Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 1. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae. Altona, 1760.Das verlohrne Paradies. 110Der bey dem mächtigen Schrecken, so dieser Arm ihm verursacht,Noch so kürzlich gefürchtet, sein wankendes Reich zu behaupten: O dies wäre niedrig, in Wahrheit! und eine Schande, Eine noch größere Schmach, als dieser gewaltge Herabsturz. Da vermöge des Schicksals [Spaltenumbruch] r), die Stärke der Götter, ihr Wesen, 115Nicht vergehn kann; da durch die Erfahrung des wichtigen Ausgangs Wir in Waffen nicht schlechter, in Vorsicht stärker geworden; O so können wir uns mit beßrer Hoffnung entschließen, Einen ewigen Krieg mit unsern mächtigem Feinde Künftighin durch Gewalt oder List unversohnlich zu führen; 120Welcher itzt triumphirt, und übermäßig sich freuet, Daß er die Tyranney in seinem Himmel allein hat. Also sprach der rebellische Engel mit prahlenden Worten, Aber mitten in Pein. Er ward von tiefer Verzweiflung Heimlich gefoltert; Jhm gab sein frecher Gefährte die Antwort: 125Fürst und mächtiges Haupt, so mancher thronenden Mächte, Die der Seraphim Schlachthaufen sonst auf deine Befehle Jn die Felder des Krieges geführt, und mit furchtbaren Thaten, Ohne Furcht den beständigen König s) des Himmels erschrecket, Und r) Satan setzt voraus, daß die Engel durchs Schicksal, und durch ei- ne gewisse Nothwendigkeit existiren. Er will sich nicht unterwerfen, da die Engel, wie er sagt, nothwendiger weise unsterblich sind und nicht zer- nichtet werden können; da sie nun durch die Erfahrung geprüft worden, und sich schmeicheln könnten, den Krieg [Spaltenumbruch] mit mehrern Fortgang zu führen, un- geachtet des gegenwärtigen Triumphs ihres Feindes im Himmel. Newton. s) Beelzebub sagt nicht den ewigen
König, sondern bemüht sich von Got- tes immerwährender Herrschaft, so viel abzubrechen, als er nur kann, und nennt ihn allein den beständigen König, ei- nen Das verlohrne Paradies. 110Der bey dem maͤchtigen Schrecken, ſo dieſer Arm ihm verurſacht,Noch ſo kuͤrzlich gefuͤrchtet, ſein wankendes Reich zu behaupten: O dies waͤre niedrig, in Wahrheit! und eine Schande, Eine noch groͤßere Schmach, als dieſer gewaltge Herabſturz. Da vermoͤge des Schickſals [Spaltenumbruch] r), die Staͤrke der Goͤtter, ihr Weſen, 115Nicht vergehn kann; da durch die Erfahrung des wichtigen Ausgangs Wir in Waffen nicht ſchlechter, in Vorſicht ſtaͤrker geworden; O ſo koͤnnen wir uns mit beßrer Hoffnung entſchließen, Einen ewigen Krieg mit unſern maͤchtigem Feinde Kuͤnftighin durch Gewalt oder Liſt unverſohnlich zu fuͤhren; 120Welcher itzt triumphirt, und uͤbermaͤßig ſich freuet, Daß er die Tyranney in ſeinem Himmel allein hat. Alſo ſprach der rebelliſche Engel mit prahlenden Worten, Aber mitten in Pein. Er ward von tiefer Verzweiflung Heimlich gefoltert; Jhm gab ſein frecher Gefaͤhrte die Antwort: 125Fuͤrſt und maͤchtiges Haupt, ſo mancher thronenden Maͤchte, Die der Seraphim Schlachthaufen ſonſt auf deine Befehle Jn die Felder des Krieges gefuͤhrt, und mit furchtbaren Thaten, Ohne Furcht den beſtaͤndigen Koͤnig s) des Himmels erſchrecket, Und r) Satan ſetzt voraus, daß die Engel durchs Schickſal, und durch ei- ne gewiſſe Nothwendigkeit exiſtiren. Er will ſich nicht unterwerfen, da die Engel, wie er ſagt, nothwendiger weiſe unſterblich ſind und nicht zer- nichtet werden koͤnnen; da ſie nun durch die Erfahrung gepruͤft worden, und ſich ſchmeicheln koͤnnten, den Krieg [Spaltenumbruch] mit mehrern Fortgang zu fuͤhren, un- geachtet des gegenwaͤrtigen Triumphs ihres Feindes im Himmel. Newton. s) Beelzebub ſagt nicht den ewigen
Koͤnig, ſondern bemuͤht ſich von Got- tes immerwaͤhrender Herrſchaft, ſo viel abzubrechen, als er nur kann, und nennt ihn allein den beſtaͤndigen Koͤnig, ei- nen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <lg n="5"> <pb facs="#f0024" n="10"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Das verlohrne Paradies.</hi> </fw><lb/> <l><note place="left">110</note>Der bey dem maͤchtigen Schrecken, ſo dieſer Arm ihm verurſacht,</l><lb/> <l>Noch ſo kuͤrzlich gefuͤrchtet, ſein wankendes Reich zu behaupten:</l><lb/> <l>O dies waͤre niedrig, in Wahrheit! und eine Schande,</l><lb/> <l>Eine noch groͤßere Schmach, als dieſer gewaltge Herabſturz.</l><lb/> <l>Da vermoͤge des Schickſals <cb/> <note place="foot" n="r)">Satan ſetzt voraus, daß die<lb/> Engel durchs Schickſal, und durch ei-<lb/> ne gewiſſe Nothwendigkeit exiſtiren.<lb/> Er will ſich nicht unterwerfen, da die<lb/> Engel, wie er ſagt, nothwendiger<lb/> weiſe unſterblich ſind und nicht zer-<lb/> nichtet werden koͤnnen; da ſie nun durch<lb/> die Erfahrung gepruͤft worden, und<lb/> ſich ſchmeicheln koͤnnten, den Krieg<lb/><cb/> mit mehrern Fortgang zu fuͤhren, un-<lb/> geachtet des gegenwaͤrtigen Triumphs<lb/> ihres Feindes im Himmel.<lb/><hi rendition="#et"><hi rendition="#fr">Newton.</hi></hi></note>, die Staͤrke der Goͤtter, ihr Weſen,</l><lb/> <l><note place="left">115</note>Nicht vergehn kann; da durch die Erfahrung des wichtigen Ausgangs</l><lb/> <l>Wir in Waffen nicht ſchlechter, in Vorſicht ſtaͤrker geworden;</l><lb/> <l>O ſo koͤnnen wir uns mit beßrer Hoffnung entſchließen,</l><lb/> <l>Einen ewigen Krieg mit unſern maͤchtigem Feinde</l><lb/> <l>Kuͤnftighin durch Gewalt oder Liſt unverſohnlich zu fuͤhren;</l><lb/> <l><note place="left">120</note>Welcher itzt triumphirt, und uͤbermaͤßig ſich freuet,</l><lb/> <l>Daß er die Tyranney in ſeinem Himmel allein hat.</l> </lg><lb/> <lg n="6"> <l>Alſo ſprach der rebelliſche Engel mit prahlenden Worten,</l><lb/> <l>Aber mitten in Pein. Er ward von tiefer Verzweiflung</l><lb/> <l>Heimlich gefoltert; Jhm gab ſein frecher Gefaͤhrte die Antwort:</l><lb/> <l><note place="left">125</note>Fuͤrſt und maͤchtiges Haupt, ſo mancher thronenden Maͤchte,</l><lb/> <l>Die der Seraphim Schlachthaufen ſonſt auf deine Befehle</l><lb/> <l>Jn die Felder des Krieges gefuͤhrt, und mit furchtbaren Thaten,</l><lb/> <l>Ohne Furcht den beſtaͤndigen Koͤnig <note xml:id="s01" next="#s02" place="foot" n="s)">Beelzebub ſagt nicht den ewigen<lb/> Koͤnig, ſondern bemuͤht ſich von Got-<lb/> tes immerwaͤhrender Herrſchaft, ſo viel<lb/> abzubrechen, als er nur kann, und nennt<lb/> ihn allein den beſtaͤndigen Koͤnig, ei-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">nen</fw></note> des Himmels erſchrecket,</l><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Und</fw><lb/> </lg> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [10/0024]
Das verlohrne Paradies.
Der bey dem maͤchtigen Schrecken, ſo dieſer Arm ihm verurſacht,
Noch ſo kuͤrzlich gefuͤrchtet, ſein wankendes Reich zu behaupten:
O dies waͤre niedrig, in Wahrheit! und eine Schande,
Eine noch groͤßere Schmach, als dieſer gewaltge Herabſturz.
Da vermoͤge des Schickſals
r), die Staͤrke der Goͤtter, ihr Weſen,
Nicht vergehn kann; da durch die Erfahrung des wichtigen Ausgangs
Wir in Waffen nicht ſchlechter, in Vorſicht ſtaͤrker geworden;
O ſo koͤnnen wir uns mit beßrer Hoffnung entſchließen,
Einen ewigen Krieg mit unſern maͤchtigem Feinde
Kuͤnftighin durch Gewalt oder Liſt unverſohnlich zu fuͤhren;
Welcher itzt triumphirt, und uͤbermaͤßig ſich freuet,
Daß er die Tyranney in ſeinem Himmel allein hat.
Alſo ſprach der rebelliſche Engel mit prahlenden Worten,
Aber mitten in Pein. Er ward von tiefer Verzweiflung
Heimlich gefoltert; Jhm gab ſein frecher Gefaͤhrte die Antwort:
Fuͤrſt und maͤchtiges Haupt, ſo mancher thronenden Maͤchte,
Die der Seraphim Schlachthaufen ſonſt auf deine Befehle
Jn die Felder des Krieges gefuͤhrt, und mit furchtbaren Thaten,
Ohne Furcht den beſtaͤndigen Koͤnig s) des Himmels erſchrecket,
Und
r) Satan ſetzt voraus, daß die
Engel durchs Schickſal, und durch ei-
ne gewiſſe Nothwendigkeit exiſtiren.
Er will ſich nicht unterwerfen, da die
Engel, wie er ſagt, nothwendiger
weiſe unſterblich ſind und nicht zer-
nichtet werden koͤnnen; da ſie nun durch
die Erfahrung gepruͤft worden, und
ſich ſchmeicheln koͤnnten, den Krieg
mit mehrern Fortgang zu fuͤhren, un-
geachtet des gegenwaͤrtigen Triumphs
ihres Feindes im Himmel.
Newton.
s) Beelzebub ſagt nicht den ewigen
Koͤnig, ſondern bemuͤht ſich von Got-
tes immerwaͤhrender Herrſchaft, ſo viel
abzubrechen, als er nur kann, und nennt
ihn allein den beſtaͤndigen Koͤnig, ei-
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