ten sich in ihren Privatübungen so zusammen, daß, wenn sie spielten, die Töne ihrer Violinen zwey Bäche schienen, die erst nebeneinander her- rieseln, und dann in eins zusammenfließen. Auch im Singen nahm Siegwart täglich zu.
Gegen den Herbst bekam Kronhelm folgen- den Brief von seinem Vater:
Mein Sohn.
Jch sag dir, Jung, du must zu mir kom- men, und mich auch besuchen thun. Sapperment, hab dich ja sint vielen Jahren nit gsehn. D'Jagt ist braf, und Hirsch und Reh gibts ihr gnug, auch Haasen die schwere Meng. Komm nur und sollt deine Lust hahn. Muß doch auch mal sehn, wie d' aussehen thust, bist wol ein Kopf grösser worden? Narr, 's sind dir Junker im Land, die's mit'm fürstlichen Jäger aufnimmen thäten. Wirst doch schiessen können, sonst bist 'n Hundsfutt, und 'n alte Hur, sag ich. Kanst auch 'n Kammra- den mitnemmen, oder 'n Paar, wenn d' willt. Z'fressen gibts gnug. Auch z' sauffen. Hol mich der Teufel! ich bin dein getreuer Vater, und must kommen, sag ich, auf d' Fakkants. Schreib mirs erst, wie viel Gäul du brauchen thust, daß
ten ſich in ihren Privatuͤbungen ſo zuſammen, daß, wenn ſie ſpielten, die Toͤne ihrer Violinen zwey Baͤche ſchienen, die erſt nebeneinander her- rieſeln, und dann in eins zuſammenfließen. Auch im Singen nahm Siegwart taͤglich zu.
Gegen den Herbſt bekam Kronhelm folgen- den Brief von ſeinem Vater:
Mein Sohn.
Jch ſag dir, Jung, du muſt zu mir kom- men, und mich auch beſuchen thun. Sapperment, hab dich ja ſint vielen Jahren nit gſehn. D’Jagt iſt braf, und Hirſch und Reh gibts ihr gnug, auch Haaſen die ſchwere Meng. Komm nur und ſollt deine Luſt hahn. Muß doch auch mal ſehn, wie d’ ausſehen thuſt, biſt wol ein Kopf groͤſſer worden? Narr, ’s ſind dir Junker im Land, die’s mit’m fuͤrſtlichen Jaͤger aufnimmen thaͤten. Wirſt doch ſchieſſen koͤnnen, ſonſt biſt ’n Hundsfutt, und ’n alte Hur, ſag ich. Kanſt auch ’n Kammra- den mitnemmen, oder ’n Paar, wenn d’ willt. Z’freſſen gibts gnug. Auch z’ ſauffen. Hol mich der Teufel! ich bin dein getreuer Vater, und muſt kommen, ſag ich, auf d’ Fakkants. Schreib mirs erſt, wie viel Gaͤul du brauchen thuſt, daß
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ten ſich in ihren Privatuͤbungen ſo zuſammen,
daß, wenn ſie ſpielten, die Toͤne ihrer Violinen
zwey Baͤche ſchienen, die erſt nebeneinander her-
rieſeln, und dann in eins zuſammenfließen. Auch
im Singen nahm Siegwart taͤglich zu.
Gegen den Herbſt bekam Kronhelm folgen-
den Brief von ſeinem Vater:
Mein Sohn.
Jch ſag dir, Jung, du muſt zu mir kom-
men, und mich auch beſuchen thun. Sapperment,
hab dich ja ſint vielen Jahren nit gſehn. D’Jagt
iſt braf, und Hirſch und Reh gibts ihr gnug, auch
Haaſen die ſchwere Meng. Komm nur und ſollt
deine Luſt hahn. Muß doch auch mal ſehn,
wie d’ ausſehen thuſt, biſt wol ein Kopf groͤſſer
worden? Narr, ’s ſind dir Junker im Land, die’s
mit’m fuͤrſtlichen Jaͤger aufnimmen thaͤten. Wirſt
doch ſchieſſen koͤnnen, ſonſt biſt ’n Hundsfutt, und
’n alte Hur, ſag ich. Kanſt auch ’n Kammra-
den mitnemmen, oder ’n Paar, wenn d’ willt.
Z’freſſen gibts gnug. Auch z’ ſauffen. Hol mich
der Teufel! ich bin dein getreuer Vater, und
muſt kommen, ſag ich, auf d’ Fakkants. Schreib
mirs erſt, wie viel Gaͤul du brauchen thuſt, daß
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Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 1. Leipzig, 1776, S. 234. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart01_1776/238>, abgerufen am 24.11.2024.
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