Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 2. Leipzig, 1776.Hierauf tanzte er mit ihrer Mutter, die ausse- ordentlich freundschastlich gegen ihn that. Sie setzte sich nach dem Tanz mit ihm auf ein Ka- napee, und fieng von ihrer Tochter an, zu re- den. Es freut mich herzlich, sagte sie, daß Sie so viel Freundschaft gegen meine Tochter tragen; sie wird es Jhnen auch schon gesagt haben. Nur um der Leute, und hauptsächlich um meines Mannes willen, muß ich Sie sehr um Behut- samkeit bitten. Man ist im Stillen weit glück- licher, als wenn man vieles Aussehen macht. Jch wurde schon von verschiednen Seiten her gewarnt. Die Leute hier schliessen aus jeglicher Bekannt- schaft auf die engeste Vertraulichkeit, und erdich- ten aus Langerweile tausenderley Geschichten. Sie sehen ein, was mir daran liegt, daß mei- ne Tochter nicht in der Leute Mund kommt. Meine Schwiegertochter und mein Mann sind gar wunderlich. Suchen Sie ein rechtschaffner und geschickter Mann zu werden; das Uebrige hängt von Gott und nicht von uns ab. Jch höre, Sie wollten geistlich werden. Wird es Jhr Herr Vater wol zufrieden seyn, wenn Sie um- satteln? O ja, ganz gewiß! sagte Siegwart; ich will ihm nächster Tagen schreiben. Ein anderer, Hierauf tanzte er mit ihrer Mutter, die auſſe- ordentlich freundſchaſtlich gegen ihn that. Sie ſetzte ſich nach dem Tanz mit ihm auf ein Ka- napee, und fieng von ihrer Tochter an, zu re- den. Es freut mich herzlich, ſagte ſie, daß Sie ſo viel Freundſchaft gegen meine Tochter tragen; ſie wird es Jhnen auch ſchon geſagt haben. Nur um der Leute, und hauptſaͤchlich um meines Mannes willen, muß ich Sie ſehr um Behut- ſamkeit bitten. Man iſt im Stillen weit gluͤck- licher, als wenn man vieles Auſſehen macht. Jch wurde ſchon von verſchiednen Seiten her gewarnt. Die Leute hier ſchlieſſen aus jeglicher Bekannt- ſchaft auf die engeſte Vertraulichkeit, und erdich- ten aus Langerweile tauſenderley Geſchichten. Sie ſehen ein, was mir daran liegt, daß mei- ne Tochter nicht in der Leute Mund kommt. Meine Schwiegertochter und mein Mann ſind gar wunderlich. Suchen Sie ein rechtſchaffner und geſchickter Mann zu werden; das Uebrige haͤngt von Gott und nicht von uns ab. Jch hoͤre, Sie wollten geiſtlich werden. Wird es Jhr Herr Vater wol zufrieden ſeyn, wenn Sie um- ſatteln? O ja, ganz gewiß! ſagte Siegwart; ich will ihm naͤchſter Tagen ſchreiben. Ein anderer, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0396" n="816"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> Hierauf tanzte er mit ihrer Mutter, die auſſe-<lb/> ordentlich freundſchaſtlich gegen ihn that. Sie<lb/> ſetzte ſich nach dem Tanz mit ihm auf ein Ka-<lb/> napee, und fieng von ihrer Tochter an, zu re-<lb/> den. Es freut mich herzlich, ſagte ſie, daß Sie<lb/> ſo viel Freundſchaft gegen meine Tochter tragen;<lb/> ſie wird es Jhnen auch ſchon geſagt haben. Nur<lb/> um der Leute, und hauptſaͤchlich um meines<lb/> Mannes willen, muß ich Sie ſehr um Behut-<lb/> ſamkeit bitten. Man iſt im Stillen weit gluͤck-<lb/> licher, als wenn man vieles Auſſehen macht. Jch<lb/> wurde ſchon von verſchiednen Seiten her gewarnt.<lb/> Die Leute hier ſchlieſſen aus jeglicher Bekannt-<lb/> ſchaft auf die engeſte Vertraulichkeit, und erdich-<lb/> ten aus Langerweile tauſenderley Geſchichten.<lb/> Sie ſehen ein, was mir daran liegt, daß mei-<lb/> ne Tochter nicht in der Leute Mund kommt.<lb/> Meine Schwiegertochter und mein Mann ſind<lb/> gar wunderlich. Suchen Sie ein rechtſchaffner<lb/> und geſchickter Mann zu werden; das Uebrige<lb/> haͤngt von Gott und nicht von uns ab. Jch<lb/> hoͤre, Sie wollten geiſtlich werden. Wird es Jhr<lb/> Herr Vater wol zufrieden ſeyn, wenn Sie um-<lb/> ſatteln? O ja, ganz gewiß! ſagte Siegwart; ich<lb/> will ihm naͤchſter Tagen ſchreiben. Ein anderer,<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [816/0396]
Hierauf tanzte er mit ihrer Mutter, die auſſe-
ordentlich freundſchaſtlich gegen ihn that. Sie
ſetzte ſich nach dem Tanz mit ihm auf ein Ka-
napee, und fieng von ihrer Tochter an, zu re-
den. Es freut mich herzlich, ſagte ſie, daß Sie
ſo viel Freundſchaft gegen meine Tochter tragen;
ſie wird es Jhnen auch ſchon geſagt haben. Nur
um der Leute, und hauptſaͤchlich um meines
Mannes willen, muß ich Sie ſehr um Behut-
ſamkeit bitten. Man iſt im Stillen weit gluͤck-
licher, als wenn man vieles Auſſehen macht. Jch
wurde ſchon von verſchiednen Seiten her gewarnt.
Die Leute hier ſchlieſſen aus jeglicher Bekannt-
ſchaft auf die engeſte Vertraulichkeit, und erdich-
ten aus Langerweile tauſenderley Geſchichten.
Sie ſehen ein, was mir daran liegt, daß mei-
ne Tochter nicht in der Leute Mund kommt.
Meine Schwiegertochter und mein Mann ſind
gar wunderlich. Suchen Sie ein rechtſchaffner
und geſchickter Mann zu werden; das Uebrige
haͤngt von Gott und nicht von uns ab. Jch
hoͤre, Sie wollten geiſtlich werden. Wird es Jhr
Herr Vater wol zufrieden ſeyn, wenn Sie um-
ſatteln? O ja, ganz gewiß! ſagte Siegwart; ich
will ihm naͤchſter Tagen ſchreiben. Ein anderer,
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |