Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 1. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae. Altona, 1760.Das verlohrne Paradies. 590Und der Lust, und der Pein. Ein rauher befrohrener LandstrichLiegt an dem andern Ufer des Flußes; wild, finster, getroffen Von beständigen Stürmen, und Wirbelwinden, und Hagel, Welcher am festen Lande nicht schmilzt, vielmehr sich in Haufen Sammelt; gleich den Ruinen von alten verfallnen Gebäuden. 595Alles umher ist tief in Schnee und Eise vergraben, Und ein unergründlicher Schlund, dem Serbonischen Schlund gleich, [Spaltenumbruch] z) Welcher von Damiata bis zu dem alten Gebirge Casius sich erstreckt, wo ganze Heere versunken. Die versengende Luft brennt hier mit Eis [Spaltenumbruch] a), und die Kälte 600Hat die Wirkung des Feuers. Harpyenfüßige, wilde Furien schleppen hieher zu größerer Pein die Verdammten, Welche den äußersten Grad der Hitz' und der Kälte hier fühlen, Durch den Wechsel grausamer noch. Aus rasendem Feuer Schnell in Eis gestoßen, erstirbt die ätherische Wärme 605Unter dem Frost; sie schmachten darinn Perioden von Zeiten, Unbeweglich, und fest, rund eingefrohren; und werden Drauf zurück in die Flammen geworfen. Sie streichen begierig Ueber diesen Lethäischen Sund; doch nur zur Vermehrung Jhrer z) Ein See zwischen dem alten Ge- birge Casius, und Damiata, einer ägyptischen Stadt an der östlichsten Mündung des Nils. Dieser See war von allen Seiten mit Hügeln von Triebsand umgeben, welcher vom Sturm oft so dick über das Wasser gestreut wurde, daß man den See nicht vom festen Lande unterscheiden konnte, und ganze Kriegsheere darinn versanken. Herodot. B. 3. Hume. a) So sagt Virgil Georg. I. 93.
-- Boreae penetrabile frigus adurat; -- Des Nordwinds durchdrin- gende Kälte versenget. und im Buch der Weisheit XLIII. 20. 21. Wenn der kalte Nordwind we- het -- verderbt er die Gebirge, und verbrennet die Wüsten, und verdorret alles was grün ist, wie ein Feuer. N. Das verlohrne Paradies. 590Und der Luſt, und der Pein. Ein rauher befrohrener LandſtrichLiegt an dem andern Ufer des Flußes; wild, finſter, getroffen Von beſtaͤndigen Stuͤrmen, und Wirbelwinden, und Hagel, Welcher am feſten Lande nicht ſchmilzt, vielmehr ſich in Haufen Sammelt; gleich den Ruinen von alten verfallnen Gebaͤuden. 595Alles umher iſt tief in Schnee und Eiſe vergraben, Und ein unergruͤndlicher Schlund, dem Serboniſchen Schlund gleich, [Spaltenumbruch] z) Welcher von Damiata bis zu dem alten Gebirge Caſius ſich erſtreckt, wo ganze Heere verſunken. Die verſengende Luft brennt hier mit Eis [Spaltenumbruch] a), und die Kaͤlte 600Hat die Wirkung des Feuers. Harpyenfuͤßige, wilde Furien ſchleppen hieher zu groͤßerer Pein die Verdammten, Welche den aͤußerſten Grad der Hitz’ und der Kaͤlte hier fuͤhlen, Durch den Wechſel grauſamer noch. Aus raſendem Feuer Schnell in Eis geſtoßen, erſtirbt die aͤtheriſche Waͤrme 605Unter dem Froſt; ſie ſchmachten darinn Perioden von Zeiten, Unbeweglich, und feſt, rund eingefrohren; und werden Drauf zuruͤck in die Flammen geworfen. Sie ſtreichen begierig Ueber dieſen Lethaͤiſchen Sund; doch nur zur Vermehrung Jhrer z) Ein See zwiſchen dem alten Ge- birge Caſius, und Damiata, einer aͤgyptiſchen Stadt an der oͤſtlichſten Muͤndung des Nils. Dieſer See war von allen Seiten mit Huͤgeln von Triebſand umgeben, welcher vom Sturm oft ſo dick uͤber das Waſſer geſtreut wurde, daß man den See nicht vom feſten Lande unterſcheiden konnte, und ganze Kriegsheere darinn verſanken. Herodot. B. 3. Hume. a) So ſagt Virgil Georg. I. 93.
— Boreae penetrabile frigus adurat; — Des Nordwinds durchdrin- gende Kaͤlte verſenget. und im Buch der Weisheit XLIII. 20. 21. Wenn der kalte Nordwind we- het — verderbt er die Gebirge, und verbrennet die Wüſten, und verdorret alles was gruͤn iſt, wie ein Feuer. N. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <lg n="12"> <pb facs="#f0090" n="74"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Das verlohrne Paradies.</hi> </fw><lb/> <l><note place="left">590</note>Und der Luſt, und der Pein. Ein rauher befrohrener Landſtrich</l><lb/> <l>Liegt an dem andern Ufer des Flußes; wild, finſter, getroffen</l><lb/> <l>Von beſtaͤndigen Stuͤrmen, und Wirbelwinden, und Hagel,</l><lb/> <l>Welcher am feſten Lande nicht ſchmilzt, vielmehr ſich in Haufen</l><lb/> <l>Sammelt; gleich den Ruinen von alten verfallnen Gebaͤuden.</l><lb/> <l><note place="left">595</note>Alles umher iſt tief in Schnee und Eiſe vergraben,</l><lb/> <l>Und ein unergruͤndlicher Schlund, dem <hi rendition="#fr">Serboniſchen</hi> Schlund gleich, <cb/> <note place="foot" n="z)">Ein See zwiſchen dem alten Ge-<lb/> birge Caſius, und Damiata, einer<lb/> aͤgyptiſchen Stadt an der oͤſtlichſten<lb/> Muͤndung des Nils. Dieſer See<lb/> war von allen Seiten mit Huͤgeln von<lb/> Triebſand umgeben, welcher vom<lb/> Sturm oft ſo dick uͤber das Waſſer<lb/> geſtreut wurde, daß man den See<lb/> nicht vom feſten Lande unterſcheiden<lb/> konnte, und ganze Kriegsheere darinn<lb/> verſanken. Herodot. B. 3. <hi rendition="#fr">Hume.</hi></note></l><lb/> <l>Welcher von <hi rendition="#fr">Damiata</hi> bis zu dem alten Gebirge</l><lb/> <l><hi rendition="#fr">Caſius</hi> ſich erſtreckt, wo ganze Heere verſunken.</l><lb/> <l>Die verſengende Luft brennt hier mit Eis <cb/> <note place="foot" n="a)">So ſagt Virgil <hi rendition="#aq">Georg. I.</hi> 93.<lb/> — <hi rendition="#aq">Boreae penetrabile frigus<lb/><hi rendition="#et">adurat;</hi></hi><lb/> — Des Nordwinds durchdrin-<lb/><hi rendition="#et">gende Kaͤlte verſenget.</hi><lb/> und im Buch der Weisheit <hi rendition="#aq">XLIII.</hi> 20. 21.<lb/><hi rendition="#fr">Wenn der kalte Nordwind we-<lb/> het — verderbt er die Gebirge,<lb/> und verbrennet die Wüſten, und<lb/> verdorret alles was gruͤn iſt, wie<lb/> ein Feuer.</hi> N.</note>, und die Kaͤlte</l><lb/> <l><note place="left">600</note>Hat die Wirkung des Feuers. Harpyenfuͤßige, wilde</l><lb/> <l>Furien ſchleppen hieher zu groͤßerer Pein die Verdammten,</l><lb/> <l>Welche den aͤußerſten Grad der Hitz’ und der Kaͤlte hier fuͤhlen,</l><lb/> <l>Durch den Wechſel grauſamer noch. Aus raſendem Feuer</l><lb/> <l>Schnell in Eis geſtoßen, erſtirbt die aͤtheriſche Waͤrme</l><lb/> <l><note place="left">605</note>Unter dem Froſt; ſie ſchmachten darinn Perioden von Zeiten,</l><lb/> <l>Unbeweglich, und feſt, rund eingefrohren; und werden</l><lb/> <l>Drauf zuruͤck in die Flammen geworfen. Sie ſtreichen begierig</l><lb/> <l>Ueber dieſen Lethaͤiſchen Sund; doch nur zur Vermehrung</l><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Jhrer</fw><lb/> </lg> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [74/0090]
Das verlohrne Paradies.
Und der Luſt, und der Pein. Ein rauher befrohrener Landſtrich
Liegt an dem andern Ufer des Flußes; wild, finſter, getroffen
Von beſtaͤndigen Stuͤrmen, und Wirbelwinden, und Hagel,
Welcher am feſten Lande nicht ſchmilzt, vielmehr ſich in Haufen
Sammelt; gleich den Ruinen von alten verfallnen Gebaͤuden.
Alles umher iſt tief in Schnee und Eiſe vergraben,
Und ein unergruͤndlicher Schlund, dem Serboniſchen Schlund gleich,
z)
Welcher von Damiata bis zu dem alten Gebirge
Caſius ſich erſtreckt, wo ganze Heere verſunken.
Die verſengende Luft brennt hier mit Eis
a), und die Kaͤlte
Hat die Wirkung des Feuers. Harpyenfuͤßige, wilde
Furien ſchleppen hieher zu groͤßerer Pein die Verdammten,
Welche den aͤußerſten Grad der Hitz’ und der Kaͤlte hier fuͤhlen,
Durch den Wechſel grauſamer noch. Aus raſendem Feuer
Schnell in Eis geſtoßen, erſtirbt die aͤtheriſche Waͤrme
Unter dem Froſt; ſie ſchmachten darinn Perioden von Zeiten,
Unbeweglich, und feſt, rund eingefrohren; und werden
Drauf zuruͤck in die Flammen geworfen. Sie ſtreichen begierig
Ueber dieſen Lethaͤiſchen Sund; doch nur zur Vermehrung
Jhrer
z) Ein See zwiſchen dem alten Ge-
birge Caſius, und Damiata, einer
aͤgyptiſchen Stadt an der oͤſtlichſten
Muͤndung des Nils. Dieſer See
war von allen Seiten mit Huͤgeln von
Triebſand umgeben, welcher vom
Sturm oft ſo dick uͤber das Waſſer
geſtreut wurde, daß man den See
nicht vom feſten Lande unterſcheiden
konnte, und ganze Kriegsheere darinn
verſanken. Herodot. B. 3. Hume.
a) So ſagt Virgil Georg. I. 93.
— Boreae penetrabile frigus
adurat;
— Des Nordwinds durchdrin-
gende Kaͤlte verſenget.
und im Buch der Weisheit XLIII. 20. 21.
Wenn der kalte Nordwind we-
het — verderbt er die Gebirge,
und verbrennet die Wüſten, und
verdorret alles was gruͤn iſt, wie
ein Feuer. N.
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