Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 1. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae. Altona, 1760.Zweyter Gesang. Tiefe Donner brüllen alsdann, und wüthende BlitzeMachen den Himmel ähnlich der Hölle. Und wenn's uns beliebet, Können wir nicht sein Licht nachahmen, so wie er die Nacht uns 275Nachahmt? Dieser verödete Boden hält in sich verborgen Gold und Edelgesteine; es fehlt uns an Kunst nicht, Gebäude Voller Pracht daraus zu errichten; und was kann der Himmel Mehr-uns zeigen? Denn können selbst diese schmerzende Martern, Durch die Zeit uns vielleicht zum Elemente geworden, 280Und dies stechende Feuer so sanft uns scheinen, so streng es Jtzo uns scheint; in ihre Natur kann unsre Natur dann Sich verändern, welches am meisten von Pein und von Schmerzen Alles empfindliche wegnimmt. Zu friedlichen Rathschlägen also, [Spaltenumbruch] i) Und i) Es sind verschiedne sehr feine Züge in diesen Reden der höllischen Geister, und in ihren verschiednen Bewegungsgründen, die sie anführen, und die sich vortrefflich zu jedes sei- nem Charakter schicken, ob sie gleich eigen lich von dem Hauptpunkte, der ausgemacht werden sollte, abgewichen sind; welches auch in andern Ver- sammlungen nur allzugewöhnlich ist. Satan erklärt im ersten Gesange V. 653. Keine Hoffnung bleibt übrig zum Frie- den; denn welcher von uns kann Unterwerfung sich denken! zum Kriege denn, Götter, zum Kriege Müssen wir uns entschließen, er sey nun verdeckt, oder offen. Welches von dem ganzen Heere der gefallenen Engel gebilligt und bestä- tigt ward. Diesem zufolge setzt er bey der Eröffnung des Reichstages [Spaltenumbruch] zum Hauptpunkte, der ausgemacht werden sollte, fest: Ges. II, 42. Aber ob ein offener Krieg, oder heimliche Listen Zu erwählen, kömmt itzt in Räth. -- Moloch spricht diesem Vortrage ge- mäß, und erklärt sich v. 52. Meine Meynung, ihr Götter, sie räth euch zum offenen Kriege. Belial aber räth allen Krieg ab, so- wohl verdeckt als offen, v. 188. -- -- Drum kann ich zum Kriege nicht rathen, Weder zum offenen Kriege, noch zum verdeckten etc. Mammon führt diese Bewegungs- gründe noch weiter aus, -- -- und allen Gedanken zum Kriege Laßt uns von nun an gänzlich ent- sagen -- -- Daß H
Zweyter Geſang. Tiefe Donner bruͤllen alsdann, und wuͤthende BlitzeMachen den Himmel aͤhnlich der Hoͤlle. Und wenn’s uns beliebet, Koͤnnen wir nicht ſein Licht nachahmen, ſo wie er die Nacht uns 275Nachahmt? Dieſer veroͤdete Boden haͤlt in ſich verborgen Gold und Edelgeſteine; es fehlt uns an Kunſt nicht, Gebaͤude Voller Pracht daraus zu errichten; und was kann der Himmel Mehr-uns zeigen? Denn koͤnnen ſelbſt dieſe ſchmerzende Martern, Durch die Zeit uns vielleicht zum Elemente geworden, 280Und dies ſtechende Feuer ſo ſanft uns ſcheinen, ſo ſtreng es Jtzo uns ſcheint; in ihre Natur kann unſre Natur dann Sich veraͤndern, welches am meiſten von Pein und von Schmerzen Alles empfindliche wegnimmt. Zu friedlichen Rathſchlaͤgen alſo, [Spaltenumbruch] i) Und i) Es ſind verſchiedne ſehr feine Zuͤge in dieſen Reden der hoͤlliſchen Geiſter, und in ihren verſchiednen Bewegungsgruͤnden, die ſie anfuͤhren, und die ſich vortrefflich zu jedes ſei- nem Charakter ſchicken, ob ſie gleich eigen lich von dem Hauptpunkte, der ausgemacht werden ſollte, abgewichen ſind; welches auch in andern Ver- ſammlungen nur allzugewoͤhnlich iſt. Satan erklaͤrt im erſten Geſange V. 653. Keine Hoffnung bleibt uͤbrig zum Frie- den; denn welcher von uns kann Unterwerfung ſich denken! zum Kriege denn, Goͤtter, zum Kriege Muͤſſen wir uns entſchließen, er ſey nun verdeckt, oder offen. Welches von dem ganzen Heere der gefallenen Engel gebilligt und beſtaͤ- tigt ward. Dieſem zufolge ſetzt er bey der Eroͤffnung des Reichstages [Spaltenumbruch] zum Hauptpunkte, der ausgemacht werden ſollte, feſt: Geſ. II, 42. Aber ob ein offener Krieg, oder heimliche Liſten Zu erwaͤhlen, koͤmmt itzt in Raͤth. — Moloch ſpricht dieſem Vortrage ge- maͤß, und erklaͤrt ſich v. 52. Meine Meynung, ihr Goͤtter, ſie raͤth euch zum offenen Kriege. Belial aber raͤth allen Krieg ab, ſo- wohl verdeckt als offen, v. 188. — — Drum kann ich zum Kriege nicht rathen, Weder zum offenen Kriege, noch zum verdeckten ꝛc. Mammon fuͤhrt dieſe Bewegungs- gruͤnde noch weiter aus, — — und allen Gedanken zum Kriege Laßt uns von nun an gaͤnzlich ent- ſagen — — Daß H
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <lg n="7"> <pb facs="#f0073" n="57"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Zweyter Geſang.</hi> </fw><lb/> <l>Tiefe Donner bruͤllen alsdann, und wuͤthende Blitze</l><lb/> <l>Machen den Himmel aͤhnlich der Hoͤlle. Und wenn’s uns beliebet,</l><lb/> <l>Koͤnnen wir nicht ſein Licht nachahmen, ſo wie er die Nacht uns</l><lb/> <l><note place="left">275</note>Nachahmt? Dieſer veroͤdete Boden haͤlt in ſich verborgen</l><lb/> <l>Gold und Edelgeſteine; es fehlt uns an Kunſt nicht, Gebaͤude</l><lb/> <l>Voller Pracht daraus zu errichten; und was kann der Himmel</l><lb/> <l>Mehr-uns zeigen? Denn koͤnnen ſelbſt dieſe ſchmerzende Martern,</l><lb/> <l>Durch die Zeit uns vielleicht zum Elemente geworden,</l><lb/> <l><note place="left">280</note>Und dies ſtechende Feuer ſo ſanft uns ſcheinen, ſo ſtreng es</l><lb/> <l>Jtzo uns ſcheint; in ihre Natur kann unſre Natur dann</l><lb/> <l>Sich veraͤndern, welches am meiſten von Pein und von Schmerzen</l><lb/> <l>Alles empfindliche wegnimmt. Zu friedlichen Rathſchlaͤgen alſo, <cb/> <note xml:id="a05" next="#a06" place="foot" n="i)">Es ſind verſchiedne ſehr feine<lb/> Zuͤge in dieſen Reden der hoͤlliſchen<lb/> Geiſter, und in ihren verſchiednen<lb/> Bewegungsgruͤnden, die ſie anfuͤhren,<lb/> und die ſich vortrefflich zu jedes ſei-<lb/> nem Charakter ſchicken, ob ſie gleich<lb/> eigen lich von dem Hauptpunkte, der<lb/> ausgemacht werden ſollte, abgewichen<lb/> ſind; welches auch in andern Ver-<lb/> ſammlungen nur allzugewoͤhnlich iſt.<lb/> Satan erklaͤrt im erſten Geſange<lb/> V. 653.<lb/> Keine Hoffnung bleibt uͤbrig zum Frie-<lb/><hi rendition="#et">den; denn welcher von uns kann</hi><lb/> Unterwerfung ſich denken! zum Kriege<lb/><hi rendition="#et">denn, Goͤtter, zum Kriege</hi><lb/> Muͤſſen wir uns entſchließen, er ſey<lb/><hi rendition="#et">nun verdeckt, oder offen.</hi><lb/> Welches von dem ganzen Heere der<lb/> gefallenen Engel gebilligt und beſtaͤ-<lb/> tigt ward. Dieſem zufolge ſetzt er<lb/> bey der Eroͤffnung des Reichstages<lb/><cb/> zum Hauptpunkte, der ausgemacht<lb/> werden ſollte, feſt: Geſ. <hi rendition="#aq">II,</hi> 42.<lb/> Aber ob ein offener Krieg, oder<lb/><hi rendition="#et">heimliche Liſten</hi><lb/> Zu erwaͤhlen, koͤmmt itzt in Raͤth. —<lb/> Moloch ſpricht dieſem Vortrage ge-<lb/> maͤß, und erklaͤrt ſich v. 52.<lb/> Meine Meynung, ihr Goͤtter, ſie<lb/><hi rendition="#et">raͤth euch zum offenen Kriege.</hi><lb/> Belial aber raͤth allen Krieg ab, ſo-<lb/> wohl verdeckt als offen, v. 188.<lb/> — — Drum kann ich zum Kriege<lb/><hi rendition="#et">nicht rathen,</hi><lb/> Weder zum offenen Kriege, noch<lb/><hi rendition="#et">zum verdeckten ꝛc.</hi><lb/> Mammon fuͤhrt dieſe Bewegungs-<lb/> gruͤnde noch weiter aus,<lb/> — — und allen Gedanken zum<lb/><hi rendition="#et">Kriege</hi><lb/> Laßt uns von nun an gaͤnzlich ent-<lb/><hi rendition="#et">ſagen — —</hi><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Daß</fw></note></l><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Und</fw><lb/> <fw place="bottom" type="sig">H</fw><lb/> </lg> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [57/0073]
Zweyter Geſang.
Tiefe Donner bruͤllen alsdann, und wuͤthende Blitze
Machen den Himmel aͤhnlich der Hoͤlle. Und wenn’s uns beliebet,
Koͤnnen wir nicht ſein Licht nachahmen, ſo wie er die Nacht uns
Nachahmt? Dieſer veroͤdete Boden haͤlt in ſich verborgen
Gold und Edelgeſteine; es fehlt uns an Kunſt nicht, Gebaͤude
Voller Pracht daraus zu errichten; und was kann der Himmel
Mehr-uns zeigen? Denn koͤnnen ſelbſt dieſe ſchmerzende Martern,
Durch die Zeit uns vielleicht zum Elemente geworden,
Und dies ſtechende Feuer ſo ſanft uns ſcheinen, ſo ſtreng es
Jtzo uns ſcheint; in ihre Natur kann unſre Natur dann
Sich veraͤndern, welches am meiſten von Pein und von Schmerzen
Alles empfindliche wegnimmt. Zu friedlichen Rathſchlaͤgen alſo,
i)
Und
i) Es ſind verſchiedne ſehr feine
Zuͤge in dieſen Reden der hoͤlliſchen
Geiſter, und in ihren verſchiednen
Bewegungsgruͤnden, die ſie anfuͤhren,
und die ſich vortrefflich zu jedes ſei-
nem Charakter ſchicken, ob ſie gleich
eigen lich von dem Hauptpunkte, der
ausgemacht werden ſollte, abgewichen
ſind; welches auch in andern Ver-
ſammlungen nur allzugewoͤhnlich iſt.
Satan erklaͤrt im erſten Geſange
V. 653.
Keine Hoffnung bleibt uͤbrig zum Frie-
den; denn welcher von uns kann
Unterwerfung ſich denken! zum Kriege
denn, Goͤtter, zum Kriege
Muͤſſen wir uns entſchließen, er ſey
nun verdeckt, oder offen.
Welches von dem ganzen Heere der
gefallenen Engel gebilligt und beſtaͤ-
tigt ward. Dieſem zufolge ſetzt er
bey der Eroͤffnung des Reichstages
zum Hauptpunkte, der ausgemacht
werden ſollte, feſt: Geſ. II, 42.
Aber ob ein offener Krieg, oder
heimliche Liſten
Zu erwaͤhlen, koͤmmt itzt in Raͤth. —
Moloch ſpricht dieſem Vortrage ge-
maͤß, und erklaͤrt ſich v. 52.
Meine Meynung, ihr Goͤtter, ſie
raͤth euch zum offenen Kriege.
Belial aber raͤth allen Krieg ab, ſo-
wohl verdeckt als offen, v. 188.
— — Drum kann ich zum Kriege
nicht rathen,
Weder zum offenen Kriege, noch
zum verdeckten ꝛc.
Mammon fuͤhrt dieſe Bewegungs-
gruͤnde noch weiter aus,
— — und allen Gedanken zum
Kriege
Laßt uns von nun an gaͤnzlich ent-
ſagen — —
Daß
H
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |