Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 1. Leipzig, 1776.eine Messe. Wenn ich meditiren muß, so denk ich nach, wie ich erbaulich vredigen will, wenn ich zu den Bauren komme. Beym Mittagsmal esse ich wenig; nach dem Essen geh ich in den Garten, und pflanze verschiedenes, oder lerne allerley Vor- theile vom Gärtner, die ich dann den Bauren in den Dörfern herum wieder sage. Dann les' ich wieder etwas; nach der Vesper geh ich zu einem oder dem andern Bruder auf die Zelle, wo wir bis ans Abendessen von ernsthaften Dingen sprechen; und nach diesem geh ich immer, wenn das Wetter schön ist, im Garten spatzieren, oder auf den Gottes- acker zu dem Grabe meines lieben Bruder Josephs, oder ich sitze hier in der Grotte, und denke so über mich selbst nach, und was ich den Tag über ge- than habe. Trift dich oft das Auswandern, sagte Sieg- eine Meſſe. Wenn ich meditiren muß, ſo denk ich nach, wie ich erbaulich vredigen will, wenn ich zu den Bauren komme. Beym Mittagsmal eſſe ich wenig; nach dem Eſſen geh ich in den Garten, und pflanze verſchiedenes, oder lerne allerley Vor- theile vom Gaͤrtner, die ich dann den Bauren in den Doͤrfern herum wieder ſage. Dann leſ’ ich wieder etwas; nach der Veſper geh ich zu einem oder dem andern Bruder auf die Zelle, wo wir bis ans Abendeſſen von ernſthaften Dingen ſprechen; und nach dieſem geh ich immer, wenn das Wetter ſchoͤn iſt, im Garten ſpatzieren, oder auf den Gottes- acker zu dem Grabe meines lieben Bruder Joſephs, oder ich ſitze hier in der Grotte, und denke ſo uͤber mich ſelbſt nach, und was ich den Tag uͤber ge- than habe. Trift dich oft das Auswandern, ſagte Sieg- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0025" n="21"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> eine Meſſe. Wenn ich meditiren muß, ſo denk<lb/> ich nach, wie ich erbaulich vredigen will, wenn ich<lb/> zu den Bauren komme. Beym Mittagsmal eſſe<lb/> ich wenig; nach dem Eſſen geh ich in den Garten,<lb/> und pflanze verſchiedenes, oder lerne allerley Vor-<lb/> theile vom Gaͤrtner, die ich dann den Bauren in<lb/> den Doͤrfern herum wieder ſage. Dann leſ’ ich<lb/> wieder etwas; nach der Veſper geh ich zu einem oder<lb/> dem andern Bruder auf die Zelle, wo wir bis ans<lb/> Abendeſſen von ernſthaften Dingen ſprechen; und<lb/> nach dieſem geh ich immer, wenn das Wetter ſchoͤn<lb/> iſt, im Garten ſpatzieren, oder auf den Gottes-<lb/> acker zu dem Grabe meines lieben Bruder Joſephs,<lb/> oder ich ſitze hier in der Grotte, und denke ſo uͤber<lb/> mich ſelbſt nach, und was ich den Tag uͤber ge-<lb/> than habe.</p><lb/> <p>Trift dich oft das Auswandern, ſagte <hi rendition="#fr">Sieg-<lb/> wart,</hi> wenn ihr aufs Almoſenholen oder Predigen<lb/> und Meßleſen ausgeht? — Alle vierzehn Tage<lb/> einmal, antwortete <hi rendition="#fr">Anton,</hi> und da freu’ ich mich<lb/> immer recht darauf. Ob ich gleich den Bauren<lb/> nicht vorſchreibe, was ſie geben ſollen, oder ihnen<lb/> viel abzuſchwatzen ſuche, weil es mir weh thut,<lb/> wenn die Leute, die oft weniger, als wir, haben,<lb/> ſich vom Noͤthigen entbloͤßen ſollen, ſo bring ich doch<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [21/0025]
eine Meſſe. Wenn ich meditiren muß, ſo denk
ich nach, wie ich erbaulich vredigen will, wenn ich
zu den Bauren komme. Beym Mittagsmal eſſe
ich wenig; nach dem Eſſen geh ich in den Garten,
und pflanze verſchiedenes, oder lerne allerley Vor-
theile vom Gaͤrtner, die ich dann den Bauren in
den Doͤrfern herum wieder ſage. Dann leſ’ ich
wieder etwas; nach der Veſper geh ich zu einem oder
dem andern Bruder auf die Zelle, wo wir bis ans
Abendeſſen von ernſthaften Dingen ſprechen; und
nach dieſem geh ich immer, wenn das Wetter ſchoͤn
iſt, im Garten ſpatzieren, oder auf den Gottes-
acker zu dem Grabe meines lieben Bruder Joſephs,
oder ich ſitze hier in der Grotte, und denke ſo uͤber
mich ſelbſt nach, und was ich den Tag uͤber ge-
than habe.
Trift dich oft das Auswandern, ſagte Sieg-
wart, wenn ihr aufs Almoſenholen oder Predigen
und Meßleſen ausgeht? — Alle vierzehn Tage
einmal, antwortete Anton, und da freu’ ich mich
immer recht darauf. Ob ich gleich den Bauren
nicht vorſchreibe, was ſie geben ſollen, oder ihnen
viel abzuſchwatzen ſuche, weil es mir weh thut,
wenn die Leute, die oft weniger, als wir, haben,
ſich vom Noͤthigen entbloͤßen ſollen, ſo bring ich doch
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |