Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 2. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae Altona, 1763.
Jhm erwiedert hierauf die schnöde blutschändrische Mutter: Füttere denn dich zuerst mit diesen Früchten und Blumen, Dann mit diesen Thieren, mit diesen Fischen, und Vögeln, 640Keinen verächtlichen Bissen, und schling unsparsam hinunter, Was nur immer die Sense der Zeit verschwendrisch dir abmäht. Jch inzwischen, ich will im Menschen und seinem Geschlechte Wohnen, und seine Gedanken, und seine Reden und Blicke, Seine Handlungen alle beflecken, und so ihn, verderbet, 645Dir zu deinem letzten und süßesten Raube bereiten. Als sie dieses gesagt, begab sich vom höllischen Paare Jedes auf seinen besonderen Weg, mit dem giftigen Vorsatz, Alles auf Erden zu zerstören, und alle Geschlechter Aller Dinge nicht länger unsterblich zu lassen, und früher 650Oder auch später sie alle dem letzten Verderben zu weihen. Als der Allmächtige dieß von seinem stralenden Thron sah, Welchen itzt ringsumher der Heiligen Schaaren umflossen: Wandt er also sein Wort zu diesen glänzenden Orden. Seht! wie diese höllischen Hunde so hitzig herannahn, 655Jene herrliche Welt zu plündern, und zu verwüsten, Die T 3
Jhm erwiedert hierauf die ſchnoͤde blutſchaͤndriſche Mutter: Fuͤttere denn dich zuerſt mit dieſen Fruͤchten und Blumen, Dann mit dieſen Thieren, mit dieſen Fiſchen, und Voͤgeln, 640Keinen veraͤchtlichen Biſſen, und ſchling unſparſam hinunter, Was nur immer die Senſe der Zeit verſchwendriſch dir abmaͤht. Jch inzwiſchen, ich will im Menſchen und ſeinem Geſchlechte Wohnen, und ſeine Gedanken, und ſeine Reden und Blicke, Seine Handlungen alle beflecken, und ſo ihn, verderbet, 645Dir zu deinem letzten und ſuͤßeſten Raube bereiten. Als ſie dieſes geſagt, begab ſich vom hoͤlliſchen Paare Jedes auf ſeinen beſonderen Weg, mit dem giftigen Vorſatz, Alles auf Erden zu zerſtoͤren, und alle Geſchlechter Aller Dinge nicht laͤnger unſterblich zu laſſen, und fruͤher 650Oder auch ſpaͤter ſie alle dem letzten Verderben zu weihen. Als der Allmaͤchtige dieß von ſeinem ſtralenden Thron ſah, Welchen itzt ringsumher der Heiligen Schaaren umfloſſen: Wandt er alſo ſein Wort zu dieſen glaͤnzenden Orden. Seht! wie dieſe hoͤlliſchen Hunde ſo hitzig herannahn, 655Jene herrliche Welt zu pluͤndern, und zu verwuͤſten, Die T 3
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Zehnter Geſang.
Wo ich den meiſten Raub, um mich zu ſaͤttigen, finde!
Hier iſt zwar ein ziemlicher Schatz von kuͤnftigen Leichen;
Aber doch ſcheint er zu klein, um dieſen Rachen zu ſtopfen,
Dieſen ſchlaffen hangenden Wanſt, der nimmer gefuͤllt wird.
Jhm erwiedert hierauf die ſchnoͤde blutſchaͤndriſche Mutter:
Fuͤttere denn dich zuerſt mit dieſen Fruͤchten und Blumen,
Dann mit dieſen Thieren, mit dieſen Fiſchen, und Voͤgeln,
Keinen veraͤchtlichen Biſſen, und ſchling unſparſam hinunter,
Was nur immer die Senſe der Zeit verſchwendriſch dir abmaͤht.
Jch inzwiſchen, ich will im Menſchen und ſeinem Geſchlechte
Wohnen, und ſeine Gedanken, und ſeine Reden und Blicke,
Seine Handlungen alle beflecken, und ſo ihn, verderbet,
Dir zu deinem letzten und ſuͤßeſten Raube bereiten.
Als ſie dieſes geſagt, begab ſich vom hoͤlliſchen Paare
Jedes auf ſeinen beſonderen Weg, mit dem giftigen Vorſatz,
Alles auf Erden zu zerſtoͤren, und alle Geſchlechter
Aller Dinge nicht laͤnger unſterblich zu laſſen, und fruͤher
Oder auch ſpaͤter ſie alle dem letzten Verderben zu weihen.
Als der Allmaͤchtige dieß von ſeinem ſtralenden Thron ſah,
Welchen itzt ringsumher der Heiligen Schaaren umfloſſen:
Wandt er alſo ſein Wort zu dieſen glaͤnzenden Orden.
Seht! wie dieſe hoͤlliſchen Hunde ſo hitzig herannahn,
Jene herrliche Welt zu pluͤndern, und zu verwuͤſten,
Die
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