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Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 1. Leipzig, 1776.

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Anschein habe, Regenwetter einfalle, so woll er
sich einen derben Rausch trinken. Kronhelm schoß
auch einem fetten Rammler, und nun war Jun-
ker Veit ganz ausser sich, warf die Flinte von
sich, sprang dreymal in die Höhe, und umarmte
und drückte seinen Sohn. -- Um Essenszeit
giengen sie nach Hause. Auf dem Wege zeigte
Veit sein verwildertes Gemüth ganz, und begieng
eine grausame That. Eine arme Bauerfrau aus
seinem Dorfe gieng mit ihren zwey Kindern,
einem Knaben von vier, und einem Mädchen
von sechs Jahren aufs Feld hinaus, um zu kräu-
tern. Einer von den Hunden sprang an die Kin-
der hin, die erbärmlich zu schreyen aufiengen.
Die arme Frau schlug zurück, um die Hunde ab-
zuhalten. Veit, der das sah, hetzte nun die an-
dern Hunde auch an sie und ihre Kinder, und
es entstand ein gräßliches Geschrey. Siegwart,
dem das einen Stich durchs Herz gab, und Kron-
helm,
sprangen hinzu, den Hunden abzuwehren.
Die Frau sah sich kaum in Sicherheit, so ver-
wandelte sich ihre gekränkte, mütterliche Zärtlich-
keit in Wuth; sie fieng an zu schimpfen, und
schrie: Jst das auch eine Art, mit den Leuten so
umzugehen? Pfuy! Jch wollt mich schämen, Kin-



Anſchein habe, Regenwetter einfalle, ſo woll er
ſich einen derben Rauſch trinken. Kronhelm ſchoß
auch einem fetten Rammler, und nun war Jun-
ker Veit ganz auſſer ſich, warf die Flinte von
ſich, ſprang dreymal in die Hoͤhe, und umarmte
und druͤckte ſeinen Sohn. — Um Eſſenszeit
giengen ſie nach Hauſe. Auf dem Wege zeigte
Veit ſein verwildertes Gemuͤth ganz, und begieng
eine grauſame That. Eine arme Bauerfrau aus
ſeinem Dorfe gieng mit ihren zwey Kindern,
einem Knaben von vier, und einem Maͤdchen
von ſechs Jahren aufs Feld hinaus, um zu kraͤu-
tern. Einer von den Hunden ſprang an die Kin-
der hin, die erbaͤrmlich zu ſchreyen aufiengen.
Die arme Frau ſchlug zuruͤck, um die Hunde ab-
zuhalten. Veit, der das ſah, hetzte nun die an-
dern Hunde auch an ſie und ihre Kinder, und
es entſtand ein graͤßliches Geſchrey. Siegwart,
dem das einen Stich durchs Herz gab, und Kron-
helm,
ſprangen hinzu, den Hunden abzuwehren.
Die Frau ſah ſich kaum in Sicherheit, ſo ver-
wandelte ſich ihre gekraͤnkte, muͤtterliche Zaͤrtlich-
keit in Wuth; ſie fieng an zu ſchimpfen, und
ſchrie: Jſt das auch eine Art, mit den Leuten ſo
umzugehen? Pfuy! Jch wollt mich ſchaͤmen, Kin-

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[260/0264] Anſchein habe, Regenwetter einfalle, ſo woll er ſich einen derben Rauſch trinken. Kronhelm ſchoß auch einem fetten Rammler, und nun war Jun- ker Veit ganz auſſer ſich, warf die Flinte von ſich, ſprang dreymal in die Hoͤhe, und umarmte und druͤckte ſeinen Sohn. — Um Eſſenszeit giengen ſie nach Hauſe. Auf dem Wege zeigte Veit ſein verwildertes Gemuͤth ganz, und begieng eine grauſame That. Eine arme Bauerfrau aus ſeinem Dorfe gieng mit ihren zwey Kindern, einem Knaben von vier, und einem Maͤdchen von ſechs Jahren aufs Feld hinaus, um zu kraͤu- tern. Einer von den Hunden ſprang an die Kin- der hin, die erbaͤrmlich zu ſchreyen aufiengen. Die arme Frau ſchlug zuruͤck, um die Hunde ab- zuhalten. Veit, der das ſah, hetzte nun die an- dern Hunde auch an ſie und ihre Kinder, und es entſtand ein graͤßliches Geſchrey. Siegwart, dem das einen Stich durchs Herz gab, und Kron- helm, ſprangen hinzu, den Hunden abzuwehren. Die Frau ſah ſich kaum in Sicherheit, ſo ver- wandelte ſich ihre gekraͤnkte, muͤtterliche Zaͤrtlich- keit in Wuth; ſie fieng an zu ſchimpfen, und ſchrie: Jſt das auch eine Art, mit den Leuten ſo umzugehen? Pfuy! Jch wollt mich ſchaͤmen, Kin-

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Zitationshilfe: Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 1. Leipzig, 1776, S. 260. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart01_1776/264>, abgerufen am 24.11.2024.