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Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 2. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae Altona, 1763.

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Das verlohrne Paradies.
Diese zweyte Quelle der Menschen, so lange die Zahl noch
15Schwach ist; und so lange das Schrecken des großen Gerichtes

Jn dem Gemüthe noch herrscht, wird Gott den Ewigen fürchten,
Und das Leben mit einiger Achtung auf alles, was billig,
Und was recht ist, führen. Sie werden allmählig sich mehren,
Werden das Erdreich bauen, und Erndten von Oel und von Weizen,
20Und von Wein einsammeln; aus ihren gesegneten Heerden

Oftmals Stier, Lamm, oder auch Widder voll Dankbarkeit opfern,
Nebst den reichlichen Opfern des Weins; an heiligen Festen
Sich ergötzen, und schuldlos so in Seegen und Freuden
Jhre Tage vollbringen, und, eingetheilet in Stämme,
25Jn Familien wohnen, von ihren Vätern beherrschet.

Vis däß einer von stolzem Gemüth, voll Ehrsucht im Herzen
Aufstehn wird. Nicht mit dem Stande der herrlichen Gleichheit,
Oder des Bruders zufrieden, wird er der obersten Herrschaft
Ueber seine Brüder sich widerrechtlich bemeistern;
30Eintracht, und das Gesetz der Natur von der Erde vertreiben,

Und die Thiere nicht jagen, vielmehr die Menschen. Unbillig
Wird er die alle mit Krieg und feindlichen Ränken vertilgen,
Die es weigern, sich ihm und seiner tyrannischen Herrschaft
Zu ergeben. Darum wird er ein gewaltiger Jäger
35Vor dem Herrn genannt; um so dem Himmel zu trotzen,
[Spaltenumbruch]
Oder
daß das große poetische Feuer nicht mehr
darinn herrscht, welches in den vorigen
Gesängen alles entflammte; welches aber
unstreitig daher kömmt, weit diese letzten
Gesänge fast ganz historisch sind, und der
großen poetischen Schönheiten nicht fähig
[Spaltenumbruch] waren, in welchen die vorigen Gesänge
schimmern. Milton bleibt aber, wie
Newton sagt, noch eben dieselbe Sonne,
ob sie gleich nicht mehr in ihrem Mittage
glänzt, sondern bey ihrem Untergange
mit sanfteren Stralen leuchtet. Z.
Das verlohrne Paradies.
Dieſe zweyte Quelle der Menſchen, ſo lange die Zahl noch
15Schwach iſt; und ſo lange das Schrecken des großen Gerichtes

Jn dem Gemuͤthe noch herrſcht, wird Gott den Ewigen fuͤrchten,
Und das Leben mit einiger Achtung auf alles, was billig,
Und was recht iſt, fuͤhren. Sie werden allmaͤhlig ſich mehren,
Werden das Erdreich bauen, und Erndten von Oel und von Weizen,
20Und von Wein einſammeln; aus ihren geſegneten Heerden

Oftmals Stier, Lamm, oder auch Widder voll Dankbarkeit opfern,
Nebſt den reichlichen Opfern des Weins; an heiligen Feſten
Sich ergoͤtzen, und ſchuldlos ſo in Seegen und Freuden
Jhre Tage vollbringen, und, eingetheilet in Staͤmme,
25Jn Familien wohnen, von ihren Vaͤtern beherrſchet.

Vis daͤß einer von ſtolzem Gemuͤth, voll Ehrſucht im Herzen
Aufſtehn wird. Nicht mit dem Stande der herrlichen Gleichheit,
Oder des Bruders zufrieden, wird er der oberſten Herrſchaft
Ueber ſeine Bruͤder ſich widerrechtlich bemeiſtern;
30Eintracht, und das Geſetz der Natur von der Erde vertreiben,

Und die Thiere nicht jagen, vielmehr die Menſchen. Unbillig
Wird er die alle mit Krieg und feindlichen Raͤnken vertilgen,
Die es weigern, ſich ihm und ſeiner tyranniſchen Herrſchaft
Zu ergeben. Darum wird er ein gewaltiger Jaͤger
35Vor dem Herrn genannt; um ſo dem Himmel zu trotzen,
[Spaltenumbruch]
Oder
daß das große poetiſche Feuer nicht mehr
darinn herrſcht, welches in den vorigen
Geſaͤngen alles entflammte; welches aber
unſtreitig daher koͤmmt, weit dieſe letzten
Geſaͤnge faſt ganz hiſtoriſch ſind, und der
großen poetiſchen Schoͤnheiten nicht faͤhig
[Spaltenumbruch] waren, in welchen die vorigen Geſaͤnge
ſchimmern. Milton bleibt aber, wie
Newton ſagt, noch eben dieſelbe Sonne,
ob ſie gleich nicht mehr in ihrem Mittage
glaͤnzt, ſondern bey ihrem Untergange
mit ſanfteren Stralen leuchtet. Z.
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[220/0246] Das verlohrne Paradies. Dieſe zweyte Quelle der Menſchen, ſo lange die Zahl noch Schwach iſt; und ſo lange das Schrecken des großen Gerichtes Jn dem Gemuͤthe noch herrſcht, wird Gott den Ewigen fuͤrchten, Und das Leben mit einiger Achtung auf alles, was billig, Und was recht iſt, fuͤhren. Sie werden allmaͤhlig ſich mehren, Werden das Erdreich bauen, und Erndten von Oel und von Weizen, Und von Wein einſammeln; aus ihren geſegneten Heerden Oftmals Stier, Lamm, oder auch Widder voll Dankbarkeit opfern, Nebſt den reichlichen Opfern des Weins; an heiligen Feſten Sich ergoͤtzen, und ſchuldlos ſo in Seegen und Freuden Jhre Tage vollbringen, und, eingetheilet in Staͤmme, Jn Familien wohnen, von ihren Vaͤtern beherrſchet. Vis daͤß einer von ſtolzem Gemuͤth, voll Ehrſucht im Herzen Aufſtehn wird. Nicht mit dem Stande der herrlichen Gleichheit, Oder des Bruders zufrieden, wird er der oberſten Herrſchaft Ueber ſeine Bruͤder ſich widerrechtlich bemeiſtern; Eintracht, und das Geſetz der Natur von der Erde vertreiben, Und die Thiere nicht jagen, vielmehr die Menſchen. Unbillig Wird er die alle mit Krieg und feindlichen Raͤnken vertilgen, Die es weigern, ſich ihm und ſeiner tyranniſchen Herrſchaft Zu ergeben. Darum wird er ein gewaltiger Jaͤger Vor dem Herrn genannt; um ſo dem Himmel zu trotzen, Oder a) a) daß das große poetiſche Feuer nicht mehr darinn herrſcht, welches in den vorigen Geſaͤngen alles entflammte; welches aber unſtreitig daher koͤmmt, weit dieſe letzten Geſaͤnge faſt ganz hiſtoriſch ſind, und der großen poetiſchen Schoͤnheiten nicht faͤhig waren, in welchen die vorigen Geſaͤnge ſchimmern. Milton bleibt aber, wie Newton ſagt, noch eben dieſelbe Sonne, ob ſie gleich nicht mehr in ihrem Mittage glaͤnzt, ſondern bey ihrem Untergange mit ſanfteren Stralen leuchtet. Z.

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Zitationshilfe: Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 2. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae Altona, 1763, S. 220. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/milton_paradies02_1763/246>, abgerufen am 23.11.2024.