Modestinus, Theophilus: Freymüthige Doch Bescheidene Unterredungen Von Kirchen- Religions- Politischen- und Natur-Sachen. Frankfurt (Main) u. a., 1737.Erkänntniß der Wahrheit zur Gottseligkeit, als die Ausbesserung des Willens und die Ausübung der Tugend betrifft. Welche wir nach denen theolo- gischen Redens-Arten die Wiedergebuhrt und die Heiligung zu nenneu pflegen. Nicander. Wegen derer Worte wollen wir nicht miteinander streiten; wo wir nur in der Sache überein kommen können: als woran Weißheit-lie- benden Gemüthern mehr als an denen, öffters nichts bedeutenden Worten, gelegen; wo man einander nur recht verstehet. Alamodan. Es ist doch besser, daß man sich sol- cher Ansdrücke bediene, welche unter denen Christen gebräuchlich, als daß man Heydnische Redens- Arten einführe. Nicander. Unser Herr Alamodan ist gleich be- sorget; man möchte der heiligen Orthodoxie etwas begeben, da es nur auf Redens-Arten ankommt; dabey dazu öffters einer des andern Sinn nicht recht verstehet, und nur um Worte, Hülsen und ledige Schalen gezancket wird. Modestin. Wir wollen denn die Schalen fahren lassen, und uns zum Kern der Sache wenden. Jch habe oben erwehnet: daß die Eigenliebe, und deren verschiedene Aeste und Ausflüsse nach denen unter- schiedenen Temperamenten und Haupt-Neigungen derer Menschen, die eigentliche Hindernisse des Wachsthums im wahren lebendigen Christen- thum, in der neuen Gebuhrt, oder in der wahren Weißheit seye. Denn diese sind bey mir gleich- gültige Worte. Ala-
Erkaͤnntniß der Wahrheit zur Gottſeligkeit, als die Ausbeſſerung des Willens und die Ausuͤbung der Tugend betrifft. Welche wir nach denen theolo- giſchen Redens-Arten die Wiedergebuhrt und die Heiligung zu nenneu pflegen. Nicander. Wegen derer Worte wollen wir nicht miteinander ſtreiten; wo wir nur in der Sache uͤberein kommen koͤnnen: als woran Weißheit-lie- benden Gemuͤthern mehr als an denen, oͤffters nichts bedeutenden Worten, gelegen; wo man einander nur recht verſtehet. Alamodan. Es iſt doch beſſer, daß man ſich ſol- cher Ansdruͤcke bediene, welche unter denen Chriſten gebraͤuchlich, als daß man Heydniſche Redens- Arten einfuͤhre. Nicander. Unſer Herr Alamodan iſt gleich be- ſorget; man moͤchte der heiligen Orthodoxie etwas begeben, da es nur auf Redens-Arten ankommt; dabey dazu oͤffters einer des andern Sinn nicht recht verſtehet, und nur um Worte, Huͤlſen und ledige Schalen gezancket wird. Modeſtin. Wir wollen denn die Schalen fahren laſſen, und uns zum Kern der Sache wenden. Jch habe oben erwehnet: daß die Eigenliebe, und deren verſchiedene Aeſte und Ausfluͤſſe nach denen unter- ſchiedenen Temperamenten und Haupt-Neigungen derer Menſchen, die eigentliche Hinderniſſe des Wachsthums im wahren lebendigen Chriſten- thum, in der neuen Gebuhrt, oder in der wahren Weißheit ſeye. Denn dieſe ſind bey mir gleich- guͤltige Worte. Ala-
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Erkaͤnntniß der Wahrheit zur Gottſeligkeit, als die
Ausbeſſerung des Willens und die Ausuͤbung der
Tugend betrifft. Welche wir nach denen theolo-
giſchen Redens-Arten die Wiedergebuhrt und die
Heiligung zu nenneu pflegen.
Nicander. Wegen derer Worte wollen wir nicht
miteinander ſtreiten; wo wir nur in der Sache
uͤberein kommen koͤnnen: als woran Weißheit-lie-
benden Gemuͤthern mehr als an denen, oͤffters nichts
bedeutenden Worten, gelegen; wo man einander
nur recht verſtehet.
Alamodan. Es iſt doch beſſer, daß man ſich ſol-
cher Ansdruͤcke bediene, welche unter denen Chriſten
gebraͤuchlich, als daß man Heydniſche Redens-
Arten einfuͤhre.
Nicander. Unſer Herr Alamodan iſt gleich be-
ſorget; man moͤchte der heiligen Orthodoxie etwas
begeben, da es nur auf Redens-Arten ankommt;
dabey dazu oͤffters einer des andern Sinn nicht recht
verſtehet, und nur um Worte, Huͤlſen und ledige
Schalen gezancket wird.
Modeſtin. Wir wollen denn die Schalen fahren
laſſen, und uns zum Kern der Sache wenden. Jch
habe oben erwehnet: daß die Eigenliebe, und deren
verſchiedene Aeſte und Ausfluͤſſe nach denen unter-
ſchiedenen Temperamenten und Haupt-Neigungen
derer Menſchen, die eigentliche Hinderniſſe des
Wachsthums im wahren lebendigen Chriſten-
thum, in der neuen Gebuhrt, oder in der wahren
Weißheit ſeye. Denn dieſe ſind bey mir gleich-
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