in seinem Leben äusserte, ihn bey allen seinen Wi- derwärtigkeiten unterstützte, und zulezt so ruhig ans Grab wandeln lehrte.
Siegwart wuste den Plan seines Vaters wohl, und freute sich darüber; Er war in seinem Sinne schon ein Jäger, und legte oft, wenn der Vater ausgeritten war, seinen Hirschfänger an, hieng die Flinte um, und spazierte so, mit schwerem Tritt, das Zimmer auf und ab; oder schlich sich wol, wenn der Vater nicht sobald zurückkommen könnte, in den Wald, und schoß einmal zu seinem innigen Vergnügen einen Hasen, den er aber, weil er ihn nicht mit nach Hause bringen durfte, einem armen Mann schenkte.
Allein ein Zufall vernichtete auf einmal sei- ne Hofnungen, und änderte den ganzen Plan sei- nes Vaters um.
Obwol Siegwart für das männliche und charakteristische des Deutschen geschaffen war, so liebte er doch auch das Sanfte, und die schöne stil- le Natur. Beydes ist sehr oft beysammen, und bildet einen liebenswürdigen, für die Welt sehr brauchbaren Charakter; er ist mehrentheils ein Ei- genthum des Dichters; und zu diesem hatte Sieg- wart alle Anlage, die, bey glücklicheren äusserlichen
in ſeinem Leben aͤuſſerte, ihn bey allen ſeinen Wi- derwaͤrtigkeiten unterſtuͤtzte, und zulezt ſo ruhig ans Grab wandeln lehrte.
Siegwart wuſte den Plan ſeines Vaters wohl, und freute ſich daruͤber; Er war in ſeinem Sinne ſchon ein Jaͤger, und legte oft, wenn der Vater ausgeritten war, ſeinen Hirſchfaͤnger an, hieng die Flinte um, und ſpazierte ſo, mit ſchwerem Tritt, das Zimmer auf und ab; oder ſchlich ſich wol, wenn der Vater nicht ſobald zuruͤckkommen koͤnnte, in den Wald, und ſchoß einmal zu ſeinem innigen Vergnuͤgen einen Haſen, den er aber, weil er ihn nicht mit nach Hauſe bringen durfte, einem armen Mann ſchenkte.
Allein ein Zufall vernichtete auf einmal ſei- ne Hofnungen, und aͤnderte den ganzen Plan ſei- nes Vaters um.
Obwol Siegwart fuͤr das maͤnnliche und charakteriſtiſche des Deutſchen geſchaffen war, ſo liebte er doch auch das Sanfte, und die ſchoͤne ſtil- le Natur. Beydes iſt ſehr oft beyſammen, und bildet einen liebenswuͤrdigen, fuͤr die Welt ſehr brauchbaren Charakter; er iſt mehrentheils ein Ei- genthum des Dichters; und zu dieſem hatte Sieg- wart alle Anlage, die, bey gluͤcklicheren aͤuſſerlichen
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in ſeinem Leben aͤuſſerte, ihn bey allen ſeinen Wi-
derwaͤrtigkeiten unterſtuͤtzte, und zulezt ſo ruhig
ans Grab wandeln lehrte.
Siegwart wuſte den Plan ſeines Vaters
wohl, und freute ſich daruͤber; Er war in ſeinem
Sinne ſchon ein Jaͤger, und legte oft, wenn der
Vater ausgeritten war, ſeinen Hirſchfaͤnger an,
hieng die Flinte um, und ſpazierte ſo, mit ſchwerem
Tritt, das Zimmer auf und ab; oder ſchlich ſich
wol, wenn der Vater nicht ſobald zuruͤckkommen
koͤnnte, in den Wald, und ſchoß einmal zu ſeinem
innigen Vergnuͤgen einen Haſen, den er aber,
weil er ihn nicht mit nach Hauſe bringen durfte,
einem armen Mann ſchenkte.
Allein ein Zufall vernichtete auf einmal ſei-
ne Hofnungen, und aͤnderte den ganzen Plan ſei-
nes Vaters um.
Obwol Siegwart fuͤr das maͤnnliche und
charakteriſtiſche des Deutſchen geſchaffen war, ſo
liebte er doch auch das Sanfte, und die ſchoͤne ſtil-
le Natur. Beydes iſt ſehr oft beyſammen,
und bildet einen liebenswuͤrdigen, fuͤr die Welt ſehr
brauchbaren Charakter; er iſt mehrentheils ein Ei-
genthum des Dichters; und zu dieſem hatte Sieg-
wart alle Anlage, die, bey gluͤcklicheren aͤuſſerlichen
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Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 1. Leipzig, 1776, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart01_1776/13>, abgerufen am 21.11.2024.
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