Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 1. Leipzig, 1776.hängt draussen deine Allongeperuque, frisch akkom- modirt, und du setzst die Buchsbäumene auf! Mit dir kann man Ehr einlegen! -- Nun ists schon zu spät; nun bleib nur da! Man hat jetzt deine Unbehülflichkeit schon gesehen. Verzeihen Sies ihm nur, Herr von Kronhelm! Er hat sein gan- zes Leben fast auf dem Land zugebracht; und da gehts nicht anders. Ja, in Augspurg, da wollt ich dich anders ziehen! Jn einem solchen Aufzug dürftest du dich ja in keiner honetten Gesellschaft sehen lassen. Komm doch her! Was hast du da wieder allerley an dir hangen? Heu und Stroh! Man sieht doch gleich, womit einer umgeht. -- Nun muste sich der Amtmann vor ihr hinstellen, wie ein Kind; sie suchte sein ganzes Kleid durch, klaubte alle Fäserchen ab; legte die Falten zurecht und sagte endlich: so, nun kannst du gehen. Er küßte ihr zum Dank die Hand; denn er war noch in sie verliebt, wie an seinem hochzeitstage. -- Die Töchter kamen endlich auch wieder, hübsch- gekleidet, und machten ihr Kompliment. So, nun seht ihr doch erträglich aus, sagte die Mut- ter; aber ich möcht doch wissen, was du gedacht hast, Henriette, daß du eine Dormeuse aufsetzst? Hast du nicht erst neulich eine so schöne Carcasse von haͤngt drauſſen deine Allongeperuque, friſch akkom- modirt, und du ſetzſt die Buchsbaͤumene auf! Mit dir kann man Ehr einlegen! — Nun iſts ſchon zu ſpaͤt; nun bleib nur da! Man hat jetzt deine Unbehuͤlflichkeit ſchon geſehen. Verzeihen Sies ihm nur, Herr von Kronhelm! Er hat ſein gan- zes Leben faſt auf dem Land zugebracht; und da gehts nicht anders. Ja, in Augſpurg, da wollt ich dich anders ziehen! Jn einem ſolchen Aufzug duͤrfteſt du dich ja in keiner honetten Geſellſchaft ſehen laſſen. Komm doch her! Was haſt du da wieder allerley an dir hangen? Heu und Stroh! Man ſieht doch gleich, womit einer umgeht. — Nun muſte ſich der Amtmann vor ihr hinſtellen, wie ein Kind; ſie ſuchte ſein ganzes Kleid durch, klaubte alle Faͤſerchen ab; legte die Falten zurecht und ſagte endlich: ſo, nun kannſt du gehen. Er kuͤßte ihr zum Dank die Hand; denn er war noch in ſie verliebt, wie an ſeinem hochzeitstage. — Die Toͤchter kamen endlich auch wieder, huͤbſch- gekleidet, und machten ihr Kompliment. So, nun ſeht ihr doch ertraͤglich aus, ſagte die Mut- ter; aber ich moͤcht doch wiſſen, was du gedacht haſt, Henriette, daß du eine Dormeuſe aufſetzſt? Haſt du nicht erſt neulich eine ſo ſchoͤne Carcaſſe von <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0383" n="379"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> haͤngt drauſſen deine Allongeperuque, friſch akkom-<lb/> modirt, und du ſetzſt die Buchsbaͤumene auf! Mit<lb/> dir kann man Ehr einlegen! — Nun iſts ſchon<lb/> zu ſpaͤt; nun bleib nur da! Man hat jetzt deine<lb/> Unbehuͤlflichkeit ſchon geſehen. Verzeihen Sies<lb/> ihm nur, Herr von <hi rendition="#fr">Kronhelm!</hi> Er hat ſein gan-<lb/> zes Leben faſt auf dem Land zugebracht; und da<lb/> gehts nicht anders. Ja, in Augſpurg, da wollt<lb/> ich dich anders ziehen! Jn einem ſolchen Aufzug<lb/> duͤrfteſt du dich ja in keiner honetten Geſellſchaft<lb/> ſehen laſſen. Komm doch her! Was haſt du da<lb/> wieder allerley an dir hangen? Heu und Stroh!<lb/> Man ſieht doch gleich, womit einer umgeht. —<lb/> Nun muſte ſich der Amtmann vor ihr hinſtellen,<lb/> wie ein Kind; ſie ſuchte ſein ganzes Kleid durch,<lb/> klaubte alle Faͤſerchen ab; legte die Falten zurecht<lb/> und ſagte endlich: ſo, nun kannſt du gehen. Er<lb/> kuͤßte ihr zum Dank die Hand; denn er war noch<lb/> in ſie verliebt, wie an ſeinem hochzeitstage. —<lb/> Die Toͤchter kamen endlich auch wieder, huͤbſch-<lb/> gekleidet, und machten ihr Kompliment. So,<lb/> nun ſeht ihr doch ertraͤglich aus, ſagte die Mut-<lb/> ter; aber ich moͤcht doch wiſſen, was du gedacht<lb/> haſt, <hi rendition="#fr">Henriette,</hi> daß du eine Dormeuſe aufſetzſt?<lb/> Haſt du nicht erſt neulich eine ſo ſchoͤne Carcaſſe von<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [379/0383]
haͤngt drauſſen deine Allongeperuque, friſch akkom-
modirt, und du ſetzſt die Buchsbaͤumene auf! Mit
dir kann man Ehr einlegen! — Nun iſts ſchon
zu ſpaͤt; nun bleib nur da! Man hat jetzt deine
Unbehuͤlflichkeit ſchon geſehen. Verzeihen Sies
ihm nur, Herr von Kronhelm! Er hat ſein gan-
zes Leben faſt auf dem Land zugebracht; und da
gehts nicht anders. Ja, in Augſpurg, da wollt
ich dich anders ziehen! Jn einem ſolchen Aufzug
duͤrfteſt du dich ja in keiner honetten Geſellſchaft
ſehen laſſen. Komm doch her! Was haſt du da
wieder allerley an dir hangen? Heu und Stroh!
Man ſieht doch gleich, womit einer umgeht. —
Nun muſte ſich der Amtmann vor ihr hinſtellen,
wie ein Kind; ſie ſuchte ſein ganzes Kleid durch,
klaubte alle Faͤſerchen ab; legte die Falten zurecht
und ſagte endlich: ſo, nun kannſt du gehen. Er
kuͤßte ihr zum Dank die Hand; denn er war noch
in ſie verliebt, wie an ſeinem hochzeitstage. —
Die Toͤchter kamen endlich auch wieder, huͤbſch-
gekleidet, und machten ihr Kompliment. So,
nun ſeht ihr doch ertraͤglich aus, ſagte die Mut-
ter; aber ich moͤcht doch wiſſen, was du gedacht
haſt, Henriette, daß du eine Dormeuſe aufſetzſt?
Haſt du nicht erſt neulich eine ſo ſchoͤne Carcaſſe von
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