Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 2. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae Altona, 1763.
Hier beschloß er. Und beyde giengen den Hügel hinunter. 635Als sie hinuntergelangt, lief Adam mit eilenden Schritten Nach der Laube voraus, wo Eva geschlummert; er fand sie Ruhiger, munter, und wach. Mit aufgeheitertem Antlitz Und nicht mehr so traurigen Worten empfieng sie ihn also [Spaltenumbruch] o) : Adam, ich weiß, woher du kömmst, wohin du zu gehn denkst 640Denn im Schlaf auch ist Gott, und auch die Träume belehren. Einen mir günstigen Traum sandt er vom Himmel hernieder, Welcher ein großes Heil mir Armen verkündigte, da mich, Von Betrübniß und Angst ermattet, ein Schlummer befallen. Doch itzt führe mich fort, ich will nicht läuger verzögern; 645Mit dir zu gehn, ist eben so gut, als wenn ich hier bliebe; Blieb ich ohne dich hier, so würd ich von Eden entfernet. Alles find ich in dir, und alle Oerter der Erden Werden mir reizend durch dich; dich, der du ob meinem Vergehen So verbannt wirst von hier. Jch trage den sicheren Trost auch 650Mit mir hinweg, daß zwar durch meine freywillige Sünde Alles o) Miltons | Gedicht schließt sich auf
eine sehr edle Art. Die letzten Reden zwischen Adam und dem Erzengel sind voll von den erhabensten Lehren und Mora- len. Der Schlaf, welcher Even befal- len, und ihr Gemüth so sehr beruhigt, bringt gleiche Berubigung in dem Herzen [Spaltenumbruch] der Leser hervor, der diese letzte Rede unsrer ersten Mutter nicht ohne ein ge- heimes Vergnügen lesen kann. Die fol- genden Verse, womit das Gedicht sich endet, steigen zu dem höchsten feurigsten Ausdrucke, und zu der erhabensten Ein- bildungskraft. Addison.
Hier beſchloß er. Und beyde giengen den Huͤgel hinunter. 635Als ſie hinuntergelangt, lief Adam mit eilenden Schritten Nach der Laube voraus, wo Eva geſchlummert; er fand ſie Ruhiger, munter, und wach. Mit aufgeheitertem Antlitz Und nicht mehr ſo traurigen Worten empfieng ſie ihn alſo [Spaltenumbruch] o) : Adam, ich weiß, woher du koͤmmſt, wohin du zu gehn denkſt 640Denn im Schlaf auch iſt Gott, und auch die Traͤume belehren. Einen mir guͤnſtigen Traum ſandt er vom Himmel hernieder, Welcher ein großes Heil mir Armen verkuͤndigte, da mich, Von Betruͤbniß und Angſt ermattet, ein Schlummer befallen. Doch itzt fuͤhre mich fort, ich will nicht laͤuger verzoͤgern; 645Mit dir zu gehn, iſt eben ſo gut, als wenn ich hier bliebe; Blieb ich ohne dich hier, ſo wuͤrd ich von Eden entfernet. Alles find ich in dir, und alle Oerter der Erden Werden mir reizend durch dich; dich, der du ob meinem Vergehen So verbannt wirſt von hier. Jch trage den ſicheren Troſt auch 650Mit mir hinweg, daß zwar durch meine freywillige Suͤnde Alles o) Miltons | Gedicht ſchließt ſich auf
eine ſehr edle Art. Die letzten Reden zwiſchen Adam und dem Erzengel ſind voll von den erhabenſten Lehren und Mora- len. Der Schlaf, welcher Even befal- len, und ihr Gemuͤth ſo ſehr beruhigt, bringt gleiche Berubigung in dem Herzen [Spaltenumbruch] der Leſer hervor, der dieſe letzte Rede unſrer erſten Mutter nicht ohne ein ge- heimes Vergnuͤgen leſen kann. Die fol- genden Verſe, womit das Gedicht ſich endet, ſteigen zu dem hoͤchſten feurigſten Ausdrucke, und zu der erhabenſten Ein- bildungskraft. Addiſon. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <lg n="15"> <l> <pb facs="#f0272" n="246"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Das verlohrne Paradies.</hi> </fw> </l><lb/> <l>Aber doch noch weit mehr durch ſeine Gnade getroͤſtet,</l><lb/> <l>Und erquicket, wenn ihr den gluͤcklichen Ausgang bedenket.</l> </lg><lb/> <lg n="16"> <l>Hier beſchloß er. Und beyde giengen den Huͤgel hinunter.<lb/><note place="left">635</note>Als ſie hinuntergelangt, lief <hi rendition="#fr">Adam</hi> mit eilenden Schritten</l><lb/> <l>Nach der Laube voraus, wo <hi rendition="#fr">Eva</hi> geſchlummert; er fand ſie</l><lb/> <l>Ruhiger, munter, und wach. Mit aufgeheitertem Antlitz</l><lb/> <l>Und nicht mehr ſo traurigen Worten empfieng ſie ihn alſo <cb/> <note place="foot" n="o)">Miltons | Gedicht ſchließt ſich auf<lb/> eine ſehr edle Art. Die letzten Reden<lb/> zwiſchen Adam und dem Erzengel ſind voll<lb/> von den erhabenſten Lehren und Mora-<lb/> len. Der Schlaf, welcher Even befal-<lb/> len, und ihr Gemuͤth ſo ſehr beruhigt,<lb/> bringt gleiche Berubigung in dem Herzen<lb/><cb/> der Leſer hervor, der dieſe letzte Rede<lb/> unſrer erſten Mutter nicht ohne ein ge-<lb/> heimes Vergnuͤgen leſen kann. Die fol-<lb/> genden Verſe, womit das Gedicht ſich<lb/> endet, ſteigen zu dem hoͤchſten feurigſten<lb/> Ausdrucke, und zu der erhabenſten Ein-<lb/> bildungskraft. <hi rendition="#fr">Addiſon.</hi></note> :</l> </lg><lb/> <lg n="17"> <l><hi rendition="#fr">Adam,</hi> ich weiß, woher du koͤmmſt, wohin du zu gehn denkſt<lb/><note place="left">640</note>Denn im Schlaf auch iſt Gott, und auch die Traͤume belehren.</l><lb/> <l>Einen mir guͤnſtigen Traum ſandt er vom Himmel hernieder,</l><lb/> <l>Welcher ein großes Heil mir Armen verkuͤndigte, da mich,</l><lb/> <l>Von Betruͤbniß und Angſt ermattet, ein Schlummer befallen.</l><lb/> <l>Doch itzt fuͤhre mich fort, ich will nicht laͤuger verzoͤgern;<lb/><note place="left">645</note>Mit dir zu gehn, iſt eben ſo gut, als wenn ich hier bliebe;</l><lb/> <l>Blieb ich ohne dich hier, ſo wuͤrd ich von Eden entfernet.</l><lb/> <l>Alles find ich in dir, und alle Oerter der Erden</l><lb/> <l>Werden mir reizend durch dich; dich, der du ob meinem Vergehen</l><lb/> <l>So verbannt wirſt von hier. Jch trage den ſicheren Troſt auch<lb/><note place="left">650</note>Mit mir hinweg, daß zwar durch meine freywillige Suͤnde<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Alles</fw><lb/></l> </lg> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [246/0272]
Das verlohrne Paradies.
Aber doch noch weit mehr durch ſeine Gnade getroͤſtet,
Und erquicket, wenn ihr den gluͤcklichen Ausgang bedenket.
Hier beſchloß er. Und beyde giengen den Huͤgel hinunter.
Als ſie hinuntergelangt, lief Adam mit eilenden Schritten
Nach der Laube voraus, wo Eva geſchlummert; er fand ſie
Ruhiger, munter, und wach. Mit aufgeheitertem Antlitz
Und nicht mehr ſo traurigen Worten empfieng ſie ihn alſo
o) :
Adam, ich weiß, woher du koͤmmſt, wohin du zu gehn denkſt
Denn im Schlaf auch iſt Gott, und auch die Traͤume belehren.
Einen mir guͤnſtigen Traum ſandt er vom Himmel hernieder,
Welcher ein großes Heil mir Armen verkuͤndigte, da mich,
Von Betruͤbniß und Angſt ermattet, ein Schlummer befallen.
Doch itzt fuͤhre mich fort, ich will nicht laͤuger verzoͤgern;
Mit dir zu gehn, iſt eben ſo gut, als wenn ich hier bliebe;
Blieb ich ohne dich hier, ſo wuͤrd ich von Eden entfernet.
Alles find ich in dir, und alle Oerter der Erden
Werden mir reizend durch dich; dich, der du ob meinem Vergehen
So verbannt wirſt von hier. Jch trage den ſicheren Troſt auch
Mit mir hinweg, daß zwar durch meine freywillige Suͤnde
Alles
o) Miltons | Gedicht ſchließt ſich auf
eine ſehr edle Art. Die letzten Reden
zwiſchen Adam und dem Erzengel ſind voll
von den erhabenſten Lehren und Mora-
len. Der Schlaf, welcher Even befal-
len, und ihr Gemuͤth ſo ſehr beruhigt,
bringt gleiche Berubigung in dem Herzen
der Leſer hervor, der dieſe letzte Rede
unſrer erſten Mutter nicht ohne ein ge-
heimes Vergnuͤgen leſen kann. Die fol-
genden Verſe, womit das Gedicht ſich
endet, ſteigen zu dem hoͤchſten feurigſten
Ausdrucke, und zu der erhabenſten Ein-
bildungskraft. Addiſon.
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