Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 2. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae Altona, 1763.
Michael sprach: urtheile vom Besten nicht nach dem Vergnügen, Ob es gleich der Natur, und ihrer Absicht gemäß scheint. Zu viel edlerem Zweck hat dich dein Schöpfer geschaffen, Heilig und rein, und ähnlich mit seinem göttlichen Bildniß. Jene Gezelte, die du mit solchem Vergnügen betrachtet, 640Sind die verruchten Gezelte des Lasters; es wohnet darinnen Das Geschlechte von dem, der seinen Bruder erschlagen. Eifrig befleißen sie sich auf alle gefälligen Künste, Welche das Leben verschönern; Erfinder seltener Dinge, Aber uneingedenk des Schöpfers, ob sie sein Geist gleich 645Unterwiesen darinn; sie werden es niemals erkennen, Daß es Gaben des Ewigen sind. Ein schönes Geschlechte Wird indeß von ihnen erzeugt. Du sahest vorher ihn, Jenen schönen weiblichen Trupp, in blendender Schönheit, Wie Göttinnen bezaubernd, und sanft; und zierlich geschmücket, 650Aber von allem dem Guten entblößt, worinnen die Ehre, Und vor allem der Wirthschaftsruhm des Weibes bestehet; Bloß zur Wollust erzogen, und in dem feinsten Geschmacke, Zu gefallen, geübt, zu singen, zu tanzen; mit Vortheil Sich zu schmücken, die Zunge zu rollen, und Blicke zu schießen. 655Dieser edlere Stamm von Männern, welche durch Tugend Sich
Michael ſprach: urtheile vom Beſten nicht nach dem Vergnuͤgen, Ob es gleich der Natur, und ihrer Abſicht gemaͤß ſcheint. Zu viel edlerem Zweck hat dich dein Schoͤpfer geſchaffen, Heilig und rein, und aͤhnlich mit ſeinem goͤttlichen Bildniß. Jene Gezelte, die du mit ſolchem Vergnuͤgen betrachtet, 640Sind die verruchten Gezelte des Laſters; es wohnet darinnen Das Geſchlechte von dem, der ſeinen Bruder erſchlagen. Eifrig befleißen ſie ſich auf alle gefaͤlligen Kuͤnſte, Welche das Leben verſchoͤnern; Erfinder ſeltener Dinge, Aber uneingedenk des Schoͤpfers, ob ſie ſein Geiſt gleich 645Unterwieſen darinn; ſie werden es niemals erkennen, Daß es Gaben des Ewigen ſind. Ein ſchoͤnes Geſchlechte Wird indeß von ihnen erzeugt. Du ſaheſt vorher ihn, Jenen ſchoͤnen weiblichen Trupp, in blendender Schoͤnheit, Wie Goͤttinnen bezaubernd, und ſanft; und zierlich geſchmuͤcket, 650Aber von allem dem Guten entbloͤßt, worinnen die Ehre, Und vor allem der Wirthſchaftsruhm des Weibes beſtehet; Bloß zur Wolluſt erzogen, und in dem feinſten Geſchmacke, Zu gefallen, geuͤbt, zu ſingen, zu tanzen; mit Vortheil Sich zu ſchmuͤcken, die Zunge zu rollen, und Blicke zu ſchießen. 655Dieſer edlere Stamm von Maͤnnern, welche durch Tugend Sich
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Das verlohrne Paradies.
Als in den beyden vorher, die du mir zeigteſt. Jn jenen
Sah ich nichts, als Haß und Tod, und Schmerzen, noch ſchlimmer,
Als der Tod. Hier ſcheint die Natur in allem vollendet.
Michael ſprach: urtheile vom Beſten nicht nach dem Vergnuͤgen,
Ob es gleich der Natur, und ihrer Abſicht gemaͤß ſcheint.
Zu viel edlerem Zweck hat dich dein Schoͤpfer geſchaffen,
Heilig und rein, und aͤhnlich mit ſeinem goͤttlichen Bildniß.
Jene Gezelte, die du mit ſolchem Vergnuͤgen betrachtet,
Sind die verruchten Gezelte des Laſters; es wohnet darinnen
Das Geſchlechte von dem, der ſeinen Bruder erſchlagen.
Eifrig befleißen ſie ſich auf alle gefaͤlligen Kuͤnſte,
Welche das Leben verſchoͤnern; Erfinder ſeltener Dinge,
Aber uneingedenk des Schoͤpfers, ob ſie ſein Geiſt gleich
Unterwieſen darinn; ſie werden es niemals erkennen,
Daß es Gaben des Ewigen ſind. Ein ſchoͤnes Geſchlechte
Wird indeß von ihnen erzeugt. Du ſaheſt vorher ihn,
Jenen ſchoͤnen weiblichen Trupp, in blendender Schoͤnheit,
Wie Goͤttinnen bezaubernd, und ſanft; und zierlich geſchmuͤcket,
Aber von allem dem Guten entbloͤßt, worinnen die Ehre,
Und vor allem der Wirthſchaftsruhm des Weibes beſtehet;
Bloß zur Wolluſt erzogen, und in dem feinſten Geſchmacke,
Zu gefallen, geuͤbt, zu ſingen, zu tanzen; mit Vortheil
Sich zu ſchmuͤcken, die Zunge zu rollen, und Blicke zu ſchießen.
Dieſer edlere Stamm von Maͤnnern, welche durch Tugend
Sich
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