Siegwart. Du bist viel zu heftig, meine Tochter! Zu dem, was ich dir noch sagen will, gehört Ueberlegung. Jetzt kann alles noch gesche- hen, jetzt ists eben noch Zeit. Prüf dich, ob du ohne ihn leben, dich von ihm auf einmal losreis- sen kannst? -- Du weinst, Therese? -- Gutes Kind! Du daurst mich! Es muß weit mit euch gekommen seyn. Habt ihr einander schon von Liebe vorgesagt?
Therese. Noch kein Wort, Papa! Jch sagt' ihm nur, daß ich ihn hochschätze, und er sagt' es auch --
Siegwart. Jst eben so viel! -- Kinder, Kinder! Jch fürcht, Eure Herzen hangen schon sehr fest aneinander, und werden bluten müssen! Glaub mir, Therese! ich liebe dich von Herzen! Wünschte dich im Herzen glücklich, wie mich selber! Und wenn du's mit Kronhelm werden könntest, das wär mir das liebste auf der Welt! Aber, Aber! Jch sehe viel Kampf voraus!
Xaver. Erlauben Sie, Papa! Wenn Kron- helm meine Schwester würklich lieb hat, so kanns nicht fehlen! Er macht sie gewiß glücklich! O, ich kenn ihn, und weiß, was er zu thun im Stand ist! So gibts wenig Menschen!
Siegwart. Du biſt viel zu heftig, meine Tochter! Zu dem, was ich dir noch ſagen will, gehoͤrt Ueberlegung. Jetzt kann alles noch geſche- hen, jetzt iſts eben noch Zeit. Pruͤf dich, ob du ohne ihn leben, dich von ihm auf einmal losreiſ- ſen kannſt? — Du weinſt, Thereſe? — Gutes Kind! Du daurſt mich! Es muß weit mit euch gekommen ſeyn. Habt ihr einander ſchon von Liebe vorgeſagt?
Thereſe. Noch kein Wort, Papa! Jch ſagt’ ihm nur, daß ich ihn hochſchaͤtze, und er ſagt’ es auch —
Siegwart. Jſt eben ſo viel! — Kinder, Kinder! Jch fuͤrcht, Eure Herzen hangen ſchon ſehr feſt aneinander, und werden bluten muͤſſen! Glaub mir, Thereſe! ich liebe dich von Herzen! Wuͤnſchte dich im Herzen gluͤcklich, wie mich ſelber! Und wenn du’s mit Kronhelm werden koͤnnteſt, das waͤr mir das liebſte auf der Welt! Aber, Aber! Jch ſehe viel Kampf voraus!
Xaver. Erlauben Sie, Papa! Wenn Kron- helm meine Schweſter wuͤrklich lieb hat, ſo kanns nicht fehlen! Er macht ſie gewiß gluͤcklich! O, ich kenn ihn, und weiß, was er zu thun im Stand iſt! So gibts wenig Menſchen!
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Siegwart. Du biſt viel zu heftig, meine
Tochter! Zu dem, was ich dir noch ſagen will,
gehoͤrt Ueberlegung. Jetzt kann alles noch geſche-
hen, jetzt iſts eben noch Zeit. Pruͤf dich, ob du
ohne ihn leben, dich von ihm auf einmal losreiſ-
ſen kannſt? — Du weinſt, Thereſe? — Gutes
Kind! Du daurſt mich! Es muß weit mit euch
gekommen ſeyn. Habt ihr einander ſchon von
Liebe vorgeſagt?
Thereſe. Noch kein Wort, Papa! Jch
ſagt’ ihm nur, daß ich ihn hochſchaͤtze, und er
ſagt’ es auch —
Siegwart. Jſt eben ſo viel! — Kinder,
Kinder! Jch fuͤrcht, Eure Herzen hangen ſchon
ſehr feſt aneinander, und werden bluten muͤſſen!
Glaub mir, Thereſe! ich liebe dich von Herzen!
Wuͤnſchte dich im Herzen gluͤcklich, wie mich ſelber!
Und wenn du’s mit Kronhelm werden koͤnnteſt, das
waͤr mir das liebſte auf der Welt! Aber, Aber!
Jch ſehe viel Kampf voraus!
Xaver. Erlauben Sie, Papa! Wenn Kron-
helm meine Schweſter wuͤrklich lieb hat, ſo kanns
nicht fehlen! Er macht ſie gewiß gluͤcklich! O, ich
kenn ihn, und weiß, was er zu thun im Stand
iſt! So gibts wenig Menſchen!
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Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 1. Leipzig, 1776, S. 393. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart01_1776/397>, abgerufen am 22.11.2024.
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