len; manche gefielen ihm so wohl, daß er sie sich zwey- und dreymal erzählen ließ.
Endlich kamen sie auf ihrer Schule wieder an. Kronhelm gab dem Kutscher ein paar Zei- len mit, die an den Amtmann und an Theresen zugleich gerichtet waren, und blos die Nachricht von ihrer glücklichen Ankunft, und Danksagungen für die viele genossene Freundschaft enthielten. Sie giengen dann sogleich zu ihrem lieben P. Philipp, der sich herzlich über ihre Ankunft freute. Sie mußten ihm sehr viel von ihrer Landlust erzählen. Kronhelm vermied es sorgfältig, Theresens Na- men zu nennen, oder nur entfernt von ihr beson- ders zu reden, weil er sich zu verrathen fürchtete; denn die erste Liebe ist mehrentheils sehr furchtsam und zurückhaltend. Nach etlichen Tagen fiel aber P. Philipp selbst auf die Vermuthung, daß er verliebt sey; denn er war so still, und verfiel oft auf Einmal in ein tiefes Nachdenken, und sah aus, als ob er weinen wollte. Unserm Kronhelm muß was wichtiges begegnet seyn, sagte er, und wandte sich zu Siegwart; Er ist seit der Reise ganz verändert. Jch weis nicht, antwortete Xa- ver; und Kronhelm ward feuerroth. -- Nein, es fehlt mir nichts, sagte er; ich weis nicht, wie
len; manche gefielen ihm ſo wohl, daß er ſie ſich zwey- und dreymal erzaͤhlen ließ.
Endlich kamen ſie auf ihrer Schule wieder an. Kronhelm gab dem Kutſcher ein paar Zei- len mit, die an den Amtmann und an Thereſen zugleich gerichtet waren, und blos die Nachricht von ihrer gluͤcklichen Ankunft, und Dankſagungen fuͤr die viele genoſſene Freundſchaft enthielten. Sie giengen dann ſogleich zu ihrem lieben P. Philipp, der ſich herzlich uͤber ihre Ankunft freute. Sie mußten ihm ſehr viel von ihrer Landluſt erzaͤhlen. Kronhelm vermied es ſorgfaͤltig, Thereſens Na- men zu nennen, oder nur entfernt von ihr beſon- ders zu reden, weil er ſich zu verrathen fuͤrchtete; denn die erſte Liebe iſt mehrentheils ſehr furchtſam und zuruͤckhaltend. Nach etlichen Tagen fiel aber P. Philipp ſelbſt auf die Vermuthung, daß er verliebt ſey; denn er war ſo ſtill, und verfiel oft auf Einmal in ein tiefes Nachdenken, und ſah aus, als ob er weinen wollte. Unſerm Kronhelm muß was wichtiges begegnet ſeyn, ſagte er, und wandte ſich zu Siegwart; Er iſt ſeit der Reiſe ganz veraͤndert. Jch weis nicht, antwortete Xa- ver; und Kronhelm ward feuerroth. — Nein, es fehlt mir nichts, ſagte er; ich weis nicht, wie
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0016"n="436"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/>
len; manche gefielen ihm ſo wohl, daß er ſie ſich<lb/>
zwey- und dreymal erzaͤhlen ließ.</p><lb/><p>Endlich kamen ſie auf ihrer Schule wieder<lb/>
an. <hirendition="#fr">Kronhelm</hi> gab dem Kutſcher ein paar Zei-<lb/>
len mit, die an den Amtmann und an <hirendition="#fr">Thereſen</hi><lb/>
zugleich gerichtet waren, und blos die Nachricht<lb/>
von ihrer gluͤcklichen Ankunft, und Dankſagungen<lb/>
fuͤr die viele genoſſene Freundſchaft enthielten. Sie<lb/>
giengen dann ſogleich zu ihrem lieben <hirendition="#fr">P. Philipp,</hi><lb/>
der ſich herzlich uͤber ihre <hirendition="#fr">Ankunft</hi> freute. Sie<lb/>
mußten ihm ſehr viel von ihrer Landluſt erzaͤhlen.<lb/><hirendition="#fr">Kronhelm</hi> vermied es ſorgfaͤltig, <hirendition="#fr">Thereſens</hi> Na-<lb/>
men zu nennen, oder nur entfernt von ihr beſon-<lb/>
ders zu reden, weil er ſich zu verrathen fuͤrchtete;<lb/>
denn die erſte Liebe iſt mehrentheils ſehr furchtſam<lb/>
und zuruͤckhaltend. Nach etlichen Tagen fiel aber<lb/><hirendition="#fr">P. Philipp</hi>ſelbſt auf die Vermuthung, daß er<lb/>
verliebt ſey; denn er war ſo ſtill, und verfiel oft<lb/>
auf Einmal in ein tiefes Nachdenken, und ſah aus,<lb/>
als ob er weinen wollte. Unſerm <hirendition="#fr">Kronhelm</hi><lb/>
muß was wichtiges begegnet ſeyn, ſagte er, und<lb/>
wandte ſich zu <hirendition="#fr">Siegwart;</hi> Er iſt ſeit der Reiſe<lb/>
ganz veraͤndert. Jch weis nicht, antwortete <hirendition="#fr">Xa-<lb/>
ver;</hi> und <hirendition="#fr">Kronhelm</hi> ward feuerroth. — Nein,<lb/>
es fehlt mir nichts, ſagte er; ich weis nicht, wie<lb/></p></div></body></text></TEI>
[436/0016]
len; manche gefielen ihm ſo wohl, daß er ſie ſich
zwey- und dreymal erzaͤhlen ließ.
Endlich kamen ſie auf ihrer Schule wieder
an. Kronhelm gab dem Kutſcher ein paar Zei-
len mit, die an den Amtmann und an Thereſen
zugleich gerichtet waren, und blos die Nachricht
von ihrer gluͤcklichen Ankunft, und Dankſagungen
fuͤr die viele genoſſene Freundſchaft enthielten. Sie
giengen dann ſogleich zu ihrem lieben P. Philipp,
der ſich herzlich uͤber ihre Ankunft freute. Sie
mußten ihm ſehr viel von ihrer Landluſt erzaͤhlen.
Kronhelm vermied es ſorgfaͤltig, Thereſens Na-
men zu nennen, oder nur entfernt von ihr beſon-
ders zu reden, weil er ſich zu verrathen fuͤrchtete;
denn die erſte Liebe iſt mehrentheils ſehr furchtſam
und zuruͤckhaltend. Nach etlichen Tagen fiel aber
P. Philipp ſelbſt auf die Vermuthung, daß er
verliebt ſey; denn er war ſo ſtill, und verfiel oft
auf Einmal in ein tiefes Nachdenken, und ſah aus,
als ob er weinen wollte. Unſerm Kronhelm
muß was wichtiges begegnet ſeyn, ſagte er, und
wandte ſich zu Siegwart; Er iſt ſeit der Reiſe
ganz veraͤndert. Jch weis nicht, antwortete Xa-
ver; und Kronhelm ward feuerroth. — Nein,
es fehlt mir nichts, ſagte er; ich weis nicht, wie
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 436. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart02_1776/16>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.