Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 1. Leipzig, 1776.gen. Jhr Mann hatte sie geschlagen, und nun sollte Anton der Friedensrichter werden. Er gieng mit ihr und dem jungen Siegwart in die Hütte, wo der Bauer noch ganz wild in der Stu- be stand, und sich das Blut aus dem Gesicht wischte, das ihm seine Frau, um sich zu verthei- digen, zerritzt hatte. Hinter dem Ofen stand ein kleiner Knabe weinend, und zitterte, weil er sei- nen Vater so in Wuth sah. Die Tochter, ein unschuldiges Mädchen von 16 Jahren, weinte auch in ihre Schürze, weil der Vater sie geschlagen hatte, als sie ihrer Mutter hatte zu Hülfe kom- men wollen. Der Bauer ward vor Schrecken schneeweiß, als er den Pater mit der Mine des Friedens und der Ruhe hereintreten sah. Er nahm die Mütze ab, fieng an einen guten Abend zu stottern, um seine Verwirrung zu verbergen, und ward dadurch nur noch verwirrter. Ey, Ey! was muß ich sehen? fieng Anton gen. Jhr Mann hatte ſie geſchlagen, und nun ſollte Anton der Friedensrichter werden. Er gieng mit ihr und dem jungen Siegwart in die Huͤtte, wo der Bauer noch ganz wild in der Stu- be ſtand, und ſich das Blut aus dem Geſicht wiſchte, das ihm ſeine Frau, um ſich zu verthei- digen, zerritzt hatte. Hinter dem Ofen ſtand ein kleiner Knabe weinend, und zitterte, weil er ſei- nen Vater ſo in Wuth ſah. Die Tochter, ein unſchuldiges Maͤdchen von 16 Jahren, weinte auch in ihre Schuͤrze, weil der Vater ſie geſchlagen hatte, als ſie ihrer Mutter hatte zu Huͤlfe kom- men wollen. Der Bauer ward vor Schrecken ſchneeweiß, als er den Pater mit der Mine des Friedens und der Ruhe hereintreten ſah. Er nahm die Muͤtze ab, fieng an einen guten Abend zu ſtottern, um ſeine Verwirrung zu verbergen, und ward dadurch nur noch verwirrter. Ey, Ey! was muß ich ſehen? fieng Anton <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0058" n="54"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> gen. Jhr Mann hatte ſie geſchlagen, und nun<lb/> ſollte <hi rendition="#fr">Anton</hi> der Friedensrichter werden. Er<lb/> gieng mit ihr und dem jungen <hi rendition="#fr">Siegwart</hi> in die<lb/> Huͤtte, wo der Bauer noch ganz wild in der Stu-<lb/> be ſtand, und ſich das Blut aus dem Geſicht<lb/> wiſchte, das ihm ſeine Frau, um ſich zu verthei-<lb/> digen, zerritzt hatte. Hinter dem Ofen ſtand ein<lb/> kleiner Knabe weinend, und zitterte, weil er ſei-<lb/> nen Vater ſo in Wuth ſah. Die Tochter, ein<lb/> unſchuldiges Maͤdchen von 16 Jahren, weinte auch<lb/> in ihre Schuͤrze, weil der Vater ſie geſchlagen<lb/> hatte, als ſie ihrer Mutter hatte zu Huͤlfe kom-<lb/> men wollen. Der Bauer ward vor Schrecken<lb/> ſchneeweiß, als er den Pater mit der Mine des<lb/> Friedens und der Ruhe hereintreten ſah. Er<lb/> nahm die Muͤtze ab, fieng an einen guten Abend<lb/> zu ſtottern, um ſeine Verwirrung zu verbergen,<lb/> und ward dadurch nur noch verwirrter.</p><lb/> <p>Ey, Ey! was muß ich ſehen? fieng <hi rendition="#fr">Anton</hi><lb/> endlich an; Was iſt das, <hi rendition="#fr">Michel,</hi> daß ihr ſo zer-<lb/> ſtreut und blutruͤnſtig ausſeht? Es ſcheint, da hats<lb/> Haͤndel gegeben; das iſt doch nicht ſchoͤn, <hi rendition="#fr">Michel,</hi><lb/> eure Frau ſo unchriſtlich zu ſchlagen, wie ſie mir<lb/> erzaͤlt hat. — Ja, ſie hat mirs auch darnach ge-<lb/> macht, fiel der Bauer ein; wenn Sie wuͤſten,<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [54/0058]
gen. Jhr Mann hatte ſie geſchlagen, und nun
ſollte Anton der Friedensrichter werden. Er
gieng mit ihr und dem jungen Siegwart in die
Huͤtte, wo der Bauer noch ganz wild in der Stu-
be ſtand, und ſich das Blut aus dem Geſicht
wiſchte, das ihm ſeine Frau, um ſich zu verthei-
digen, zerritzt hatte. Hinter dem Ofen ſtand ein
kleiner Knabe weinend, und zitterte, weil er ſei-
nen Vater ſo in Wuth ſah. Die Tochter, ein
unſchuldiges Maͤdchen von 16 Jahren, weinte auch
in ihre Schuͤrze, weil der Vater ſie geſchlagen
hatte, als ſie ihrer Mutter hatte zu Huͤlfe kom-
men wollen. Der Bauer ward vor Schrecken
ſchneeweiß, als er den Pater mit der Mine des
Friedens und der Ruhe hereintreten ſah. Er
nahm die Muͤtze ab, fieng an einen guten Abend
zu ſtottern, um ſeine Verwirrung zu verbergen,
und ward dadurch nur noch verwirrter.
Ey, Ey! was muß ich ſehen? fieng Anton
endlich an; Was iſt das, Michel, daß ihr ſo zer-
ſtreut und blutruͤnſtig ausſeht? Es ſcheint, da hats
Haͤndel gegeben; das iſt doch nicht ſchoͤn, Michel,
eure Frau ſo unchriſtlich zu ſchlagen, wie ſie mir
erzaͤlt hat. — Ja, ſie hat mirs auch darnach ge-
macht, fiel der Bauer ein; wenn Sie wuͤſten,
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