um halb zwölf Uhr wachte er wieder auf. Sein Licht war ausgegangen. Der Mond schien hell ins Zimmer. Er legte sich ins Fenster, sah ihn trau- rig an, wie er bald hell und klar am Himmel lief, bald wieder hinter leichte Wölkchen sich versteckte, und sie golden machte. Eine unaussprechliche Weh- muth überfiel ihn; plötzlich machte er Licht, und schrieb folgendes Gedicht nieder:
An den Mond.
Heiliger, keuscher Mond! Sieh herab auf meine Leiden! Habe Mitleid, und erbarm dich meiner!
Weinend und todtenbleich Seh ich dich, du Kind des Himmels, Ringe meine Händ', und schmacht in Jammer.
Heiliger, keuscher Mond! Ach, ich lieb', ich lieb' ein Mädchen, Und sie weis es nicht, daß ich sie liebe!
Heilig und keusch, wie du, Brennt ihr meine ganze Seele, Alle Heilige und Engel wissens!
um halb zwoͤlf Uhr wachte er wieder auf. Sein Licht war ausgegangen. Der Mond ſchien hell ins Zimmer. Er legte ſich ins Fenſter, ſah ihn trau- rig an, wie er bald hell und klar am Himmel lief, bald wieder hinter leichte Woͤlkchen ſich verſteckte, und ſie golden machte. Eine unausſprechliche Weh- muth uͤberfiel ihn; ploͤtzlich machte er Licht, und ſchrieb folgendes Gedicht nieder:
An den Mond.
Heiliger, keuſcher Mond! Sieh herab auf meine Leiden! Habe Mitleid, und erbarm dich meiner!
Weinend und todtenbleich Seh ich dich, du Kind des Himmels, Ringe meine Haͤnd’, und ſchmacht in Jammer.
Heiliger, keuſcher Mond! Ach, ich lieb’, ich lieb’ ein Maͤdchen, Und ſie weis es nicht, daß ich ſie liebe!
Heilig und keuſch, wie du, Brennt ihr meine ganze Seele, Alle Heilige und Engel wiſſens!
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um halb zwoͤlf Uhr wachte er wieder auf. Sein
Licht war ausgegangen. Der Mond ſchien hell ins
Zimmer. Er legte ſich ins Fenſter, ſah ihn trau-
rig an, wie er bald hell und klar am Himmel lief,
bald wieder hinter leichte Woͤlkchen ſich verſteckte,
und ſie golden machte. Eine unausſprechliche Weh-
muth uͤberfiel ihn; ploͤtzlich machte er Licht, und
ſchrieb folgendes Gedicht nieder:
An den Mond.
Heiliger, keuſcher Mond!
Sieh herab auf meine Leiden!
Habe Mitleid, und erbarm dich meiner!
Weinend und todtenbleich
Seh ich dich, du Kind des Himmels,
Ringe meine Haͤnd’, und ſchmacht in Jammer.
Heiliger, keuſcher Mond!
Ach, ich lieb’, ich lieb’ ein Maͤdchen,
Und ſie weis es nicht, daß ich ſie liebe!
Heilig und keuſch, wie du,
Brennt ihr meine ganze Seele,
Alle Heilige und Engel wiſſens!
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Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 618. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart02_1776/198>, abgerufen am 11.12.2024.
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