im Buch. -- 's ist g'schrieben -- Kann nicht G'schriebnes lesen. Da, Herr! (zu Siegwart) le- sets Jhr! -- Siegwart las den Brief, der sehr un- leserlich und unrichtig geschrieben war. Hier ist er in deutlicherer Schreibart; sonst ist er unver- ändert. --
Du hast mirs arg gemacht, Joseph. Hast mir die Eh' versprochen im Namen der heiligen Jung- frau, und nimmst nun ein anders Mädel. Jch weis mir nicht mehr zu helfen; muß mir selber was zu Leid thun. Gott verzeih mirs! mit dem ichs red- lich gemeynt hab mein Lebetag. Jch wollt mir schon einmal die Kehle abschneiden, aber das war mir zu grausig. Jn der Donau haben schon viel ihr Grab gefunden; ich werds auch finden. Gib Acht, wenn du mich siehst, daß ich mich nicht noch einmal um- dreh, und dir den Ring zeig, den ich von dir am Finger trag zum Trauring. Lieber Gott! Ein rechter Trauring! Das hat mir noch am wehesten gethan, daß du mein noch spottest, und letzthin des Abends bey meinem Haus vorbeygiengst mit dei- nem Mädel. Jch dacht, ich müst dich umbringen!
im Buch. — ’s iſt g’ſchrieben — Kann nicht G’ſchriebnes leſen. Da, Herr! (zu Siegwart) le- ſets Jhr! — Siegwart las den Brief, der ſehr un- leſerlich und unrichtig geſchrieben war. Hier iſt er in deutlicherer Schreibart; ſonſt iſt er unver- aͤndert. —
Du haſt mirs arg gemacht, Joſeph. Haſt mir die Eh’ verſprochen im Namen der heiligen Jung- frau, und nimmſt nun ein anders Maͤdel. Jch weis mir nicht mehr zu helfen; muß mir ſelber was zu Leid thun. Gott verzeih mirs! mit dem ichs red- lich gemeynt hab mein Lebetag. Jch wollt mir ſchon einmal die Kehle abſchneiden, aber das war mir zu grauſig. Jn der Donau haben ſchon viel ihr Grab gefunden; ich werds auch finden. Gib Acht, wenn du mich ſiehſt, daß ich mich nicht noch einmal um- dreh, und dir den Ring zeig, den ich von dir am Finger trag zum Trauring. Lieber Gott! Ein rechter Trauring! Das hat mir noch am weheſten gethan, daß du mein noch ſpotteſt, und letzthin des Abends bey meinem Haus vorbeygiengſt mit dei- nem Maͤdel. Jch dacht, ich muͤſt dich umbringen!
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im Buch. — ’s iſt g’ſchrieben — Kann nicht
G’ſchriebnes leſen. Da, Herr! (zu Siegwart) le-
ſets Jhr! — Siegwart las den Brief, der ſehr un-
leſerlich und unrichtig geſchrieben war. Hier iſt
er in deutlicherer Schreibart; ſonſt iſt er unver-
aͤndert. —
Du haſt mirs arg gemacht, Joſeph. Haſt mir
die Eh’ verſprochen im Namen der heiligen Jung-
frau, und nimmſt nun ein anders Maͤdel. Jch weis
mir nicht mehr zu helfen; muß mir ſelber was zu
Leid thun. Gott verzeih mirs! mit dem ichs red-
lich gemeynt hab mein Lebetag. Jch wollt mir ſchon
einmal die Kehle abſchneiden, aber das war mir zu
grauſig. Jn der Donau haben ſchon viel ihr Grab
gefunden; ich werds auch finden. Gib Acht, wenn
du mich ſiehſt, daß ich mich nicht noch einmal um-
dreh, und dir den Ring zeig, den ich von dir am
Finger trag zum Trauring. Lieber Gott! Ein
rechter Trauring! Das hat mir noch am weheſten
gethan, daß du mein noch ſpotteſt, und letzthin des
Abends bey meinem Haus vorbeygiengſt mit dei-
nem Maͤdel. Jch dacht, ich muͤſt dich umbringen!
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Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 582. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart02_1776/162>, abgerufen am 04.12.2024.
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