Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 2. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae Altona, 1763.
Eva, erwarte nunmehr die wichtigste Nachricht! sie wird uns Unser Geschick bald näher bestimmen; vielleicht auch des Himmels Neue Gesetze, die wir erfüllen sollen, verkündgen. 240Fernher seh ich bereits aus jener funkelnden Wolke, Welche den Hügel bedeckt, vom Heere der Himmlischen Einen Zu uns eilen; nach seinem Gang erscheint er gewiß nicht So wie einer der Letzten; vielmehr der erhabensten Thronen, Und der Mächtigsten einer zu seyn; so schmücket ihn Hoheit 245Jn dem majestätischen Gang. Zwar ist er nicht schrecklich, Oder furchtbar für uns; doch auch so mild nicht, so gütig, So voll Freundschaft, wie Raphael war, um voller Vertrauen Jhm zu begegnen, so feyerlich ist sein ernsterer Anstand. Daß er sich nicht für beleidiget halte, muß ich ihm mit Ehrfurcht, 250Und voll Demuth, entgegen gehn; entferne dich, Eva! Hier beschloß er. Schon nahte sich ihm der Gesandte des Höchsten, Nicht in der himmlischerhabnen Gestalt, nein, menschlich bekleidet, Um mit Menschen zu reden. Ein kurzes Kriegergewand floß Ueber die blitzenden Waffen, in höheren Purpur getauchet, Als
Eva, erwarte nunmehr die wichtigſte Nachricht! ſie wird uns Unſer Geſchick bald naͤher beſtimmen; vielleicht auch des Himmels Neue Geſetze, die wir erfuͤllen ſollen, verkuͤndgen. 240Fernher ſeh ich bereits aus jener funkelnden Wolke, Welche den Huͤgel bedeckt, vom Heere der Himmliſchen Einen Zu uns eilen; nach ſeinem Gang erſcheint er gewiß nicht So wie einer der Letzten; vielmehr der erhabenſten Thronen, Und der Maͤchtigſten einer zu ſeyn; ſo ſchmuͤcket ihn Hoheit 245Jn dem majeſtaͤtiſchen Gang. Zwar iſt er nicht ſchrecklich, Oder furchtbar fuͤr uns; doch auch ſo mild nicht, ſo guͤtig, So voll Freundſchaft, wie Raphael war, um voller Vertrauen Jhm zu begegnen, ſo feyerlich iſt ſein ernſterer Anſtand. Daß er ſich nicht fuͤr beleidiget halte, muß ich ihm mit Ehrfurcht, 250Und voll Demuth, entgegen gehn; entferne dich, Eva! Hier beſchloß er. Schon nahte ſich ihm der Geſandte des Hoͤchſten, Nicht in der himmliſcherhabnen Geſtalt, nein, menſchlich bekleidet, Um mit Menſchen zu reden. Ein kurzes Kriegergewand floß Ueber die blitzenden Waffen, in hoͤheren Purpur getauchet, Als
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Das verlohrne Paradies.
Gegen Jſrael zog. Sogleich wies der hohe Hierarche
Seinen Engeln daſelbſt, nach ihrer glaͤnzenden Ordnung,
Jhren Poſten, und ließ durch ſie den Garten beſetzen.
Er indeß gieng ganz allein, um Adam zu finden,
Wo er ſich etwan verborgen; er ward von Adam bemerket,
Der bey der Ankunft des großen Beſuchs zu Eva ſo anhub.
Eva, erwarte nunmehr die wichtigſte Nachricht! ſie wird uns
Unſer Geſchick bald naͤher beſtimmen; vielleicht auch des Himmels
Neue Geſetze, die wir erfuͤllen ſollen, verkuͤndgen.
Fernher ſeh ich bereits aus jener funkelnden Wolke,
Welche den Huͤgel bedeckt, vom Heere der Himmliſchen Einen
Zu uns eilen; nach ſeinem Gang erſcheint er gewiß nicht
So wie einer der Letzten; vielmehr der erhabenſten Thronen,
Und der Maͤchtigſten einer zu ſeyn; ſo ſchmuͤcket ihn Hoheit
Jn dem majeſtaͤtiſchen Gang. Zwar iſt er nicht ſchrecklich,
Oder furchtbar fuͤr uns; doch auch ſo mild nicht, ſo guͤtig,
So voll Freundſchaft, wie Raphael war, um voller Vertrauen
Jhm zu begegnen, ſo feyerlich iſt ſein ernſterer Anſtand.
Daß er ſich nicht fuͤr beleidiget halte, muß ich ihm mit Ehrfurcht,
Und voll Demuth, entgegen gehn; entferne dich, Eva!
Hier beſchloß er. Schon nahte ſich ihm der Geſandte des Hoͤchſten,
Nicht in der himmliſcherhabnen Geſtalt, nein, menſchlich bekleidet,
Um mit Menſchen zu reden. Ein kurzes Kriegergewand floß
Ueber die blitzenden Waffen, in hoͤheren Purpur getauchet,
Als
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