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Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 1. Leipzig, 1776.

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Siegwart. Du kommst immer wieder aufs
Alte, Xaver! Wenns auf Jhn ankommt -- Jch
sag dir aber, da kommts nicht auf ihn an. Er
ist noch ein junger Mensch! Sein Vater lebt
noch!

Xaver. Aber er gibt nicht nach. Er ist
standhaft, und hat Grundsätze!

Siegwart. Grundsätze hin, Grundsätze her!
Der Adel hat auch seine Grundsätze! -- Jch
kann weiter nichts thun, Therese, als dich vä-
terlich und herzlich warnen, um deiner Ruhe
willen recht auf deiner Hut zu seyn; und dein
Herz so unabhängig zu machen, als möglich! Jch
will dir den Umgang mit Kronhelm nicht ver-
bieten, das wär hart, und grausam, und würd
eure Liebe nur mehr anflammen; aber, wenn
Gründe, und mein Bitten, und die Liebe zu dei-
ner eignen Glückseligkeit etwas über dich vermö-
gen, so such dein Herz wieder zu heilen, und
deine Liebe in Freundschaft zu verwandeln. Jch
weiß, daß dichs viel kosten wird! Aber lieber jetzt,
als dann erst, wenn alles schon zu spät ist. Ueber-
legs selber, welchen Gefahren du entgegen giengest,
und ob meine Warnung nicht väterlich und gut
gemeynt ist?



Siegwart. Du kommſt immer wieder aufs
Alte, Xaver! Wenns auf Jhn ankommt — Jch
ſag dir aber, da kommts nicht auf ihn an. Er
iſt noch ein junger Menſch! Sein Vater lebt
noch!

Xaver. Aber er gibt nicht nach. Er iſt
ſtandhaft, und hat Grundſaͤtze!

Siegwart. Grundſaͤtze hin, Grundſaͤtze her!
Der Adel hat auch ſeine Grundſaͤtze! — Jch
kann weiter nichts thun, Thereſe, als dich vaͤ-
terlich und herzlich warnen, um deiner Ruhe
willen recht auf deiner Hut zu ſeyn; und dein
Herz ſo unabhaͤngig zu machen, als moͤglich! Jch
will dir den Umgang mit Kronhelm nicht ver-
bieten, das waͤr hart, und grauſam, und wuͤrd
eure Liebe nur mehr anflammen; aber, wenn
Gruͤnde, und mein Bitten, und die Liebe zu dei-
ner eignen Gluͤckſeligkeit etwas uͤber dich vermoͤ-
gen, ſo ſuch dein Herz wieder zu heilen, und
deine Liebe in Freundſchaft zu verwandeln. Jch
weiß, daß dichs viel koſten wird! Aber lieber jetzt,
als dann erſt, wenn alles ſchon zu ſpaͤt iſt. Ueber-
legs ſelber, welchen Gefahren du entgegen giengeſt,
und ob meine Warnung nicht vaͤterlich und gut
gemeynt iſt?

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[394/0398] Siegwart. Du kommſt immer wieder aufs Alte, Xaver! Wenns auf Jhn ankommt — Jch ſag dir aber, da kommts nicht auf ihn an. Er iſt noch ein junger Menſch! Sein Vater lebt noch! Xaver. Aber er gibt nicht nach. Er iſt ſtandhaft, und hat Grundſaͤtze! Siegwart. Grundſaͤtze hin, Grundſaͤtze her! Der Adel hat auch ſeine Grundſaͤtze! — Jch kann weiter nichts thun, Thereſe, als dich vaͤ- terlich und herzlich warnen, um deiner Ruhe willen recht auf deiner Hut zu ſeyn; und dein Herz ſo unabhaͤngig zu machen, als moͤglich! Jch will dir den Umgang mit Kronhelm nicht ver- bieten, das waͤr hart, und grauſam, und wuͤrd eure Liebe nur mehr anflammen; aber, wenn Gruͤnde, und mein Bitten, und die Liebe zu dei- ner eignen Gluͤckſeligkeit etwas uͤber dich vermoͤ- gen, ſo ſuch dein Herz wieder zu heilen, und deine Liebe in Freundſchaft zu verwandeln. Jch weiß, daß dichs viel koſten wird! Aber lieber jetzt, als dann erſt, wenn alles ſchon zu ſpaͤt iſt. Ueber- legs ſelber, welchen Gefahren du entgegen giengeſt, und ob meine Warnung nicht vaͤterlich und gut gemeynt iſt?

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Zitationshilfe: Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 1. Leipzig, 1776, S. 394. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart01_1776/398>, abgerufen am 22.11.2024.