für Kummer macht! 's ist ein Elend, eine Mut- ter zu seyn! --
Sie jammerte noch immer so fort; Endlich kam Kathrine mit einem Bündel Kleider. Der Werber führte Hanns bald darauf fort, weil er fürchtete, die Bauren möchten zusammen laufen; die Mutter hieng sich ihrem Sohn an den Hals, und wollte ihn nicht loslassen. Endlich mußte sie; heulte jämmerlich, und schlug die Händ über dem Kopf zusammen. Sie wollte noch mit vors Dorf hinaus, aber der Werber, der den Lärm fürchtete, gab es nicht zu. Kronhelm versprach es Hanns noch einmal, beym Hauptmann für ihn und seine Kathrine zu sprechen. --
Nach einer halben Stunde fuhren Kronhelm und Siegwart auch wieder weiter. Sie spra- chen viel über den Rekruten, und seine Mutter. Das muß ein schreckliches Leben für die beyden seyn, sagte Kronhelm, wenn sie getrennt wären, und das Mädchen keinen Augenblick wüßte, ob nicht ihrem Hanns der Kopf gespaltet, oder eine Kugel ins Herz geschossen würde? So ist sie doch um ihn, und kann ihn warten, wenn er verwun- det wird. Der Hauptmann läßt sie gewiß bey- sammen, ich kenne ihn von meinem Vater her;
fuͤr Kummer macht! ’s iſt ein Elend, eine Mut- ter zu ſeyn! —
Sie jammerte noch immer ſo fort; Endlich kam Kathrine mit einem Buͤndel Kleider. Der Werber fuͤhrte Hanns bald darauf fort, weil er fuͤrchtete, die Bauren moͤchten zuſammen laufen; die Mutter hieng ſich ihrem Sohn an den Hals, und wollte ihn nicht loslaſſen. Endlich mußte ſie; heulte jaͤmmerlich, und ſchlug die Haͤnd uͤber dem Kopf zuſammen. Sie wollte noch mit vors Dorf hinaus, aber der Werber, der den Laͤrm fuͤrchtete, gab es nicht zu. Kronhelm verſprach es Hanns noch einmal, beym Hauptmann fuͤr ihn und ſeine Kathrine zu ſprechen. —
Nach einer halben Stunde fuhren Kronhelm und Siegwart auch wieder weiter. Sie ſpra- chen viel uͤber den Rekruten, und ſeine Mutter. Das muß ein ſchreckliches Leben fuͤr die beyden ſeyn, ſagte Kronhelm, wenn ſie getrennt waͤren, und das Maͤdchen keinen Augenblick wuͤßte, ob nicht ihrem Hanns der Kopf geſpaltet, oder eine Kugel ins Herz geſchoſſen wuͤrde? So iſt ſie doch um ihn, und kann ihn warten, wenn er verwun- det wird. Der Hauptmann laͤßt ſie gewiß bey- ſammen, ich kenne ihn von meinem Vater her;
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[434/0014]
fuͤr Kummer macht! ’s iſt ein Elend, eine Mut-
ter zu ſeyn! —
Sie jammerte noch immer ſo fort; Endlich
kam Kathrine mit einem Buͤndel Kleider. Der
Werber fuͤhrte Hanns bald darauf fort, weil er
fuͤrchtete, die Bauren moͤchten zuſammen laufen;
die Mutter hieng ſich ihrem Sohn an den Hals,
und wollte ihn nicht loslaſſen. Endlich mußte ſie;
heulte jaͤmmerlich, und ſchlug die Haͤnd uͤber dem
Kopf zuſammen. Sie wollte noch mit vors
Dorf hinaus, aber der Werber, der den Laͤrm
fuͤrchtete, gab es nicht zu. Kronhelm verſprach
es Hanns noch einmal, beym Hauptmann fuͤr ihn
und ſeine Kathrine zu ſprechen. —
Nach einer halben Stunde fuhren Kronhelm
und Siegwart auch wieder weiter. Sie ſpra-
chen viel uͤber den Rekruten, und ſeine Mutter.
Das muß ein ſchreckliches Leben fuͤr die beyden
ſeyn, ſagte Kronhelm, wenn ſie getrennt waͤren,
und das Maͤdchen keinen Augenblick wuͤßte, ob
nicht ihrem Hanns der Kopf geſpaltet, oder eine
Kugel ins Herz geſchoſſen wuͤrde? So iſt ſie doch
um ihn, und kann ihn warten, wenn er verwun-
det wird. Der Hauptmann laͤßt ſie gewiß bey-
ſammen, ich kenne ihn von meinem Vater her;
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Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 434. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart02_1776/14>, abgerufen am 21.11.2024.
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