Frau die Hand, und bittet sie um Verzeihung! (Jndem stand P. Anton und Siegwart auf; die Frau trat näher und weinte. Siegwart, und das Mädchen schluchzten, und der kleine Knabe weinte auch mit.) Nun, in Gottes Namen gebt einander die Hände! -- Michel, es ist euch doch Ernst?
Michel. Ja warlich, recht von Herzen Ernst, Jhr Wohlehrwürd. -- Verzeih mir nur, liebes Weib, was ich dir hab zu leid gethan! Es soll gewiß nicht wieder geschehen. Verzeih mir du auch, Cathrine! Der liebe Gott mag mirs auch verzeihen, daß ich bisher so ein Mensch war, und mir den Luthrischen so umgieng! -- Nicht wahr, liebes Weib, du vergibst mir, wenn mirs leid ist? Sollst künftig einen ganz andern Mann an mir haben. Jch will dir so fromm seyn, als ein Lamm. Kannst den Armen meinetwegen geben, so viel du willst...
Die Frau konnte vor Weinen nicht spre- chen, und fiel ihrem Mann schluchzend um den Hals. Es war ein Anblick, da sich Heilige und Engel drüber freuten. P. Anton sah beym Fen- ster hinaus, und wischte sich die Augen. Sieg- wart suchte seine Thränen mit dem Schnupftuch
Frau die Hand, und bittet ſie um Verzeihung! (Jndem ſtand P. Anton und Siegwart auf; die Frau trat naͤher und weinte. Siegwart, und das Maͤdchen ſchluchzten, und der kleine Knabe weinte auch mit.) Nun, in Gottes Namen gebt einander die Haͤnde! — Michel, es iſt euch doch Ernſt?
Michel. Ja warlich, recht von Herzen Ernſt, Jhr Wohlehrwuͤrd. — Verzeih mir nur, liebes Weib, was ich dir hab zu leid gethan! Es ſoll gewiß nicht wieder geſchehen. Verzeih mir du auch, Cathrine! Der liebe Gott mag mirs auch verzeihen, daß ich bisher ſo ein Menſch war, und mir den Luthriſchen ſo umgieng! — Nicht wahr, liebes Weib, du vergibſt mir, wenn mirs leid iſt? Sollſt kuͤnftig einen ganz andern Mann an mir haben. Jch will dir ſo fromm ſeyn, als ein Lamm. Kannſt den Armen meinetwegen geben, ſo viel du willſt…
Die Frau konnte vor Weinen nicht ſpre- chen, und fiel ihrem Mann ſchluchzend um den Hals. Es war ein Anblick, da ſich Heilige und Engel druͤber freuten. P. Anton ſah beym Fen- ſter hinaus, und wiſchte ſich die Augen. Sieg- wart ſuchte ſeine Thraͤnen mit dem Schnupftuch
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Frau die Hand, und bittet ſie um Verzeihung!
(Jndem ſtand P. Anton und Siegwart auf;
die Frau trat naͤher und weinte. Siegwart, und
das Maͤdchen ſchluchzten, und der kleine Knabe
weinte auch mit.) Nun, in Gottes Namen gebt
einander die Haͤnde! — Michel, es iſt euch doch
Ernſt?
Michel. Ja warlich, recht von Herzen Ernſt,
Jhr Wohlehrwuͤrd. — Verzeih mir nur, liebes
Weib, was ich dir hab zu leid gethan! Es ſoll
gewiß nicht wieder geſchehen. Verzeih mir du
auch, Cathrine! Der liebe Gott mag mirs auch
verzeihen, daß ich bisher ſo ein Menſch war, und
mir den Luthriſchen ſo umgieng! — Nicht wahr,
liebes Weib, du vergibſt mir, wenn mirs leid iſt?
Sollſt kuͤnftig einen ganz andern Mann an mir
haben. Jch will dir ſo fromm ſeyn, als ein Lamm.
Kannſt den Armen meinetwegen geben, ſo viel
du willſt…
Die Frau konnte vor Weinen nicht ſpre-
chen, und fiel ihrem Mann ſchluchzend um den
Hals. Es war ein Anblick, da ſich Heilige und
Engel druͤber freuten. P. Anton ſah beym Fen-
ſter hinaus, und wiſchte ſich die Augen. Sieg-
wart ſuchte ſeine Thraͤnen mit dem Schnupftuch
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Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 1. Leipzig, 1776, S. 63. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart01_1776/67>, abgerufen am 21.11.2024.
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