Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 2. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae Altona, 1763.
So sprach Eva, die Mutter der Menschen: Es hörte sie Adam Mit Vergnügen, doch schwieg er dazu; es stand ihm der Engel 655Jtzo zu nah. Die Cherubim zogen am anderen Berge Glänzend in Ordnung herab zu ihren Posten. Sie schlüpften Ueber dem Voden schimmernd hinweg, wie neblichte Dünste, Die am kühlenden Abend aus einem Flusse gestiegen; Ueber das sumpfichte Land sich itzo verbreiten, und leuchtend 665So entbrannt, wie die brennende Luft in Lybien senget. Unsre zaudernden Eltern nahm itzund eilig der Engel Bey der Hand, und führte sie grade zur östlichen Pforte, Und von da, nicht weniger eilig, die Klippe hinunter Nach den untenliegenden Ebnen; und plötzlich verschwand er. 670Beyde schauten zurück, und sahen die östliche Seite Dieses Gartens, worinn sie vor kurzem so glücklich gewesen, Ganz überströmt vom flammenden Schwerdt', und die östliche Pforte Dicht mit feurigen Waffen und Schreckensgestalten besetzet. Einige stille natürliche Thränen entfielen den Augen, 675Aber sie wischten sie bald von ihren Wangen. Vor ihnen Lag
So ſprach Eva, die Mutter der Menſchen: Es hoͤrte ſie Adam Mit Vergnuͤgen, doch ſchwieg er dazu; es ſtand ihm der Engel 655Jtzo zu nah. Die Cherubim zogen am anderen Berge Glaͤnzend in Ordnung herab zu ihren Poſten. Sie ſchluͤpften Ueber dem Voden ſchimmernd hinweg, wie neblichte Duͤnſte, Die am kuͤhlenden Abend aus einem Fluſſe geſtiegen; Ueber das ſumpfichte Land ſich itzo verbreiten, und leuchtend 665So entbrannt, wie die brennende Luft in Lybien ſenget. Unſre zaudernden Eltern nahm itzund eilig der Engel Bey der Hand, und fuͤhrte ſie grade zur oͤſtlichen Pforte, Und von da, nicht weniger eilig, die Klippe hinunter Nach den untenliegenden Ebnen; und ploͤtzlich verſchwand er. 670Beyde ſchauten zuruͤck, und ſahen die oͤſtliche Seite Dieſes Gartens, worinn ſie vor kurzem ſo gluͤcklich geweſen, Ganz uͤberſtroͤmt vom flammenden Schwerdt’, und die oͤſtliche Pforte Dicht mit feurigen Waffen und Schreckensgeſtalten beſetzet. Einige ſtille natuͤrliche Thraͤnen entfielen den Augen, 675Aber ſie wiſchten ſie bald von ihren Wangen. Vor ihnen Lag
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Zwoͤlfter Geſang.
Alles verlohren gegangen, der Himmel aber mich wuͤrdigt,
Daß der verheißne Saamen durch mich auch alles errettet.
So ſprach Eva, die Mutter der Menſchen: Es hoͤrte ſie Adam
Mit Vergnuͤgen, doch ſchwieg er dazu; es ſtand ihm der Engel
Jtzo zu nah. Die Cherubim zogen am anderen Berge
Glaͤnzend in Ordnung herab zu ihren Poſten. Sie ſchluͤpften
Ueber dem Voden ſchimmernd hinweg, wie neblichte Duͤnſte,
Die am kuͤhlenden Abend aus einem Fluſſe geſtiegen;
Ueber das ſumpfichte Land ſich itzo verbreiten, und leuchtend
So entbrannt, wie die brennende Luft in Lybien ſenget.
Unſre zaudernden Eltern nahm itzund eilig der Engel
Bey der Hand, und fuͤhrte ſie grade zur oͤſtlichen Pforte,
Und von da, nicht weniger eilig, die Klippe hinunter
Nach den untenliegenden Ebnen; und ploͤtzlich verſchwand er.
Beyde ſchauten zuruͤck, und ſahen die oͤſtliche Seite
Dieſes Gartens, worinn ſie vor kurzem ſo gluͤcklich geweſen,
Ganz uͤberſtroͤmt vom flammenden Schwerdt’, und die oͤſtliche Pforte
Dicht mit feurigen Waffen und Schreckensgeſtalten beſetzet.
Einige ſtille natuͤrliche Thraͤnen entfielen den Augen,
Aber ſie wiſchten ſie bald von ihren Wangen. Vor ihnen
Lag
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