Euch auszuhelfen; wollt gern, es wäre mehr! Jhr habt freylich weit mehr an mir gethan, als ich Euch vergelten kann. Laßt mich wissen, wie's Euch geht! Vertraut auf den Gott der Wittwen und der Waisen, so wirds Euch nie an Trost fehlen! Mir gehts wohl hier. Jch bin bis in den Tod Euer dankbarer und getreuer Sohn
Martin.
Hier hab ich auch die Antwort seiner Mut- ter. Der Brief ist halb zerrissen, weil ihn Mar- tin immer bey sich führte, und mit seinen Thrä- nen tausendmal benetzte.
Einzig geliebter Sohn!
O du Trost und Stütze meines Alters! Du mein Einziges und Alles auf der Welt! Was soll ich dir sagen, und wie soll ich dir für alles dan- ken? Diese mütterlichen Thränen, die auf meinen Brief herabfliessen, sind dir gewiß mehr werth als tausend Worte. Möcht ich dich doch an mein Herz drücken können, goldner, auserwähl- ter Sohn! Meine Haare sind vor der Zeit vor Kummer grau geworden, und die Augen schwach vom vielen Weinen um den ungerathnen Philipp;
Euch auszuhelfen; wollt gern, es waͤre mehr! Jhr habt freylich weit mehr an mir gethan, als ich Euch vergelten kann. Laßt mich wiſſen, wie’s Euch geht! Vertraut auf den Gott der Wittwen und der Waiſen, ſo wirds Euch nie an Troſt fehlen! Mir gehts wohl hier. Jch bin bis in den Tod Euer dankbarer und getreuer Sohn
Martin.
Hier hab ich auch die Antwort ſeiner Mut- ter. Der Brief iſt halb zerriſſen, weil ihn Mar- tin immer bey ſich fuͤhrte, und mit ſeinen Thraͤ- nen tauſendmal benetzte.
Einzig geliebter Sohn!
O du Troſt und Stuͤtze meines Alters! Du mein Einziges und Alles auf der Welt! Was ſoll ich dir ſagen, und wie ſoll ich dir fuͤr alles dan- ken? Dieſe muͤtterlichen Thraͤnen, die auf meinen Brief herabflieſſen, ſind dir gewiß mehr werth als tauſend Worte. Moͤcht ich dich doch an mein Herz druͤcken koͤnnen, goldner, auserwaͤhl- ter Sohn! Meine Haare ſind vor der Zeit vor Kummer grau geworden, und die Augen ſchwach vom vielen Weinen um den ungerathnen Philipp;
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Euch auszuhelfen; wollt gern, es waͤre mehr!
Jhr habt freylich weit mehr an mir gethan, als ich
Euch vergelten kann. Laßt mich wiſſen, wie’s Euch
geht! Vertraut auf den Gott der Wittwen und
der Waiſen, ſo wirds Euch nie an Troſt fehlen!
Mir gehts wohl hier. Jch bin bis in den Tod
Euer dankbarer und getreuer Sohn
Martin.
Hier hab ich auch die Antwort ſeiner Mut-
ter. Der Brief iſt halb zerriſſen, weil ihn Mar-
tin immer bey ſich fuͤhrte, und mit ſeinen Thraͤ-
nen tauſendmal benetzte.
Einzig geliebter Sohn!
O du Troſt und Stuͤtze meines Alters! Du
mein Einziges und Alles auf der Welt! Was ſoll
ich dir ſagen, und wie ſoll ich dir fuͤr alles dan-
ken? Dieſe muͤtterlichen Thraͤnen, die auf meinen
Brief herabflieſſen, ſind dir gewiß mehr werth
als tauſend Worte. Moͤcht ich dich doch an
mein Herz druͤcken koͤnnen, goldner, auserwaͤhl-
ter Sohn! Meine Haare ſind vor der Zeit vor
Kummer grau geworden, und die Augen ſchwach
vom vielen Weinen um den ungerathnen Philipp;
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Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 1. Leipzig, 1776, S. 93. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart01_1776/97>, abgerufen am 24.11.2024.
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