Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 2. Leipzig, 1776.

Bild:
<< vorherige Seite


Bester, theurester Freund!

Der vergnügteste Abend nach Jhrer Abreise
war mir der, da ich Jhren lieben Brief erhielt;
vielen, vielen herzlichen Dank dafür, mein bester
Freund! Gottlob, daß Sie glücklich wieder ange-
kommen sind! Meine besten Wünsche begleiteten
Sie auf Jhrer ganzen Reise; aber besonders mach-
te mir der fatale Weg, und der starke Regen viele
Sorge. Jch freute mich recht für Sie, als der
Regen wieder nachließ.

Also sind Jhre Lehrer nicht böse, wegen Jh-
res etwas längern Ausbleibens? Nun, das ist
mir sehr lieb; mir war schon recht bange dafür,
und ich dachte, Sie könntens gar darüber bereuen,
daß Sie länger hier blieben; das wollt ich doch
nicht gerne!

Ach, mein theurester Freund! oft denk ich noch
an den traurigen Scheidetag und an die letzte trauri-
ge Nacht. Dann seh ich noch immer den, mit schwar-
zen Wolken umgebenen Mond, der uns gegenüber
stand; dann hör ich noch immer den rollenden Don-
ner, und seh die schnellen Blitze. Alles war so feyerlich!
Erst sinds acht Tage, und mir dünkts schon so lange!

F f


Beſter, theureſter Freund!

Der vergnuͤgteſte Abend nach Jhrer Abreiſe
war mir der, da ich Jhren lieben Brief erhielt;
vielen, vielen herzlichen Dank dafuͤr, mein beſter
Freund! Gottlob, daß Sie gluͤcklich wieder ange-
kommen ſind! Meine beſten Wuͤnſche begleiteten
Sie auf Jhrer ganzen Reiſe; aber beſonders mach-
te mir der fatale Weg, und der ſtarke Regen viele
Sorge. Jch freute mich recht fuͤr Sie, als der
Regen wieder nachließ.

Alſo ſind Jhre Lehrer nicht boͤſe, wegen Jh-
res etwas laͤngern Ausbleibens? Nun, das iſt
mir ſehr lieb; mir war ſchon recht bange dafuͤr,
und ich dachte, Sie koͤnntens gar daruͤber bereuen,
daß Sie laͤnger hier blieben; das wollt ich doch
nicht gerne!

Ach, mein theureſter Freund! oft denk ich noch
an den traurigen Scheidetag und an die letzte trauri-
ge Nacht. Dann ſeh ich noch immer den, mit ſchwar-
zen Wolken umgebenen Mond, der uns gegenuͤber
ſtand; dann hoͤr ich noch immer den rollenden Don-
ner, und ſeh die ſchnellen Blitze. Alles war ſo feyerlich!
Erſt ſinds acht Tage, und mir duͤnkts ſchon ſo lange!

F f
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0021" n="441"/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <floatingText>
          <body>
            <div type="letter">
              <opener>
                <salute> <hi rendition="#et">Be&#x017F;ter, theure&#x017F;ter Freund!</hi> </salute>
              </opener><lb/>
              <p>Der vergnu&#x0364;gte&#x017F;te Abend nach Jhrer Abrei&#x017F;e<lb/>
war mir der, da ich Jhren lieben Brief erhielt;<lb/>
vielen, vielen herzlichen Dank dafu&#x0364;r, mein be&#x017F;ter<lb/>
Freund! Gottlob, daß Sie glu&#x0364;cklich wieder ange-<lb/>
kommen &#x017F;ind! Meine be&#x017F;ten Wu&#x0364;n&#x017F;che begleiteten<lb/>
Sie auf Jhrer ganzen Rei&#x017F;e; aber be&#x017F;onders mach-<lb/>
te mir der fatale Weg, und der &#x017F;tarke Regen viele<lb/>
Sorge. Jch freute mich recht fu&#x0364;r Sie, als der<lb/>
Regen wieder nachließ.</p><lb/>
              <p>Al&#x017F;o &#x017F;ind Jhre Lehrer nicht bo&#x0364;&#x017F;e, wegen Jh-<lb/>
res etwas la&#x0364;ngern Ausbleibens? Nun, das i&#x017F;t<lb/>
mir &#x017F;ehr lieb; mir war &#x017F;chon recht bange dafu&#x0364;r,<lb/>
und ich dachte, Sie ko&#x0364;nntens gar daru&#x0364;ber bereuen,<lb/>
daß Sie la&#x0364;nger hier blieben; das wollt ich doch<lb/>
nicht gerne!</p><lb/>
              <p>Ach, mein theure&#x017F;ter Freund! oft denk ich noch<lb/>
an den traurigen Scheidetag und an die letzte trauri-<lb/>
ge Nacht. Dann &#x017F;eh ich noch immer den, mit &#x017F;chwar-<lb/>
zen Wolken umgebenen Mond, der uns gegenu&#x0364;ber<lb/>
&#x017F;tand; dann ho&#x0364;r ich noch immer den rollenden Don-<lb/>
ner, und &#x017F;eh die &#x017F;chnellen Blitze. Alles war &#x017F;o feyerlich!<lb/>
Er&#x017F;t &#x017F;inds acht Tage, und mir du&#x0364;nkts &#x017F;chon &#x017F;o lange!<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">F f</fw><lb/></p>
            </div>
          </body>
        </floatingText>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[441/0021] Beſter, theureſter Freund! Der vergnuͤgteſte Abend nach Jhrer Abreiſe war mir der, da ich Jhren lieben Brief erhielt; vielen, vielen herzlichen Dank dafuͤr, mein beſter Freund! Gottlob, daß Sie gluͤcklich wieder ange- kommen ſind! Meine beſten Wuͤnſche begleiteten Sie auf Jhrer ganzen Reiſe; aber beſonders mach- te mir der fatale Weg, und der ſtarke Regen viele Sorge. Jch freute mich recht fuͤr Sie, als der Regen wieder nachließ. Alſo ſind Jhre Lehrer nicht boͤſe, wegen Jh- res etwas laͤngern Ausbleibens? Nun, das iſt mir ſehr lieb; mir war ſchon recht bange dafuͤr, und ich dachte, Sie koͤnntens gar daruͤber bereuen, daß Sie laͤnger hier blieben; das wollt ich doch nicht gerne! Ach, mein theureſter Freund! oft denk ich noch an den traurigen Scheidetag und an die letzte trauri- ge Nacht. Dann ſeh ich noch immer den, mit ſchwar- zen Wolken umgebenen Mond, der uns gegenuͤber ſtand; dann hoͤr ich noch immer den rollenden Don- ner, und ſeh die ſchnellen Blitze. Alles war ſo feyerlich! Erſt ſinds acht Tage, und mir duͤnkts ſchon ſo lange! F f

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart02_1776
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart02_1776/21
Zitationshilfe: Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 441. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart02_1776/21>, abgerufen am 21.11.2024.