und munterste Frau, und werd ihn selber fleißig zu sich bitten. Dieser Abend schloß sich für unsern Siegwart ausserordentlich vergnügt. Er gieng, mit tausend Küssen, und Versicherungen ihrer Liebe erst in der Dämmerung von Marianen und ihrer Freundin weg, und war so frey von al- ler Furcht, so voll ruhiger Freude, als er noch nicht leicht gewesen war.
Ein paar Tage drauf bekam er, von Steinfeld aus, Briefe von Kronhelm und Theresen, die von nichts als Zufriedenheit und innigem Bergnü- gen seiner Freunde zeugten. Kronhelm berichtete ihm die Ankunft seines treuen Dieners Marx, und die Freude, die dieser über sein Glück gehabt hätte. Auch erzählte er ihm Kunigundens Abschied. Sie sey nemlich noch vor seiner Ankunft bey Nacht und Nebel von Steinfeld abgegangen, und habe ziemlich viele Kleidungsstücke und Kostbarkeiten mitgenommen, die er ihr auf den Weg schenken wolle. Jetzt sey sie in Augsburg eine Art von Hurenwirthin. Dann fragte er ihn nach Maria- nen, und ermunterte ihn, guten Muth zu fassen; sein Onkel werde ihm gewiß eine anständige Bedie- nung verschaffen; daher soll er unverzüglich seinem
und munterſte Frau, und werd ihn ſelber fleißig zu ſich bitten. Dieſer Abend ſchloß ſich fuͤr unſern Siegwart auſſerordentlich vergnuͤgt. Er gieng, mit tauſend Kuͤſſen, und Verſicherungen ihrer Liebe erſt in der Daͤmmerung von Marianen und ihrer Freundin weg, und war ſo frey von al- ler Furcht, ſo voll ruhiger Freude, als er noch nicht leicht geweſen war.
Ein paar Tage drauf bekam er, von Steinfeld aus, Briefe von Kronhelm und Thereſen, die von nichts als Zufriedenheit und innigem Bergnuͤ- gen ſeiner Freunde zeugten. Kronhelm berichtete ihm die Ankunft ſeines treuen Dieners Marx, und die Freude, die dieſer uͤber ſein Gluͤck gehabt haͤtte. Auch erzaͤhlte er ihm Kunigundens Abſchied. Sie ſey nemlich noch vor ſeiner Ankunft bey Nacht und Nebel von Steinfeld abgegangen, und habe ziemlich viele Kleidungsſtuͤcke und Koſtbarkeiten mitgenommen, die er ihr auf den Weg ſchenken wolle. Jetzt ſey ſie in Augsburg eine Art von Hurenwirthin. Dann fragte er ihn nach Maria- nen, und ermunterte ihn, guten Muth zu faſſen; ſein Onkel werde ihm gewiß eine anſtaͤndige Bedie- nung verſchaffen; daher ſoll er unverzuͤglich ſeinem
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und munterſte Frau, und werd ihn ſelber fleißig zu
ſich bitten. Dieſer Abend ſchloß ſich fuͤr unſern
Siegwart auſſerordentlich vergnuͤgt. Er gieng,
mit tauſend Kuͤſſen, und Verſicherungen ihrer
Liebe erſt in der Daͤmmerung von Marianen und
ihrer Freundin weg, und war ſo frey von al-
ler Furcht, ſo voll ruhiger Freude, als er noch
nicht leicht geweſen war.
Ein paar Tage drauf bekam er, von Steinfeld
aus, Briefe von Kronhelm und Thereſen, die
von nichts als Zufriedenheit und innigem Bergnuͤ-
gen ſeiner Freunde zeugten. Kronhelm berichtete
ihm die Ankunft ſeines treuen Dieners Marx, und
die Freude, die dieſer uͤber ſein Gluͤck gehabt haͤtte.
Auch erzaͤhlte er ihm Kunigundens Abſchied. Sie
ſey nemlich noch vor ſeiner Ankunft bey Nacht
und Nebel von Steinfeld abgegangen, und habe
ziemlich viele Kleidungsſtuͤcke und Koſtbarkeiten
mitgenommen, die er ihr auf den Weg ſchenken
wolle. Jetzt ſey ſie in Augsburg eine Art von
Hurenwirthin. Dann fragte er ihn nach Maria-
nen, und ermunterte ihn, guten Muth zu faſſen;
ſein Onkel werde ihm gewiß eine anſtaͤndige Bedie-
nung verſchaffen; daher ſoll er unverzuͤglich ſeinem
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Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 832. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart02_1776/412>, abgerufen am 22.11.2024.
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