihm P. Jgnatz geborgt hatte. Er gieng zu ihm hin, und sagte: Leider hab ich die Geschichte vom heiligen Franz nur halb, und die andern Bücher gar nicht durchlesen kön- nen; aber ich dank Jhnen doch recht sehr. Nein, mein lieber Xaver, sagte Jgnatz, so ists nicht ge- meynt; Er soll die Bücher zum Andenken von mir behalten, oder sie mir erst wieder zurückge- ben, wenn er hier Profeß thut. Mach er keine Umstände! Sie sind sein. Xaver sah seinen Va- ter an, als ob er fragte, was er thun sollte? Ja, wenn der Herr Pater nicht anders will, Xaver, sagte dieser, so must du's eben annehmen. Aber das Geschenk ist gar zu groß, Herr Pater! Jch weiß nicht, was ich Jhnen dagegen anbieten soll? Schicken Sie uns Jhren Sohn bald wieder, sagte Jgnatz, das ist alles, was ich wünsche. Der al- und nahm von den Paters Abſchied. Als der Sohn dieſe Zuruͤſtungen ſah, ward ihm das Herz auf einmal ſchwer, und das Auge truͤb. Es war ihm, als ob er in eine Einoͤde zuruͤckkehren ſollte, ſo ſehr hatte er ſich ſchon ans Kloſter gewoͤhnt. Eine Zeitlang ſtand er ſtumm und zitternd da; dann ſprang er aber eilends weg, und kam nach eini- gen Augenblicken wieder, mit den Vuͤchern un- term Arm, die ihm P. Jgnatz geborgt hatte. Er gieng zu ihm hin, und ſagte: Leider hab ich die Geſchichte vom heiligen Franz nur halb, und die andern Buͤcher gar nicht durchleſen koͤn- nen; aber ich dank Jhnen doch recht ſehr. Nein, mein lieber Xaver, ſagte Jgnatz, ſo iſts nicht ge- meynt; Er ſoll die Buͤcher zum Andenken von mir behalten, oder ſie mir erſt wieder zuruͤckge- ben, wenn er hier Profeß thut. Mach er keine Umſtaͤnde! Sie ſind ſein. Xaver ſah ſeinen Va- ter an, als ob er fragte, was er thun ſollte? Ja, wenn der Herr Pater nicht anders will, Xaver, ſagte dieſer, ſo muſt du’s eben annehmen. Aber das Geſchenk iſt gar zu groß, Herr Pater! Jch weiß nicht, was ich Jhnen dagegen anbieten ſoll? Schicken Sie uns Jhren Sohn bald wieder, ſagte Jgnatz, das iſt alles, was ich wuͤnſche. Der al- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0113" n="109"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> und nahm von den Paters Abſchied. Als der<lb/> Sohn dieſe Zuruͤſtungen ſah, ward ihm das Herz<lb/> auf einmal ſchwer, und das Auge truͤb. Es war<lb/> ihm, als ob er in eine Einoͤde zuruͤckkehren ſollte,<lb/> ſo ſehr hatte er ſich ſchon ans Kloſter gewoͤhnt.<lb/> Eine Zeitlang ſtand er ſtumm und zitternd da; dann<lb/> ſprang er aber eilends weg, und kam nach eini-<lb/> gen Augenblicken wieder, mit den Vuͤchern un-<lb/> term Arm, die ihm P. <hi rendition="#fr">Jgnatz</hi> geborgt hatte.<lb/> Er gieng zu ihm hin, und ſagte: Leider hab ich<lb/> die Geſchichte vom heiligen <hi rendition="#fr">Franz</hi> nur halb,<lb/> und die andern Buͤcher gar nicht durchleſen koͤn-<lb/> nen; aber ich dank Jhnen doch recht ſehr. Nein,<lb/> mein lieber <hi rendition="#fr">Xaver,</hi> ſagte <hi rendition="#fr">Jgnatz,</hi> ſo iſts nicht ge-<lb/> meynt; Er ſoll die Buͤcher zum Andenken von<lb/> mir behalten, oder ſie mir erſt wieder zuruͤckge-<lb/> ben, wenn er hier Profeß thut. Mach er keine<lb/> Umſtaͤnde! Sie ſind ſein. <hi rendition="#fr">Xaver</hi> ſah ſeinen Va-<lb/> ter an, als ob er fragte, was er thun ſollte? Ja,<lb/> wenn der Herr Pater nicht anders will, <hi rendition="#fr">Xaver,</hi><lb/> ſagte dieſer, ſo muſt du’s eben annehmen. Aber<lb/> das Geſchenk iſt gar zu groß, Herr Pater! Jch<lb/> weiß nicht, was ich Jhnen dagegen anbieten ſoll?<lb/> Schicken Sie uns Jhren Sohn bald wieder, ſagte<lb/><hi rendition="#fr">Jgnatz,</hi> das iſt alles, was ich wuͤnſche. Der al-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [109/0113]
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Sohn dieſe Zuruͤſtungen ſah, ward ihm das Herz
auf einmal ſchwer, und das Auge truͤb. Es war
ihm, als ob er in eine Einoͤde zuruͤckkehren ſollte,
ſo ſehr hatte er ſich ſchon ans Kloſter gewoͤhnt.
Eine Zeitlang ſtand er ſtumm und zitternd da; dann
ſprang er aber eilends weg, und kam nach eini-
gen Augenblicken wieder, mit den Vuͤchern un-
term Arm, die ihm P. Jgnatz geborgt hatte.
Er gieng zu ihm hin, und ſagte: Leider hab ich
die Geſchichte vom heiligen Franz nur halb,
und die andern Buͤcher gar nicht durchleſen koͤn-
nen; aber ich dank Jhnen doch recht ſehr. Nein,
mein lieber Xaver, ſagte Jgnatz, ſo iſts nicht ge-
meynt; Er ſoll die Buͤcher zum Andenken von
mir behalten, oder ſie mir erſt wieder zuruͤckge-
ben, wenn er hier Profeß thut. Mach er keine
Umſtaͤnde! Sie ſind ſein. Xaver ſah ſeinen Va-
ter an, als ob er fragte, was er thun ſollte? Ja,
wenn der Herr Pater nicht anders will, Xaver,
ſagte dieſer, ſo muſt du’s eben annehmen. Aber
das Geſchenk iſt gar zu groß, Herr Pater! Jch
weiß nicht, was ich Jhnen dagegen anbieten ſoll?
Schicken Sie uns Jhren Sohn bald wieder, ſagte
Jgnatz, das iſt alles, was ich wuͤnſche. Der al-
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