Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 1. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae. Altona, 1760.Das verlohrne Paradies. Da er kaum endigte, nahten sich ihm die beyden, und kürzlich 885Sagten sie, wen sie brächten, wo sie ihn gefunden; womit er Sich beschäfftigt, in welcher Gestalt, und in welcher Stellung, Er gelegen: Mit ernstem Blick sprach Gabriel also: Warum hast du, o Satan, die festen Grenzen gebrochen, Welche deinem Verbrechen gesetzt sind, in ihrer Beschäfftgung 890Andre zu stören, die deinem aufrührischen Beyspiel nicht folgen, Sondern Macht und Befugniß haben, nach deinem so kühnen Einbruch in diesen Platz dich zu fragen; die Absicht davon scheint, Dieses unschuldige Paar in seinem Schlafe zu stören, Deren seelige Wohnung Gott hier in Wonne gepflanzet. 895Mit verachtender Stirn antwortete Satan ihm also: Gabriel, in dem Himmel wardst du für weise gehalten, Und ich hielt dich selber dafür; doch heißt mich die Frage h), Die du mir thust, dran zweifeln. Lebt jemand, welchem sein Elend Angenehm ist? Wer wird, wenn er kann, nicht der Höllen entfliehen, 900Ob er dazu gleich verdammt ist? du thätest ohnfehlbar es selber; Würdest verwegen zu jedem Ort, von dem Elend am fernsten, Fliehn, wo du hoffen könntest, mit Ruhe die Quaal zu verwechseln, Und dein Leid zur Freude zu machen. Dies sucht' ich allhier auch. Doch was wirkt dies auf dich, du kennest allein nur das Gute, Und h) Homer: du schienst mir ehmals ein weiser Mann,
[fremdsprachliches Material - 20 Zeichen fehlen]. Bentley. Das verlohrne Paradies. Da er kaum endigte, nahten ſich ihm die beyden, und kuͤrzlich 885Sagten ſie, wen ſie braͤchten, wo ſie ihn gefunden; womit er Sich beſchaͤfftigt, in welcher Geſtalt, und in welcher Stellung, Er gelegen: Mit ernſtem Blick ſprach Gabriel alſo: Warum haſt du, o Satan, die feſten Grenzen gebrochen, Welche deinem Verbrechen geſetzt ſind, in ihrer Beſchaͤfftgung 890Andre zu ſtoͤren, die deinem aufruͤhriſchen Beyſpiel nicht folgen, Sondern Macht und Befugniß haben, nach deinem ſo kuͤhnen Einbruch in dieſen Platz dich zu fragen; die Abſicht davon ſcheint, Dieſes unſchuldige Paar in ſeinem Schlafe zu ſtoͤren, Deren ſeelige Wohnung Gott hier in Wonne gepflanzet. 895Mit verachtender Stirn antwortete Satan ihm alſo: Gabriel, in dem Himmel wardſt du fuͤr weiſe gehalten, Und ich hielt dich ſelber dafuͤr; doch heißt mich die Frage h), Die du mir thuſt, dran zweifeln. Lebt jemand, welchem ſein Elend Angenehm iſt? Wer wird, wenn er kann, nicht der Hoͤllen entfliehen, 900Ob er dazu gleich verdammt iſt? du thaͤteſt ohnfehlbar es ſelber; Wuͤrdeſt verwegen zu jedem Ort, von dem Elend am fernſten, Fliehn, wo du hoffen koͤnnteſt, mit Ruhe die Quaal zu verwechſeln, Und dein Leid zur Freude zu machen. Dies ſucht’ ich allhier auch. Doch was wirkt dies auf dich, du kenneſt allein nur das Gute, Und h) Homer: du ſchienſt mir ehmals ein weiſer Mann,
[fremdsprachliches Material – 20 Zeichen fehlen]. Bentley. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0194" n="174"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Das verlohrne Paradies.</hi> </fw><lb/> <lg n="29"> <l>Da er kaum endigte, nahten ſich ihm die beyden, und kuͤrzlich</l><lb/> <l><note place="left">885</note>Sagten ſie, wen ſie braͤchten, wo ſie ihn gefunden; womit er</l><lb/> <l>Sich beſchaͤfftigt, in welcher Geſtalt, und in welcher Stellung,</l><lb/> <l>Er gelegen: Mit ernſtem Blick ſprach <hi rendition="#fr">Gabriel</hi> alſo:</l> </lg><lb/> <lg n="30"> <l>Warum haſt du, o <hi rendition="#fr">Satan,</hi> die feſten Grenzen gebrochen,</l><lb/> <l>Welche deinem Verbrechen geſetzt ſind, in ihrer Beſchaͤfftgung</l><lb/> <l><note place="left">890</note>Andre zu ſtoͤren, die deinem aufruͤhriſchen Beyſpiel nicht folgen,</l><lb/> <l>Sondern Macht und Befugniß haben, nach deinem ſo kuͤhnen</l><lb/> <l>Einbruch in dieſen Platz dich zu fragen; die Abſicht davon ſcheint,</l><lb/> <l>Dieſes unſchuldige Paar in ſeinem Schlafe zu ſtoͤren,</l><lb/> <l>Deren ſeelige Wohnung Gott hier in Wonne gepflanzet.</l><lb/> <l><note place="left">895</note>Mit verachtender Stirn antwortete <hi rendition="#fr">Satan</hi> ihm alſo:</l> </lg><lb/> <lg n="31"> <l><hi rendition="#fr">Gabriel,</hi> in dem Himmel wardſt du fuͤr weiſe gehalten,</l><lb/> <l>Und ich hielt dich ſelber dafuͤr; doch heißt mich die Frage <note place="foot" n="h)">Homer: du ſchienſt mir ehmals ein weiſer Mann,<lb/><gap reason="fm" unit="chars" quantity="20"/>. <hi rendition="#fr">Bentley.</hi></note>,</l><lb/> <l>Die du mir thuſt, dran zweifeln. Lebt jemand, welchem ſein Elend</l><lb/> <l>Angenehm iſt? Wer wird, wenn er kann, nicht der Hoͤllen entfliehen,</l><lb/> <l><note place="left">900</note>Ob er dazu gleich verdammt iſt? du thaͤteſt ohnfehlbar es ſelber;</l><lb/> <l>Wuͤrdeſt verwegen zu jedem Ort, von dem Elend am fernſten,</l><lb/> <l>Fliehn, wo du hoffen koͤnnteſt, mit Ruhe die Quaal zu verwechſeln,</l><lb/> <l>Und dein Leid zur Freude zu machen. Dies ſucht’ ich allhier auch.</l><lb/> <l>Doch was wirkt dies auf dich, du kenneſt allein nur das Gute,</l><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Und</fw><lb/> </lg> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [174/0194]
Das verlohrne Paradies.
Da er kaum endigte, nahten ſich ihm die beyden, und kuͤrzlich
Sagten ſie, wen ſie braͤchten, wo ſie ihn gefunden; womit er
Sich beſchaͤfftigt, in welcher Geſtalt, und in welcher Stellung,
Er gelegen: Mit ernſtem Blick ſprach Gabriel alſo:
Warum haſt du, o Satan, die feſten Grenzen gebrochen,
Welche deinem Verbrechen geſetzt ſind, in ihrer Beſchaͤfftgung
Andre zu ſtoͤren, die deinem aufruͤhriſchen Beyſpiel nicht folgen,
Sondern Macht und Befugniß haben, nach deinem ſo kuͤhnen
Einbruch in dieſen Platz dich zu fragen; die Abſicht davon ſcheint,
Dieſes unſchuldige Paar in ſeinem Schlafe zu ſtoͤren,
Deren ſeelige Wohnung Gott hier in Wonne gepflanzet.
Mit verachtender Stirn antwortete Satan ihm alſo:
Gabriel, in dem Himmel wardſt du fuͤr weiſe gehalten,
Und ich hielt dich ſelber dafuͤr; doch heißt mich die Frage h),
Die du mir thuſt, dran zweifeln. Lebt jemand, welchem ſein Elend
Angenehm iſt? Wer wird, wenn er kann, nicht der Hoͤllen entfliehen,
Ob er dazu gleich verdammt iſt? du thaͤteſt ohnfehlbar es ſelber;
Wuͤrdeſt verwegen zu jedem Ort, von dem Elend am fernſten,
Fliehn, wo du hoffen koͤnnteſt, mit Ruhe die Quaal zu verwechſeln,
Und dein Leid zur Freude zu machen. Dies ſucht’ ich allhier auch.
Doch was wirkt dies auf dich, du kenneſt allein nur das Gute,
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