Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 1. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae. Altona, 1760.Das verlohrne Paradies. Aber du kömmst recht gelegen für deinen Gefährten, voll Ehrsucht150Eine Feder von mir zu gewinnen, damit, wenn dirs glückte, Du den andern den Weg zu unserm Verderben zeigtest. Aber zuvor, (der Verzug soll kurz seyn, damit du nicht rühmest, Daß ich die Antwort dir schuldig geblieben) zuvor laß dir sagen, Daß ich Anfangs geglaubt, es wäre für himmlische Seelen 155Himmel und Freyheit eins; doch seh ich nunmehr, daß die meisten Lieber aus Trägheit zu dienen geneigt sind! Sklavische Geister, Bey Gesängen und Festen erzogen; die hast du gewaffnet, Sänger und Saitenspieler des Himmels; die Knechtschaft gewaffnet, Mit der Freyheit zu streiten, wie dieser entscheidende Tag wird 160Darthun, wenn man sie beyde mit ihren Thaten vergleichet. Kurz, und mit ernster Stirn antwortet ihm Abdiel also: Abgefallner, du irrest beständig, und deines Jrrens Wirst du kein Ende finden, nachdem du vom Pfade der Wahrheit Abgewichen; mit Unrecht willst du durch den Namen der Knechtschaft 165Es erniedern, wenn diesem man dient, dem zu dienen der Schöpfer Und die Natur befiehlt. Gott und die Natur will zugleich es Wenn er, der herrscht, es am würdigsten ist, und die er beherrschet, Uebertrifft an Macht und Verdiensten. Dieses ist Knechtschaft, Dem Unweisen zu dienen, und dem, der voll Hochmuth sich auflehnt 170Wider seinen Würdgern; wie dir itzt die Deinigen dienen, Dir, der du selber nicht frey, und dein eigener Sklav bist. Und darfst doch Uns und unsern Dienst noch boshaft verspotten. Regiere Du in der Höllen in deinem Reich, und laß mich im Himmel Gott
Das verlohrne Paradies. Aber du koͤmmſt recht gelegen fuͤr deinen Gefaͤhrten, voll Ehrſucht150Eine Feder von mir zu gewinnen, damit, wenn dirs gluͤckte, Du den andern den Weg zu unſerm Verderben zeigteſt. Aber zuvor, (der Verzug ſoll kurz ſeyn, damit du nicht ruͤhmeſt, Daß ich die Antwort dir ſchuldig geblieben) zuvor laß dir ſagen, Daß ich Anfangs geglaubt, es waͤre fuͤr himmliſche Seelen 155Himmel und Freyheit eins; doch ſeh ich nunmehr, daß die meiſten Lieber aus Traͤgheit zu dienen geneigt ſind! Sklaviſche Geiſter, Bey Geſaͤngen und Feſten erzogen; die haſt du gewaffnet, Saͤnger und Saitenſpieler des Himmels; die Knechtſchaft gewaffnet, Mit der Freyheit zu ſtreiten, wie dieſer entſcheidende Tag wird 160Darthun, wenn man ſie beyde mit ihren Thaten vergleichet. Kurz, und mit ernſter Stirn antwortet ihm Abdiel alſo: Abgefallner, du irreſt beſtaͤndig, und deines Jrrens Wirſt du kein Ende finden, nachdem du vom Pfade der Wahrheit Abgewichen; mit Unrecht willſt du durch den Namen der Knechtſchaft 165Es erniedern, wenn dieſem man dient, dem zu dienen der Schoͤpfer Und die Natur befiehlt. Gott und die Natur will zugleich es Wenn er, der herrſcht, es am wuͤrdigſten iſt, und die er beherrſchet, Uebertrifft an Macht und Verdienſten. Dieſes iſt Knechtſchaft, Dem Unweiſen zu dienen, und dem, der voll Hochmuth ſich auflehnt 170Wider ſeinen Wuͤrdgern; wie dir itzt die Deinigen dienen, Dir, der du ſelber nicht frey, und dein eigener Sklav biſt. Und darfſt doch Uns und unſern Dienſt noch boshaft verſpotten. Regiere Du in der Hoͤllen in deinem Reich, und laß mich im Himmel Gott
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Das verlohrne Paradies.
Aber du koͤmmſt recht gelegen fuͤr deinen Gefaͤhrten, voll Ehrſucht
Eine Feder von mir zu gewinnen, damit, wenn dirs gluͤckte,
Du den andern den Weg zu unſerm Verderben zeigteſt.
Aber zuvor, (der Verzug ſoll kurz ſeyn, damit du nicht ruͤhmeſt,
Daß ich die Antwort dir ſchuldig geblieben) zuvor laß dir ſagen,
Daß ich Anfangs geglaubt, es waͤre fuͤr himmliſche Seelen
Himmel und Freyheit eins; doch ſeh ich nunmehr, daß die meiſten
Lieber aus Traͤgheit zu dienen geneigt ſind! Sklaviſche Geiſter,
Bey Geſaͤngen und Feſten erzogen; die haſt du gewaffnet,
Saͤnger und Saitenſpieler des Himmels; die Knechtſchaft gewaffnet,
Mit der Freyheit zu ſtreiten, wie dieſer entſcheidende Tag wird
Darthun, wenn man ſie beyde mit ihren Thaten vergleichet.
Kurz, und mit ernſter Stirn antwortet ihm Abdiel alſo:
Abgefallner, du irreſt beſtaͤndig, und deines Jrrens
Wirſt du kein Ende finden, nachdem du vom Pfade der Wahrheit
Abgewichen; mit Unrecht willſt du durch den Namen der Knechtſchaft
Es erniedern, wenn dieſem man dient, dem zu dienen der Schoͤpfer
Und die Natur befiehlt. Gott und die Natur will zugleich es
Wenn er, der herrſcht, es am wuͤrdigſten iſt, und die er beherrſchet,
Uebertrifft an Macht und Verdienſten. Dieſes iſt Knechtſchaft,
Dem Unweiſen zu dienen, und dem, der voll Hochmuth ſich auflehnt
Wider ſeinen Wuͤrdgern; wie dir itzt die Deinigen dienen,
Dir, der du ſelber nicht frey, und dein eigener Sklav biſt. Und darfſt doch
Uns und unſern Dienſt noch boshaft verſpotten. Regiere
Du in der Hoͤllen in deinem Reich, und laß mich im Himmel
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