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Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 2. Leipzig, 1776.

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Kaum war er aufgewacht, so war dieses wieder sein
erster Gedanke. Seine Seele strebte mit ungewöhn-
licher Sehnsucht nach dem Landhaus, und glaubte,
da endlich Erleichterung zu finden. Er schloß alle
seine Sachen ein, sagte der Aufwärterin, er werde
erst in ein paar Tagen wieder kommen, und gieng.

Es war um neun Uhr, und der Sommertag
war schön, aber heiß. Er war eine halbe Stunde
noch vom Landhaus, als er querfeldein einen Bau-
ren stark gehen sah, der auf ihn zu kam. Es war
sein Thomas. Guten Morgen, Herr! sagte er,
ich hab Sie schon lang nicht mehr gesehen. Haben
Sie uns ganz verlassen? Siegwart sagte, er sey
verreist gewesen. -- Wo wollt ihr hin, Thomas? --
Jch will da nach der Stadt, und dieses Felleisen
einem Herrn bringen, der gestern bey uns durch-
fuhr. Vermuthlich gehörts ihm. Jch habs hinterm
Dorf in einem Graben gefunden. Der Herr fuhr vor
etlich Tagen früh morgens durchs Dorf, und da war
das Felleisen auf die Kutsche hinten aufgebunden. Er
kutschierte selbst, und hatte zwey Jungfern im Wa-
gen. Wo mir recht ist, so war eine davon die Jung-
fer, die bey der gestrengen Frau auf dem Schloß
war, und die Sie unterm Arm führten, als sie
wieder weggiengen. Sie sah wol ganz bleich aus,



Kaum war er aufgewacht, ſo war dieſes wieder ſein
erſter Gedanke. Seine Seele ſtrebte mit ungewoͤhn-
licher Sehnſucht nach dem Landhaus, und glaubte,
da endlich Erleichterung zu finden. Er ſchloß alle
ſeine Sachen ein, ſagte der Aufwaͤrterin, er werde
erſt in ein paar Tagen wieder kommen, und gieng.

Es war um neun Uhr, und der Sommertag
war ſchoͤn, aber heiß. Er war eine halbe Stunde
noch vom Landhaus, als er querfeldein einen Bau-
ren ſtark gehen ſah, der auf ihn zu kam. Es war
ſein Thomas. Guten Morgen, Herr! ſagte er,
ich hab Sie ſchon lang nicht mehr geſehen. Haben
Sie uns ganz verlaſſen? Siegwart ſagte, er ſey
verreiſt geweſen. — Wo wollt ihr hin, Thomas? —
Jch will da nach der Stadt, und dieſes Felleiſen
einem Herrn bringen, der geſtern bey uns durch-
fuhr. Vermuthlich gehoͤrts ihm. Jch habs hinterm
Dorf in einem Graben gefunden. Der Herr fuhr vor
etlich Tagen fruͤh morgens durchs Dorf, und da war
das Felleiſen auf die Kutſche hinten aufgebunden. Er
kutſchierte ſelbſt, und hatte zwey Jungfern im Wa-
gen. Wo mir recht iſt, ſo war eine davon die Jung-
fer, die bey der geſtrengen Frau auf dem Schloß
war, und die Sie unterm Arm fuͤhrten, als ſie
wieder weggiengen. Sie ſah wol ganz bleich aus,

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[926/0506] Kaum war er aufgewacht, ſo war dieſes wieder ſein erſter Gedanke. Seine Seele ſtrebte mit ungewoͤhn- licher Sehnſucht nach dem Landhaus, und glaubte, da endlich Erleichterung zu finden. Er ſchloß alle ſeine Sachen ein, ſagte der Aufwaͤrterin, er werde erſt in ein paar Tagen wieder kommen, und gieng. Es war um neun Uhr, und der Sommertag war ſchoͤn, aber heiß. Er war eine halbe Stunde noch vom Landhaus, als er querfeldein einen Bau- ren ſtark gehen ſah, der auf ihn zu kam. Es war ſein Thomas. Guten Morgen, Herr! ſagte er, ich hab Sie ſchon lang nicht mehr geſehen. Haben Sie uns ganz verlaſſen? Siegwart ſagte, er ſey verreiſt geweſen. — Wo wollt ihr hin, Thomas? — Jch will da nach der Stadt, und dieſes Felleiſen einem Herrn bringen, der geſtern bey uns durch- fuhr. Vermuthlich gehoͤrts ihm. Jch habs hinterm Dorf in einem Graben gefunden. Der Herr fuhr vor etlich Tagen fruͤh morgens durchs Dorf, und da war das Felleiſen auf die Kutſche hinten aufgebunden. Er kutſchierte ſelbſt, und hatte zwey Jungfern im Wa- gen. Wo mir recht iſt, ſo war eine davon die Jung- fer, die bey der geſtrengen Frau auf dem Schloß war, und die Sie unterm Arm fuͤhrten, als ſie wieder weggiengen. Sie ſah wol ganz bleich aus,

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Zitationshilfe: Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 926. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart02_1776/506>, abgerufen am 24.11.2024.