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Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 1. Leipzig, 1776.

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schrocken an, und freuten sich denn drüber. Dar-
an wollen wir unser Lebelang denken, sagte The-
rese. Das war herrlich! Man hörte sie ordent-
lich zischen, und sah noch die Funken hinter
drein! -- Sie gieng in ihrem weissen Gewand,
und mit aufgelösten Haaren -- Kronhelm hatte
sie auf der Rasenbank unvermerkt aufgelöst --
durch den langen Gang hinunter. Jhr weisses
Kleid schimmerte, und tausend Schatten von dem
Laub der Hecke hüpften drauf herum. Kron-
helm
war zufrieden, wie ein Gott; denn er sühlte
nun das Glück zum erstenmal ganz: Geliebt zu
seyn. Siegwart nahm seine Schwester auch bey
der Hand, und fühlte in seinem Herzen eine nie
empfundne Sehnsucht, die er sich nicht erklären
konnte. Ein paarmal hub ein unwillkührlicher
Seufzer seine Brust; es war ihm wohl, und weh.
Sie giengen endlich, weil es schon um zwölf Uhr
war, auf ihre Kammer. Therese saß noch al-
lein, und ohne Licht auf dem Zimmer, und spielte
ein paar zärtliche Arien auf dem Klavier. Kron-
helm,
der schon im Bette lag, glaubte die Musik
der Engel zu hören, und schlief erst spät ein.

Den andern Morgen waren Kronhelm,
Therese,
und ihr Bruder von Karl und seiner



ſchrocken an, und freuten ſich denn druͤber. Dar-
an wollen wir unſer Lebelang denken, ſagte The-
reſe. Das war herrlich! Man hoͤrte ſie ordent-
lich ziſchen, und ſah noch die Funken hinter
drein! — Sie gieng in ihrem weiſſen Gewand,
und mit aufgeloͤſten Haaren — Kronhelm hatte
ſie auf der Raſenbank unvermerkt aufgeloͤſt —
durch den langen Gang hinunter. Jhr weiſſes
Kleid ſchimmerte, und tauſend Schatten von dem
Laub der Hecke huͤpften drauf herum. Kron-
helm
war zufrieden, wie ein Gott; denn er ſuͤhlte
nun das Gluͤck zum erſtenmal ganz: Geliebt zu
ſeyn. Siegwart nahm ſeine Schweſter auch bey
der Hand, und fuͤhlte in ſeinem Herzen eine nie
empfundne Sehnſucht, die er ſich nicht erklaͤren
konnte. Ein paarmal hub ein unwillkuͤhrlicher
Seufzer ſeine Bruſt; es war ihm wohl, und weh.
Sie giengen endlich, weil es ſchon um zwoͤlf Uhr
war, auf ihre Kammer. Thereſe ſaß noch al-
lein, und ohne Licht auf dem Zimmer, und ſpielte
ein paar zaͤrtliche Arien auf dem Klavier. Kron-
helm,
der ſchon im Bette lag, glaubte die Muſik
der Engel zu hoͤren, und ſchlief erſt ſpaͤt ein.

Den andern Morgen waren Kronhelm,
Thereſe,
und ihr Bruder von Karl und ſeiner

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[370/0374] ſchrocken an, und freuten ſich denn druͤber. Dar- an wollen wir unſer Lebelang denken, ſagte The- reſe. Das war herrlich! Man hoͤrte ſie ordent- lich ziſchen, und ſah noch die Funken hinter drein! — Sie gieng in ihrem weiſſen Gewand, und mit aufgeloͤſten Haaren — Kronhelm hatte ſie auf der Raſenbank unvermerkt aufgeloͤſt — durch den langen Gang hinunter. Jhr weiſſes Kleid ſchimmerte, und tauſend Schatten von dem Laub der Hecke huͤpften drauf herum. Kron- helm war zufrieden, wie ein Gott; denn er ſuͤhlte nun das Gluͤck zum erſtenmal ganz: Geliebt zu ſeyn. Siegwart nahm ſeine Schweſter auch bey der Hand, und fuͤhlte in ſeinem Herzen eine nie empfundne Sehnſucht, die er ſich nicht erklaͤren konnte. Ein paarmal hub ein unwillkuͤhrlicher Seufzer ſeine Bruſt; es war ihm wohl, und weh. Sie giengen endlich, weil es ſchon um zwoͤlf Uhr war, auf ihre Kammer. Thereſe ſaß noch al- lein, und ohne Licht auf dem Zimmer, und ſpielte ein paar zaͤrtliche Arien auf dem Klavier. Kron- helm, der ſchon im Bette lag, glaubte die Muſik der Engel zu hoͤren, und ſchlief erſt ſpaͤt ein. Den andern Morgen waren Kronhelm, Thereſe, und ihr Bruder von Karl und ſeiner

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Zitationshilfe: Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 1. Leipzig, 1776, S. 370. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart01_1776/374>, abgerufen am 24.11.2024.