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Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 2. Leipzig, 1776.

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nagte? Meine Schönheit kann nicht blühn vor
euren Augen.

Jch will eine Braut des Himmels werden, und
flehen meinen Bräutigam, daß er Ruhe sende mei-
nem Vater, und dem Herzen meiner Mutter! Ger-
ne will ich leiden, wenn nur sie getröstet werden.
Aber, Mutter, ich kann nicht reden!



Jm September.

Gesegnet seyst du, mein Erwählter, daß du heu-
te freundlich gesprochen hast mit meiner Seele; daß
du wahrgenommen meine bleichen Wangen, und
geseufzt hast über meine Blässe! O, wie war mir
so wohl, als ich an deiner Seite gieng im Garten,
als ich dacht' ans Paradies, wo ich auch einst mit
dir gehen, und dir sagen werde, daß ich dein war
auf der Welt, und um deinetwillen duldete. Du
lobtest mich, Geliebter, daß ich auch ins Kloster
geh, wie du. Ach, dein Lob ist mir so lieb, du
Auserwählter, und ich durft es dir nicht sagen. Al-
les, alles will ich dir im Paradiese sagen. Dann
wird meine Stimme nicht mehr beben; meine
Wange nicht mehr glühen. Meine Seele wird dir
sagen, daß sie dein ist; daß sie Gott zur Freundin
schuf, für dich.



nagte? Meine Schoͤnheit kann nicht bluͤhn vor
euren Augen.

Jch will eine Braut des Himmels werden, und
flehen meinen Braͤutigam, daß er Ruhe ſende mei-
nem Vater, und dem Herzen meiner Mutter! Ger-
ne will ich leiden, wenn nur ſie getroͤſtet werden.
Aber, Mutter, ich kann nicht reden!



Jm September.

Geſegnet ſeyſt du, mein Erwaͤhlter, daß du heu-
te freundlich geſprochen haſt mit meiner Seele; daß
du wahrgenommen meine bleichen Wangen, und
geſeufzt haſt uͤber meine Blaͤſſe! O, wie war mir
ſo wohl, als ich an deiner Seite gieng im Garten,
als ich dacht’ ans Paradies, wo ich auch einſt mit
dir gehen, und dir ſagen werde, daß ich dein war
auf der Welt, und um deinetwillen duldete. Du
lobteſt mich, Geliebter, daß ich auch ins Kloſter
geh, wie du. Ach, dein Lob iſt mir ſo lieb, du
Auserwaͤhlter, und ich durft es dir nicht ſagen. Al-
les, alles will ich dir im Paradieſe ſagen. Dann
wird meine Stimme nicht mehr beben; meine
Wange nicht mehr gluͤhen. Meine Seele wird dir
ſagen, daß ſie dein iſt; daß ſie Gott zur Freundin
ſchuf, fuͤr dich.

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[525/0105] nagte? Meine Schoͤnheit kann nicht bluͤhn vor euren Augen. Jch will eine Braut des Himmels werden, und flehen meinen Braͤutigam, daß er Ruhe ſende mei- nem Vater, und dem Herzen meiner Mutter! Ger- ne will ich leiden, wenn nur ſie getroͤſtet werden. Aber, Mutter, ich kann nicht reden! Jm September. Geſegnet ſeyſt du, mein Erwaͤhlter, daß du heu- te freundlich geſprochen haſt mit meiner Seele; daß du wahrgenommen meine bleichen Wangen, und geſeufzt haſt uͤber meine Blaͤſſe! O, wie war mir ſo wohl, als ich an deiner Seite gieng im Garten, als ich dacht’ ans Paradies, wo ich auch einſt mit dir gehen, und dir ſagen werde, daß ich dein war auf der Welt, und um deinetwillen duldete. Du lobteſt mich, Geliebter, daß ich auch ins Kloſter geh, wie du. Ach, dein Lob iſt mir ſo lieb, du Auserwaͤhlter, und ich durft es dir nicht ſagen. Al- les, alles will ich dir im Paradieſe ſagen. Dann wird meine Stimme nicht mehr beben; meine Wange nicht mehr gluͤhen. Meine Seele wird dir ſagen, daß ſie dein iſt; daß ſie Gott zur Freundin ſchuf, fuͤr dich.

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Zitationshilfe: Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 525. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart02_1776/105>, abgerufen am 25.11.2024.