Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 1. Leipzig, 1776.

Bild:
<< vorherige Seite


Kronhelm. Nun, Gott sey Dank! Dann
soll uns auf der Welt nichts im Wege stehn! --
Was macht deine Schwester? Was sagte Sie?

Siegwart. Sie weinte, schwieg, und sah
gen Himmel, als ich sie verließ.

Kronhelm. Nun, Gott wird sie trösten,
hoff ich! -- Das arme Mädchen! Daß sie mei-
netwegen leidet! -- O, das geht mir durch die
Seele, Xaver! Hast du sie nicht trösten können?
Hast ihr nicht gesagt, daß ichs ehrlich meyne?
Daß sie mein seyn soll, auf ewig?

Siegwart. Wußt ich das?

Kronhelm. Freylich hättest's wissen sollen!
-- Komm, laß uns noch zu ihr!

Siegwart. Jetzt ists schon zu spät, Kron-
helm!
Sie wird schon im Bette seyn. Du
kannst ihrs ja morgen sagen.

Kronhelm. Morgen! Man sieht wohl, daß
du nie geliebt hast! Ein Augenblick, den sie um
mich leidet, wird mir zum Jahrtausend! Warum
hast mirs doch nicht eher gesagt!

Siegwart. Jch sagt' es dir ja gleich, als
ich von ihr herkam.

Kronhelm. Nun, so ists schon gut! --
Aber morgen mit dem frühesten muß ich mit ihr



Kronhelm. Nun, Gott ſey Dank! Dann
ſoll uns auf der Welt nichts im Wege ſtehn! —
Was macht deine Schweſter? Was ſagte Sie?

Siegwart. Sie weinte, ſchwieg, und ſah
gen Himmel, als ich ſie verließ.

Kronhelm. Nun, Gott wird ſie troͤſten,
hoff ich! — Das arme Maͤdchen! Daß ſie mei-
netwegen leidet! — O, das geht mir durch die
Seele, Xaver! Haſt du ſie nicht troͤſten koͤnnen?
Haſt ihr nicht geſagt, daß ichs ehrlich meyne?
Daß ſie mein ſeyn ſoll, auf ewig?

Siegwart. Wußt ich das?

Kronhelm. Freylich haͤtteſt’s wiſſen ſollen!
— Komm, laß uns noch zu ihr!

Siegwart. Jetzt iſts ſchon zu ſpaͤt, Kron-
helm!
Sie wird ſchon im Bette ſeyn. Du
kannſt ihrs ja morgen ſagen.

Kronhelm. Morgen! Man ſieht wohl, daß
du nie geliebt haſt! Ein Augenblick, den ſie um
mich leidet, wird mir zum Jahrtauſend! Warum
haſt mirs doch nicht eher geſagt!

Siegwart. Jch ſagt’ es dir ja gleich, als
ich von ihr herkam.

Kronhelm. Nun, ſo iſts ſchon gut! —
Aber morgen mit dem fruͤheſten muß ich mit ihr

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0403" n="399"/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <p><hi rendition="#fr">Kronhelm.</hi> Nun, Gott &#x017F;ey Dank! Dann<lb/>
&#x017F;oll uns auf der Welt nichts im Wege &#x017F;tehn! &#x2014;<lb/>
Was macht deine Schwe&#x017F;ter? Was &#x017F;agte Sie?</p><lb/>
        <p><hi rendition="#fr">Siegwart.</hi> Sie weinte, &#x017F;chwieg, und &#x017F;ah<lb/>
gen Himmel, als ich &#x017F;ie verließ.</p><lb/>
        <p><hi rendition="#fr">Kronhelm.</hi> Nun, Gott wird &#x017F;ie tro&#x0364;&#x017F;ten,<lb/>
hoff ich! &#x2014; Das arme Ma&#x0364;dchen! Daß &#x017F;ie mei-<lb/>
netwegen leidet! &#x2014; O, das geht mir durch die<lb/>
Seele, <hi rendition="#fr">Xaver!</hi> Ha&#x017F;t du &#x017F;ie nicht tro&#x0364;&#x017F;ten ko&#x0364;nnen?<lb/>
Ha&#x017F;t ihr nicht ge&#x017F;agt, daß ichs ehrlich meyne?<lb/>
Daß &#x017F;ie mein &#x017F;eyn &#x017F;oll, auf ewig?</p><lb/>
        <p><hi rendition="#fr">Siegwart.</hi> Wußt ich das?</p><lb/>
        <p><hi rendition="#fr">Kronhelm.</hi> Freylich ha&#x0364;tte&#x017F;t&#x2019;s wi&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ollen!<lb/>
&#x2014; Komm, laß uns noch zu ihr!</p><lb/>
        <p><hi rendition="#fr">Siegwart.</hi> Jetzt i&#x017F;ts &#x017F;chon zu &#x017F;pa&#x0364;t, <hi rendition="#fr">Kron-<lb/>
helm!</hi> Sie wird &#x017F;chon im Bette &#x017F;eyn. Du<lb/>
kann&#x017F;t ihrs ja morgen &#x017F;agen.</p><lb/>
        <p><hi rendition="#fr">Kronhelm.</hi> Morgen! Man &#x017F;ieht wohl, daß<lb/>
du nie geliebt ha&#x017F;t! Ein Augenblick, den &#x017F;ie um<lb/>
mich leidet, wird mir zum Jahrtau&#x017F;end! Warum<lb/>
ha&#x017F;t mirs doch nicht eher ge&#x017F;agt!</p><lb/>
        <p><hi rendition="#fr">Siegwart.</hi> Jch &#x017F;agt&#x2019; es dir ja gleich, als<lb/>
ich von ihr herkam.</p><lb/>
        <p><hi rendition="#fr">Kronhelm.</hi> Nun, &#x017F;o i&#x017F;ts &#x017F;chon gut! &#x2014;<lb/>
Aber morgen mit dem fru&#x0364;he&#x017F;ten muß ich mit ihr<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[399/0403] Kronhelm. Nun, Gott ſey Dank! Dann ſoll uns auf der Welt nichts im Wege ſtehn! — Was macht deine Schweſter? Was ſagte Sie? Siegwart. Sie weinte, ſchwieg, und ſah gen Himmel, als ich ſie verließ. Kronhelm. Nun, Gott wird ſie troͤſten, hoff ich! — Das arme Maͤdchen! Daß ſie mei- netwegen leidet! — O, das geht mir durch die Seele, Xaver! Haſt du ſie nicht troͤſten koͤnnen? Haſt ihr nicht geſagt, daß ichs ehrlich meyne? Daß ſie mein ſeyn ſoll, auf ewig? Siegwart. Wußt ich das? Kronhelm. Freylich haͤtteſt’s wiſſen ſollen! — Komm, laß uns noch zu ihr! Siegwart. Jetzt iſts ſchon zu ſpaͤt, Kron- helm! Sie wird ſchon im Bette ſeyn. Du kannſt ihrs ja morgen ſagen. Kronhelm. Morgen! Man ſieht wohl, daß du nie geliebt haſt! Ein Augenblick, den ſie um mich leidet, wird mir zum Jahrtauſend! Warum haſt mirs doch nicht eher geſagt! Siegwart. Jch ſagt’ es dir ja gleich, als ich von ihr herkam. Kronhelm. Nun, ſo iſts ſchon gut! — Aber morgen mit dem fruͤheſten muß ich mit ihr

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart01_1776
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart01_1776/403
Zitationshilfe: Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 1. Leipzig, 1776, S. 399. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart01_1776/403>, abgerufen am 21.11.2024.