Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Mörike, Eduard: Gedichte. Stuttgart, 1838.

Bild:
<< vorherige Seite
Storchenbotschaft.
Des Schäfers sein Haus und das steht auf zwei Rad,
Steht hoch auf der Heiden, so frühe, wie spat.
Und wenn nur ein Mancher so'n Nachtquartier hätt'!
Ein Schäfer tauscht nicht mit dem König sein Bett.
Und käm' ihm zu Nacht auch was Seltsames vor,
Er betet sein Sprüchel und legt sich auf's Ohr,
Ein Geistlein, ein Hexlein, so lustige Wicht',
Sie klopfen ihm wohl, doch er antwortet nicht.
Einmal doch, da ward es ihm wirklich zu bunt,
Es knopert am Laden, es winselt der Hund,
Nun ziehet mein Schäfer den Riegel -- ei schau!
Da stehen zwei Störche, der Mann und die Frau.
Das Pärchen, es machet ein schön Kompliment,
Es möchte gern reden, ach, wenn es nur könnt'!
Was will mir das Ziefer? ist so was erhört?
Doch ist mir wohl fröhliche Botschaft bescheert.
Ihr seyd wohl dahinten zu Hause am Rhein?
Ihr habt wohl mein Mädel gebissen in's Bein?
Nun weinet das Kind und die Mutter noch mehr,
Sie wünschet den Herzallerliebsten sich her?
Storchenbotſchaft.
Des Schaͤfers ſein Haus und das ſteht auf zwei Rad,
Steht hoch auf der Heiden, ſo fruͤhe, wie ſpat.
Und wenn nur ein Mancher ſo'n Nachtquartier haͤtt'!
Ein Schaͤfer tauſcht nicht mit dem Koͤnig ſein Bett.
Und kaͤm' ihm zu Nacht auch was Seltſames vor,
Er betet ſein Spruͤchel und legt ſich auf's Ohr,
Ein Geiſtlein, ein Hexlein, ſo luſtige Wicht',
Sie klopfen ihm wohl, doch er antwortet nicht.
Einmal doch, da ward es ihm wirklich zu bunt,
Es knopert am Laden, es winſelt der Hund,
Nun ziehet mein Schaͤfer den Riegel — ei ſchau!
Da ſtehen zwei Stoͤrche, der Mann und die Frau.
Das Paͤrchen, es machet ein ſchoͤn Kompliment,
Es moͤchte gern reden, ach, wenn es nur koͤnnt'!
Was will mir das Ziefer? iſt ſo was erhoͤrt?
Doch iſt mir wohl froͤhliche Botſchaft beſcheert.
Ihr ſeyd wohl dahinten zu Hauſe am Rhein?
Ihr habt wohl mein Maͤdel gebiſſen in's Bein?
Nun weinet das Kind und die Mutter noch mehr,
Sie wuͤnſchet den Herzallerliebſten ſich her?
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0040" n="24"/>
      </div>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b">Storchenbot&#x017F;chaft.</hi><lb/>
        </head>
        <lg type="poem">
          <lg n="1">
            <l>Des Scha&#x0364;fers &#x017F;ein Haus und das &#x017F;teht auf zwei Rad,</l><lb/>
            <l>Steht hoch auf der Heiden, &#x017F;o fru&#x0364;he, wie &#x017F;pat.</l><lb/>
            <l>Und wenn nur ein Mancher &#x017F;o'n Nachtquartier ha&#x0364;tt'!</l><lb/>
            <l>Ein Scha&#x0364;fer tau&#x017F;cht nicht mit dem Ko&#x0364;nig &#x017F;ein Bett.</l><lb/>
          </lg>
          <lg n="2">
            <l>Und ka&#x0364;m' ihm zu Nacht auch was Selt&#x017F;ames vor,</l><lb/>
            <l>Er betet &#x017F;ein Spru&#x0364;chel und legt &#x017F;ich auf's Ohr,</l><lb/>
            <l>Ein Gei&#x017F;tlein, ein Hexlein, &#x017F;o lu&#x017F;tige Wicht',</l><lb/>
            <l>Sie klopfen ihm wohl, doch er antwortet nicht.</l><lb/>
          </lg>
          <lg n="3">
            <l>Einmal doch, da ward es ihm wirklich zu bunt,</l><lb/>
            <l>Es knopert am Laden, es win&#x017F;elt der Hund,</l><lb/>
            <l>Nun ziehet mein Scha&#x0364;fer den Riegel &#x2014; ei &#x017F;chau!</l><lb/>
            <l>Da &#x017F;tehen zwei Sto&#x0364;rche, der Mann und die Frau.</l><lb/>
          </lg>
          <lg n="4">
            <l>Das Pa&#x0364;rchen, es machet ein &#x017F;cho&#x0364;n Kompliment,</l><lb/>
            <l>Es mo&#x0364;chte gern reden, ach, wenn es nur ko&#x0364;nnt'!</l><lb/>
            <l>Was will mir das Ziefer? i&#x017F;t &#x017F;o was erho&#x0364;rt?</l><lb/>
            <l>Doch i&#x017F;t mir wohl fro&#x0364;hliche Bot&#x017F;chaft be&#x017F;cheert.</l><lb/>
          </lg>
          <lg n="5">
            <l>Ihr &#x017F;eyd wohl dahinten zu Hau&#x017F;e am Rhein?</l><lb/>
            <l>Ihr habt wohl mein Ma&#x0364;del gebi&#x017F;&#x017F;en in's Bein?</l><lb/>
            <l>Nun weinet das Kind und die Mutter noch mehr,</l><lb/>
            <l>Sie wu&#x0364;n&#x017F;chet den Herzallerlieb&#x017F;ten &#x017F;ich her?</l><lb/>
          </lg>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[24/0040] Storchenbotſchaft. Des Schaͤfers ſein Haus und das ſteht auf zwei Rad, Steht hoch auf der Heiden, ſo fruͤhe, wie ſpat. Und wenn nur ein Mancher ſo'n Nachtquartier haͤtt'! Ein Schaͤfer tauſcht nicht mit dem Koͤnig ſein Bett. Und kaͤm' ihm zu Nacht auch was Seltſames vor, Er betet ſein Spruͤchel und legt ſich auf's Ohr, Ein Geiſtlein, ein Hexlein, ſo luſtige Wicht', Sie klopfen ihm wohl, doch er antwortet nicht. Einmal doch, da ward es ihm wirklich zu bunt, Es knopert am Laden, es winſelt der Hund, Nun ziehet mein Schaͤfer den Riegel — ei ſchau! Da ſtehen zwei Stoͤrche, der Mann und die Frau. Das Paͤrchen, es machet ein ſchoͤn Kompliment, Es moͤchte gern reden, ach, wenn es nur koͤnnt'! Was will mir das Ziefer? iſt ſo was erhoͤrt? Doch iſt mir wohl froͤhliche Botſchaft beſcheert. Ihr ſeyd wohl dahinten zu Hauſe am Rhein? Ihr habt wohl mein Maͤdel gebiſſen in's Bein? Nun weinet das Kind und die Mutter noch mehr, Sie wuͤnſchet den Herzallerliebſten ſich her?

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_gedichte_1838
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_gedichte_1838/40
Zitationshilfe: Mörike, Eduard: Gedichte. Stuttgart, 1838, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_gedichte_1838/40>, abgerufen am 23.11.2024.