Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 1. Leipzig, 1776.sen, kann ich keinem abschlagen. Du darfst unbe- sorgt seyn, daß es auskommen möchte; ich hab schon mit dem Thorwart gesprochen, daß er mich um ein paar Maas Bier morgen früh in aller Stille wieder hereinläßt. Xaver wagte nicht, et- was dawider einzuwenden, weil der Bösewicht ei- nen Liebesdienst zum Vorwand nahm. Kreutzner schlich sich indessen hinaus, brachte die Nacht bey liederlichen Leuten zu, und kam Morgens wieder. Dieses trieb er noch bey acht Tagen so, weil er immer sagte, sein Freund liege noch krank; bis es endlich ein paar Paters merkten, und dem Prior anzeigten. Man suchte die Nacht darauf Kreutz- ners Kammer durch, und fand unsern Siegwart allein da, der sogleich alles gestand, und sich des- wegen, daß ers nicht, seiner Schuldigkeit gemäß, angezeigt habe, damit entschuldigte, daß sein Stu- benkamerad sich in einer guten Absicht aus dem Kloster weggestohlen habe. Er brachte die ganze Nacht schlaflos und voller Angst zu, was ihm den folgenden Tag begegnen werde? Kreutznern paßte man indeß am Morgen auf, ſen, kann ich keinem abſchlagen. Du darfſt unbe- ſorgt ſeyn, daß es auskommen moͤchte; ich hab ſchon mit dem Thorwart geſprochen, daß er mich um ein paar Maas Bier morgen fruͤh in aller Stille wieder hereinlaͤßt. Xaver wagte nicht, et- was dawider einzuwenden, weil der Boͤſewicht ei- nen Liebesdienſt zum Vorwand nahm. Kreutzner ſchlich ſich indeſſen hinaus, brachte die Nacht bey liederlichen Leuten zu, und kam Morgens wieder. Dieſes trieb er noch bey acht Tagen ſo, weil er immer ſagte, ſein Freund liege noch krank; bis es endlich ein paar Paters merkten, und dem Prior anzeigten. Man ſuchte die Nacht darauf Kreutz- ners Kammer durch, und fand unſern Siegwart allein da, der ſogleich alles geſtand, und ſich des- wegen, daß ers nicht, ſeiner Schuldigkeit gemaͤß, angezeigt habe, damit entſchuldigte, daß ſein Stu- benkamerad ſich in einer guten Abſicht aus dem Kloſter weggeſtohlen habe. Er brachte die ganze Nacht ſchlaflos und voller Angſt zu, was ihm den folgenden Tag begegnen werde? Kreutznern paßte man indeß am Morgen auf, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0204" n="200"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> ſen, kann ich keinem abſchlagen. Du darfſt unbe-<lb/> ſorgt ſeyn, daß es auskommen moͤchte; ich hab<lb/> ſchon mit dem Thorwart geſprochen, daß er mich<lb/> um ein paar Maas Bier morgen fruͤh in aller<lb/> Stille wieder hereinlaͤßt. <hi rendition="#fr">Xaver</hi> wagte nicht, et-<lb/> was dawider einzuwenden, weil der Boͤſewicht ei-<lb/> nen Liebesdienſt zum Vorwand nahm. <hi rendition="#fr">Kreutzner</hi><lb/> ſchlich ſich indeſſen hinaus, brachte die Nacht bey<lb/> liederlichen Leuten zu, und kam Morgens wieder.<lb/> Dieſes trieb er noch bey acht Tagen ſo, weil er<lb/> immer ſagte, ſein Freund liege noch krank; bis es<lb/> endlich ein paar Paters merkten, und dem Prior<lb/> anzeigten. Man ſuchte die Nacht darauf Kreutz-<lb/> ners Kammer durch, und fand unſern <hi rendition="#fr">Siegwart</hi><lb/> allein da, der ſogleich alles geſtand, und ſich des-<lb/> wegen, daß ers nicht, ſeiner Schuldigkeit gemaͤß,<lb/> angezeigt habe, damit entſchuldigte, daß ſein Stu-<lb/> benkamerad ſich in einer guten Abſicht aus dem<lb/> Kloſter weggeſtohlen habe. Er brachte die ganze<lb/> Nacht ſchlaflos und voller Angſt zu, was ihm den<lb/> folgenden Tag begegnen werde?</p><lb/> <p><hi rendition="#fr">Kreutznern</hi> paßte man indeß am Morgen auf,<lb/> und brachte ihn, bey ſeiner Ankunft, gleich aufs<lb/> Carcer. Anfangs legte er ſich aufs Luͤgen, als er<lb/> verhoͤrt wurde, und wollte die Schuld halb auf<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [200/0204]
ſen, kann ich keinem abſchlagen. Du darfſt unbe-
ſorgt ſeyn, daß es auskommen moͤchte; ich hab
ſchon mit dem Thorwart geſprochen, daß er mich
um ein paar Maas Bier morgen fruͤh in aller
Stille wieder hereinlaͤßt. Xaver wagte nicht, et-
was dawider einzuwenden, weil der Boͤſewicht ei-
nen Liebesdienſt zum Vorwand nahm. Kreutzner
ſchlich ſich indeſſen hinaus, brachte die Nacht bey
liederlichen Leuten zu, und kam Morgens wieder.
Dieſes trieb er noch bey acht Tagen ſo, weil er
immer ſagte, ſein Freund liege noch krank; bis es
endlich ein paar Paters merkten, und dem Prior
anzeigten. Man ſuchte die Nacht darauf Kreutz-
ners Kammer durch, und fand unſern Siegwart
allein da, der ſogleich alles geſtand, und ſich des-
wegen, daß ers nicht, ſeiner Schuldigkeit gemaͤß,
angezeigt habe, damit entſchuldigte, daß ſein Stu-
benkamerad ſich in einer guten Abſicht aus dem
Kloſter weggeſtohlen habe. Er brachte die ganze
Nacht ſchlaflos und voller Angſt zu, was ihm den
folgenden Tag begegnen werde?
Kreutznern paßte man indeß am Morgen auf,
und brachte ihn, bey ſeiner Ankunft, gleich aufs
Carcer. Anfangs legte er ſich aufs Luͤgen, als er
verhoͤrt wurde, und wollte die Schuld halb auf
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