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Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 1. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae. Altona, 1760.

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Sechster Gesang.
Er saß nieder. Und in der Versammlung stund Nisroc [Spaltenumbruch] p), der Erste
Unter den Fürsten, zunächst nach ihm auf. Er stand da, als einer,
Welcher dem grausamen Treffen nur eben entflohn war, ermattet,
Mit zerhauenen Waffen, und sprach mit umwölktem Gesichte:
435Der du von neuen Herrn uns erlöst, und zum freyen Genusse
Unseres Rechts uns geführt, gleich Göttern; wir finden für Götter
Selber es schwer; der Streit ist zu ungleich, mit ungleichen Waffen
Unter Schmerzen mit solchen zu fechten, auf welche die Schmerzen
Nichts vermögen. Aus diesem Uebel muß unser Verderben,
440Unser gänzlicher Untergang folgen. Was hilft uns die Stärke,
Wenn sie unüberwindlich auch wäre, wofern sie vom Schmerze
Unterdrückt wird, der alles besiegt, und des Mächtigsten Hand selbst
Schwach und schlaff macht. Wir könnten vielleicht in unserem Zustand
Noch die Empfindung der Lust vermissen, und ohne zu klagen
445Jn Zufriedenheit leben, durch die man am ruhigsten lebet;
Aber der Schmerz ist vollkommenes Elend, das ärgste der Uebel,
Welches, wofern es zu groß wird, die größte Gedult überwindet.
Wer uns also Waffen ersinnt, mit denen wir mächtger
Unsern noch unverwundeten Feinden zu schaden vermögen,
450Oder die wenigstens uns mit gleicher Vertheidgung bewaffnen,
Dem muß gleiches Verdienst mit unserm Befreyer gebühren [Spaltenumbruch] q).
Mit
p) Ein Götze der Assyrier, in dessen
Tempel zu Ninive Sennacherib von
seinen beyden Söhnen ermordet wur-
de. 2. Buch der Kön. XIX. 37. N.
q) Milton läßt Satan auch diesen
Vorzug erhalten.
Richardson.
Sechſter Geſang.
Er ſaß nieder. Und in der Verſammlung ſtund Nisroc [Spaltenumbruch] p), der Erſte
Unter den Fuͤrſten, zunaͤchſt nach ihm auf. Er ſtand da, als einer,
Welcher dem grauſamen Treffen nur eben entflohn war, ermattet,
Mit zerhauenen Waffen, und ſprach mit umwoͤlktem Geſichte:
435Der du von neuen Herrn uns erloͤſt, und zum freyen Genuſſe
Unſeres Rechts uns gefuͤhrt, gleich Goͤttern; wir finden fuͤr Goͤtter
Selber es ſchwer; der Streit iſt zu ungleich, mit ungleichen Waffen
Unter Schmerzen mit ſolchen zu fechten, auf welche die Schmerzen
Nichts vermoͤgen. Aus dieſem Uebel muß unſer Verderben,
440Unſer gaͤnzlicher Untergang folgen. Was hilft uns die Staͤrke,
Wenn ſie unuͤberwindlich auch waͤre, wofern ſie vom Schmerze
Unterdruͤckt wird, der alles beſiegt, und des Maͤchtigſten Hand ſelbſt
Schwach und ſchlaff macht. Wir koͤnnten vielleicht in unſerem Zuſtand
Noch die Empfindung der Luſt vermiſſen, und ohne zu klagen
445Jn Zufriedenheit leben, durch die man am ruhigſten lebet;
Aber der Schmerz iſt vollkommenes Elend, das aͤrgſte der Uebel,
Welches, wofern es zu groß wird, die groͤßte Gedult uͤberwindet.
Wer uns alſo Waffen erſinnt, mit denen wir maͤchtger
Unſern noch unverwundeten Feinden zu ſchaden vermoͤgen,
450Oder die wenigſtens uns mit gleicher Vertheidgung bewaffnen,
Dem muß gleiches Verdienſt mit unſerm Befreyer gebuͤhren [Spaltenumbruch] q).
Mit
p) Ein Goͤtze der Aſſyrier, in deſſen
Tempel zu Ninive Sennacherib von
ſeinen beyden Soͤhnen ermordet wur-
de. 2. Buch der Koͤn. XIX. 37. N.
q) Milton laͤßt Satan auch dieſen
Vorzug erhalten.
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[247/0271] Sechſter Geſang. Er ſaß nieder. Und in der Verſammlung ſtund Nisroc p), der Erſte Unter den Fuͤrſten, zunaͤchſt nach ihm auf. Er ſtand da, als einer, Welcher dem grauſamen Treffen nur eben entflohn war, ermattet, Mit zerhauenen Waffen, und ſprach mit umwoͤlktem Geſichte: Der du von neuen Herrn uns erloͤſt, und zum freyen Genuſſe Unſeres Rechts uns gefuͤhrt, gleich Goͤttern; wir finden fuͤr Goͤtter Selber es ſchwer; der Streit iſt zu ungleich, mit ungleichen Waffen Unter Schmerzen mit ſolchen zu fechten, auf welche die Schmerzen Nichts vermoͤgen. Aus dieſem Uebel muß unſer Verderben, Unſer gaͤnzlicher Untergang folgen. Was hilft uns die Staͤrke, Wenn ſie unuͤberwindlich auch waͤre, wofern ſie vom Schmerze Unterdruͤckt wird, der alles beſiegt, und des Maͤchtigſten Hand ſelbſt Schwach und ſchlaff macht. Wir koͤnnten vielleicht in unſerem Zuſtand Noch die Empfindung der Luſt vermiſſen, und ohne zu klagen Jn Zufriedenheit leben, durch die man am ruhigſten lebet; Aber der Schmerz iſt vollkommenes Elend, das aͤrgſte der Uebel, Welches, wofern es zu groß wird, die groͤßte Gedult uͤberwindet. Wer uns alſo Waffen erſinnt, mit denen wir maͤchtger Unſern noch unverwundeten Feinden zu ſchaden vermoͤgen, Oder die wenigſtens uns mit gleicher Vertheidgung bewaffnen, Dem muß gleiches Verdienſt mit unſerm Befreyer gebuͤhren q). Mit p) Ein Goͤtze der Aſſyrier, in deſſen Tempel zu Ninive Sennacherib von ſeinen beyden Soͤhnen ermordet wur- de. 2. Buch der Koͤn. XIX. 37. N. q) Milton laͤßt Satan auch dieſen Vorzug erhalten. Richardſon.

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Zitationshilfe: Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 1. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae. Altona, 1760, S. 247. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/milton_paradies01_1760/271>, abgerufen am 21.11.2024.