Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 1. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae. Altona, 1760.Sechster Gesang. Gott dem Ewigseeligen dienen, und seinen Geboten,175Seinen, unsers Gehorsams so würdgen Geboten gehorchen. Aber erwarte du Strafen und Ketten, und keine Reiche Jn der Hölle! -- Von dem, der, wie du erst sagtest, geflohn war! Nimm dies indessen zum Gruß auf deinem gottlosen Helm hin. Als er noch sprach, erhub er mit seinen mächtigen Armen 180Einen verdoppelten Streich in die Höh; der Streich blieb nicht hängen, Sondern stürzte so schnell, gleich einem Wetter, auf Satans Stolzen Helm, daß kein Blick, kein schneller Gedanke, noch minder Sein gewaltiger Schild ihn aufhielt. Zehn gräßliche Schritte Wankt' er zurück, den zehnten hielt auf gebogenen Knien 185Noch sein Speer auf; als wenn auf der Erden verschlossene Winde Oder wildbrausende Wasser, die ihren Weg mit Gewalt sich Oeffnen, ein ganzes Gebirge von seiner Stelle gehoben, Halb gesunken, mit allen Fichten. Entsetzen ergriff itzt Die rebellischen Thronen, noch größere Wuth, da sie sahen, 190Daß ihr Mächtigster also besiegt war. Die unsern, voll Freuden, Machten ein siegweißagend Geschrey, voll muthgen Verlangens Nach der grimmigen Schlacht; deswegen ließ Michael alsbald Die Erzengelsposaune blasen; mit festlichem Klange Schallte sie durch die Fernen des Himmels; und laute Hosannahs 195Wurden von unsern getreuen Heeren dem Höchsten gesungen. Aber nicht müßig standen die feindlichen Legionen; Sondern huben mit scheußlicher Wuth den schrecklichen Streit an. Und nun erhub sich ein wildes Geschrey, und wüthendes Rasen, Als G g 2
Sechſter Geſang. Gott dem Ewigſeeligen dienen, und ſeinen Geboten,175Seinen, unſers Gehorſams ſo wuͤrdgen Geboten gehorchen. Aber erwarte du Strafen und Ketten, und keine Reiche Jn der Hoͤlle! — Von dem, der, wie du erſt ſagteſt, geflohn war! Nimm dies indeſſen zum Gruß auf deinem gottloſen Helm hin. Als er noch ſprach, erhub er mit ſeinen maͤchtigen Armen 180Einen verdoppelten Streich in die Hoͤh; der Streich blieb nicht haͤngen, Sondern ſtuͤrzte ſo ſchnell, gleich einem Wetter, auf Satans Stolzen Helm, daß kein Blick, kein ſchneller Gedanke, noch minder Sein gewaltiger Schild ihn aufhielt. Zehn graͤßliche Schritte Wankt’ er zuruͤck, den zehnten hielt auf gebogenen Knien 185Noch ſein Speer auf; als wenn auf der Erden verſchloſſene Winde Oder wildbrauſende Waſſer, die ihren Weg mit Gewalt ſich Oeffnen, ein ganzes Gebirge von ſeiner Stelle gehoben, Halb geſunken, mit allen Fichten. Entſetzen ergriff itzt Die rebelliſchen Thronen, noch groͤßere Wuth, da ſie ſahen, 190Daß ihr Maͤchtigſter alſo beſiegt war. Die unſern, voll Freuden, Machten ein ſiegweißagend Geſchrey, voll muthgen Verlangens Nach der grimmigen Schlacht; deswegen ließ Michael alsbald Die Erzengelspoſaune blaſen; mit feſtlichem Klange Schallte ſie durch die Fernen des Himmels; und laute Hoſannahs 195Wurden von unſern getreuen Heeren dem Hoͤchſten geſungen. Aber nicht muͤßig ſtanden die feindlichen Legionen; Sondern huben mit ſcheußlicher Wuth den ſchrecklichen Streit an. Und nun erhub ſich ein wildes Geſchrey, und wuͤthendes Raſen, Als G g 2
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Sechſter Geſang.
Gott dem Ewigſeeligen dienen, und ſeinen Geboten,
Seinen, unſers Gehorſams ſo wuͤrdgen Geboten gehorchen.
Aber erwarte du Strafen und Ketten, und keine Reiche
Jn der Hoͤlle! — Von dem, der, wie du erſt ſagteſt, geflohn war!
Nimm dies indeſſen zum Gruß auf deinem gottloſen Helm hin.
Als er noch ſprach, erhub er mit ſeinen maͤchtigen Armen
Einen verdoppelten Streich in die Hoͤh; der Streich blieb nicht haͤngen,
Sondern ſtuͤrzte ſo ſchnell, gleich einem Wetter, auf Satans
Stolzen Helm, daß kein Blick, kein ſchneller Gedanke, noch minder
Sein gewaltiger Schild ihn aufhielt. Zehn graͤßliche Schritte
Wankt’ er zuruͤck, den zehnten hielt auf gebogenen Knien
Noch ſein Speer auf; als wenn auf der Erden verſchloſſene Winde
Oder wildbrauſende Waſſer, die ihren Weg mit Gewalt ſich
Oeffnen, ein ganzes Gebirge von ſeiner Stelle gehoben,
Halb geſunken, mit allen Fichten. Entſetzen ergriff itzt
Die rebelliſchen Thronen, noch groͤßere Wuth, da ſie ſahen,
Daß ihr Maͤchtigſter alſo beſiegt war. Die unſern, voll Freuden,
Machten ein ſiegweißagend Geſchrey, voll muthgen Verlangens
Nach der grimmigen Schlacht; deswegen ließ Michael alsbald
Die Erzengelspoſaune blaſen; mit feſtlichem Klange
Schallte ſie durch die Fernen des Himmels; und laute Hoſannahs
Wurden von unſern getreuen Heeren dem Hoͤchſten geſungen.
Aber nicht muͤßig ſtanden die feindlichen Legionen;
Sondern huben mit ſcheußlicher Wuth den ſchrecklichen Streit an.
Und nun erhub ſich ein wildes Geſchrey, und wuͤthendes Raſen,
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