ist. Jch kann meinem Bruder keine beßre Gattin wünschen, und sehne mich recht darnach, sie bald meine Schwägerin zu nennen. Wenn nur mein Onkel bald zurückkommt, dann soll, hoff ich, alles noch gut gehen. Jndem kam ihr Mann, und em- pfieng unsern Siegwart freundlich. Er erkundigte sich nach seinem Schwager, und verwunderte sich über seine so beschleunigte Abreise von Jngolstadt. Bey Tisch wurde viel über den Junker Veit ge- sprochen. Sie beklagten sich alle über sein rohes Wesen, und daß er sich so von Kunigunden regie- ren lasse.
Bald nach dem Essen empfahl sich Siegwart, nachdem er erst noch einige Augenblicke mit der Frau von Eller allein gesprochen hatte, und ritt wieder nach Jngolstadt zurück. Unterwegs dachte er nur an Kronhelm, an Theresen, und an seine Mariane. Er dachte hin und her, ob er seiner Schwester etwas von dem unglücklichen Vorfall schreiben sollte? und konnte nicht mit sich einig werden. Den folgenden Tag kam er sehr spät wieder in Jngolstadt an, denn er wollte nicht noch eine Nacht weg bleiben; der Gedanke, seiner Ma- riane nah zu seyn, hatte zu viel süsses für ihn. Den andern Tag stund er etwas spät auf, und sah,
iſt. Jch kann meinem Bruder keine beßre Gattin wuͤnſchen, und ſehne mich recht darnach, ſie bald meine Schwaͤgerin zu nennen. Wenn nur mein Onkel bald zuruͤckkommt, dann ſoll, hoff ich, alles noch gut gehen. Jndem kam ihr Mann, und em- pfieng unſern Siegwart freundlich. Er erkundigte ſich nach ſeinem Schwager, und verwunderte ſich uͤber ſeine ſo beſchleunigte Abreiſe von Jngolſtadt. Bey Tiſch wurde viel uͤber den Junker Veit ge- ſprochen. Sie beklagten ſich alle uͤber ſein rohes Weſen, und daß er ſich ſo von Kunigunden regie- ren laſſe.
Bald nach dem Eſſen empfahl ſich Siegwart, nachdem er erſt noch einige Augenblicke mit der Frau von Eller allein geſprochen hatte, und ritt wieder nach Jngolſtadt zuruͤck. Unterwegs dachte er nur an Kronhelm, an Thereſen, und an ſeine Mariane. Er dachte hin und her, ob er ſeiner Schweſter etwas von dem ungluͤcklichen Vorfall ſchreiben ſollte? und konnte nicht mit ſich einig werden. Den folgenden Tag kam er ſehr ſpaͤt wieder in Jngolſtadt an, denn er wollte nicht noch eine Nacht weg bleiben; der Gedanke, ſeiner Ma- riane nah zu ſeyn, hatte zu viel ſuͤſſes fuͤr ihn. Den andern Tag ſtund er etwas ſpaͤt auf, und ſah,
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0361"n="781"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/>
iſt. Jch kann meinem Bruder keine beßre Gattin<lb/>
wuͤnſchen, und ſehne mich recht darnach, ſie bald<lb/>
meine Schwaͤgerin zu nennen. Wenn nur mein<lb/>
Onkel bald zuruͤckkommt, dann ſoll, hoff ich, alles<lb/>
noch gut gehen. Jndem kam ihr Mann, und em-<lb/>
pfieng unſern Siegwart freundlich. Er erkundigte<lb/>ſich nach ſeinem Schwager, und verwunderte ſich<lb/>
uͤber ſeine ſo beſchleunigte Abreiſe von Jngolſtadt.<lb/>
Bey Tiſch wurde viel uͤber den Junker Veit ge-<lb/>ſprochen. Sie beklagten ſich alle uͤber ſein rohes<lb/>
Weſen, und daß er ſich ſo von Kunigunden regie-<lb/>
ren laſſe.</p><lb/><p>Bald nach dem Eſſen empfahl ſich Siegwart,<lb/>
nachdem er erſt noch einige Augenblicke mit der<lb/>
Frau von Eller allein geſprochen hatte, und ritt<lb/>
wieder nach Jngolſtadt zuruͤck. Unterwegs dachte<lb/>
er nur an Kronhelm, an Thereſen, und an ſeine<lb/>
Mariane. Er dachte hin und her, ob er ſeiner<lb/>
Schweſter etwas von dem ungluͤcklichen Vorfall<lb/>ſchreiben ſollte? und konnte nicht mit ſich einig<lb/>
werden. Den folgenden Tag kam er ſehr ſpaͤt<lb/>
wieder in Jngolſtadt an, denn er wollte nicht noch<lb/>
eine Nacht weg bleiben; der Gedanke, ſeiner Ma-<lb/>
riane nah zu ſeyn, hatte zu viel ſuͤſſes fuͤr ihn.<lb/>
Den andern Tag ſtund er etwas ſpaͤt auf, und ſah,<lb/></p></div></body></text></TEI>
[781/0361]
iſt. Jch kann meinem Bruder keine beßre Gattin
wuͤnſchen, und ſehne mich recht darnach, ſie bald
meine Schwaͤgerin zu nennen. Wenn nur mein
Onkel bald zuruͤckkommt, dann ſoll, hoff ich, alles
noch gut gehen. Jndem kam ihr Mann, und em-
pfieng unſern Siegwart freundlich. Er erkundigte
ſich nach ſeinem Schwager, und verwunderte ſich
uͤber ſeine ſo beſchleunigte Abreiſe von Jngolſtadt.
Bey Tiſch wurde viel uͤber den Junker Veit ge-
ſprochen. Sie beklagten ſich alle uͤber ſein rohes
Weſen, und daß er ſich ſo von Kunigunden regie-
ren laſſe.
Bald nach dem Eſſen empfahl ſich Siegwart,
nachdem er erſt noch einige Augenblicke mit der
Frau von Eller allein geſprochen hatte, und ritt
wieder nach Jngolſtadt zuruͤck. Unterwegs dachte
er nur an Kronhelm, an Thereſen, und an ſeine
Mariane. Er dachte hin und her, ob er ſeiner
Schweſter etwas von dem ungluͤcklichen Vorfall
ſchreiben ſollte? und konnte nicht mit ſich einig
werden. Den folgenden Tag kam er ſehr ſpaͤt
wieder in Jngolſtadt an, denn er wollte nicht noch
eine Nacht weg bleiben; der Gedanke, ſeiner Ma-
riane nah zu ſeyn, hatte zu viel ſuͤſſes fuͤr ihn.
Den andern Tag ſtund er etwas ſpaͤt auf, und ſah,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 781. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart02_1776/361>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.