Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Modestinus, Theophilus: Freymüthige Doch Bescheidene Unterredungen Von Kirchen- Religions- Politischen- und Natur-Sachen. Frankfurt (Main) u. a., 1737.

Bild:
<< vorherige Seite


ches will: daß man einem andern das erweisen soll,
was man will, das einem erwiesen werde; und das
was man nicht will; auch dem andern nicht thue.
Alamodan. Es scheinet Herr Nicander seye dem
Naturalismo ziemlich geneiget. Allein wo man
damit auskommen könte, so würden die Heyden
auch bey ihrer Religion können selig werden; es
würde unsere Christliche Religion wenig Vorzug
vor andern haben; ja eine der bekanten Catholisch,
Lutherischen, Reformirten, Quackerischen, Wie-
dertäufferischen, Socinianischen u. d. g. so gut seyn
als die andere.
Nicander. Wegen des Unterscheids derer Reli-
gionen will ich mit ihme nicht streiten; als welcher
mehrentheils auf die unterschiedene Erziehung, bey-
behaltene Landes-Gewohnheiten, und mit einem
Wort auf ein Praejudicium Autoritatis ankommt.
Modestin. Jch erachte, daß hievon mit Unter-
scheid und gehöriger Bescheidenheit zu urtheilen
seye, weshalben auch oben erwehnet habe: Daß der
angeführte Fundamental-Articul einer Erleuterung
werde nöthig haben. Damit mich aber deutlich
erklären könne; werden sie mir einige Weitläuff-
tigkeit zu gut halten, und die Sachen, wie ich sie
in ihrem Zusammenhang betrachte, beliebig ver-
nehmen.
Nicander und Alamodan. Wir wollen ihn gerne
hören, und denn unsere Meinung auch sagen.
Modestin. Jch setze als ein zugegebenes Axioma
oder Grund-Satz: Daß GOtt der HErr den
Menschen zu einer ewigen Glückseligkeit geordnet;
und


ches will: daß man einem andern das erweiſen ſoll,
was man will, das einem erwieſen werde; und das
was man nicht will; auch dem andern nicht thue.
Alamodan. Es ſcheinet Herr Nicander ſeye dem
Naturalismo ziemlich geneiget. Allein wo man
damit auskommen koͤnte, ſo wuͤrden die Heyden
auch bey ihrer Religion koͤnnen ſelig werden; es
wuͤrde unſere Chriſtliche Religion wenig Vorzug
vor andern haben; ja eine der bekanten Catholiſch,
Lutheriſchen, Reformirten, Quackeriſchen, Wie-
dertaͤufferiſchen, Socinianiſchen u. d. g. ſo gut ſeyn
als die andere.
Nicander. Wegen des Unterſcheids derer Reli-
gionen will ich mit ihme nicht ſtreiten; als welcher
mehrentheils auf die unterſchiedene Erziehung, bey-
behaltene Landes-Gewohnheiten, und mit einem
Wort auf ein Præjudicium Autoritatis ankommt.
Modeſtin. Jch erachte, daß hievon mit Unter-
ſcheid und gehoͤriger Beſcheidenheit zu urtheilen
ſeye, weshalben auch oben erwehnet habe: Daß der
angefuͤhrte Fundamental-Articul einer Erleuterung
werde noͤthig haben. Damit mich aber deutlich
erklaͤren koͤnne; werden ſie mir einige Weitlaͤuff-
tigkeit zu gut halten, und die Sachen, wie ich ſie
in ihrem Zuſammenhang betrachte, beliebig ver-
nehmen.
Nicander und Alamodan. Wir wollen ihn gerne
hoͤren, und denn unſere Meinung auch ſagen.
Modeſtin. Jch ſetze als ein zugegebenes Axioma
oder Grund-Satz: Daß GOtt der HErr den
Menſchen zu einer ewigen Gluͤckſeligkeit geordnet;
und
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <sp>
          <p><pb facs="#f0012" n="6"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
ches will: daß man einem andern das erwei&#x017F;en &#x017F;oll,<lb/>
was man will, das einem erwie&#x017F;en werde; und das<lb/>
was man nicht will; auch dem andern nicht thue.</p>
        </sp><lb/>
        <sp>
          <speaker> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#i">Alamodan.</hi> </hi> </speaker>
          <p>Es &#x017F;cheinet Herr <hi rendition="#aq">Nicander</hi> &#x017F;eye dem<lb/><hi rendition="#aq">Naturalismo</hi> ziemlich geneiget. Allein wo man<lb/>
damit auskommen ko&#x0364;nte, &#x017F;o wu&#x0364;rden die Heyden<lb/>
auch bey ihrer Religion ko&#x0364;nnen &#x017F;elig werden; es<lb/>
wu&#x0364;rde un&#x017F;ere Chri&#x017F;tliche Religion wenig Vorzug<lb/>
vor andern haben; ja eine der bekanten Catholi&#x017F;ch,<lb/>
Lutheri&#x017F;chen, Reformirten, Quackeri&#x017F;chen, Wie-<lb/>
derta&#x0364;ufferi&#x017F;chen, Sociniani&#x017F;chen u. d. g. &#x017F;o gut &#x017F;eyn<lb/>
als die andere.</p>
        </sp><lb/>
        <sp>
          <speaker> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#i">Nicander.</hi> </hi> </speaker>
          <p>Wegen des Unter&#x017F;cheids derer Reli-<lb/>
gionen will ich mit ihme nicht &#x017F;treiten; als welcher<lb/>
mehrentheils auf die unter&#x017F;chiedene Erziehung, bey-<lb/>
behaltene Landes-Gewohnheiten, und mit einem<lb/>
Wort auf ein <hi rendition="#aq">Præjudicium Autoritatis</hi> ankommt.</p>
        </sp><lb/>
        <sp>
          <speaker> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#i">Mode&#x017F;tin.</hi> </hi> </speaker>
          <p>Jch erachte, daß hievon mit Unter-<lb/>
&#x017F;cheid und geho&#x0364;riger Be&#x017F;cheidenheit zu urtheilen<lb/>
&#x017F;eye, weshalben auch oben erwehnet habe: Daß der<lb/>
angefu&#x0364;hrte Fundamental-Articul einer Erleuterung<lb/>
werde no&#x0364;thig haben. Damit mich aber deutlich<lb/>
erkla&#x0364;ren ko&#x0364;nne; werden &#x017F;ie mir einige Weitla&#x0364;uff-<lb/>
tigkeit zu gut halten, und die Sachen, wie ich &#x017F;ie<lb/>
in ihrem Zu&#x017F;ammenhang betrachte, beliebig ver-<lb/>
nehmen.</p>
        </sp><lb/>
        <sp>
          <speaker><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Nicander</hi></hi> und <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Alamodan.</hi></hi></speaker>
          <p>Wir wollen ihn gerne<lb/>
ho&#x0364;ren, und denn un&#x017F;ere Meinung auch &#x017F;agen.</p>
        </sp><lb/>
        <sp>
          <speaker> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#i">Mode&#x017F;tin.</hi> </hi> </speaker>
          <p>Jch &#x017F;etze als ein zugegebenes <hi rendition="#aq">Axioma</hi><lb/>
oder Grund-Satz: Daß GOtt der HErr den<lb/>
Men&#x017F;chen zu einer ewigen Glu&#x0364;ck&#x017F;eligkeit geordnet;<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">und</fw><lb/></p>
        </sp>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[6/0012] ches will: daß man einem andern das erweiſen ſoll, was man will, das einem erwieſen werde; und das was man nicht will; auch dem andern nicht thue. Alamodan. Es ſcheinet Herr Nicander ſeye dem Naturalismo ziemlich geneiget. Allein wo man damit auskommen koͤnte, ſo wuͤrden die Heyden auch bey ihrer Religion koͤnnen ſelig werden; es wuͤrde unſere Chriſtliche Religion wenig Vorzug vor andern haben; ja eine der bekanten Catholiſch, Lutheriſchen, Reformirten, Quackeriſchen, Wie- dertaͤufferiſchen, Socinianiſchen u. d. g. ſo gut ſeyn als die andere. Nicander. Wegen des Unterſcheids derer Reli- gionen will ich mit ihme nicht ſtreiten; als welcher mehrentheils auf die unterſchiedene Erziehung, bey- behaltene Landes-Gewohnheiten, und mit einem Wort auf ein Præjudicium Autoritatis ankommt. Modeſtin. Jch erachte, daß hievon mit Unter- ſcheid und gehoͤriger Beſcheidenheit zu urtheilen ſeye, weshalben auch oben erwehnet habe: Daß der angefuͤhrte Fundamental-Articul einer Erleuterung werde noͤthig haben. Damit mich aber deutlich erklaͤren koͤnne; werden ſie mir einige Weitlaͤuff- tigkeit zu gut halten, und die Sachen, wie ich ſie in ihrem Zuſammenhang betrachte, beliebig ver- nehmen. Nicander und Alamodan. Wir wollen ihn gerne hoͤren, und denn unſere Meinung auch ſagen. Modeſtin. Jch ſetze als ein zugegebenes Axioma oder Grund-Satz: Daß GOtt der HErr den Menſchen zu einer ewigen Gluͤckſeligkeit geordnet; und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/modestinus_unterredungen_1737
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/modestinus_unterredungen_1737/12
Zitationshilfe: Modestinus, Theophilus: Freymüthige Doch Bescheidene Unterredungen Von Kirchen- Religions- Politischen- und Natur-Sachen. Frankfurt (Main) u. a., 1737. , S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/modestinus_unterredungen_1737/12>, abgerufen am 03.12.2024.