Mörike, Eduard: Gedichte. Stuttgart, 1838.Des Schlossküpers Geister zu Tübingen. Ballade, beim Weine zu singen. In's alten Schloßwirths Garten Da klingt schon viele Jahr kein Glas, Kein Kegel fällt, keine Karten, Wächst aber schön lang Gras. Ich mutterseelalleine Sazt' mich an einen langen Tisch; Der Schloßwirth regt die Beine, Vom Rothen bringt er frisch. Und läßt sich zu mir nieder; Von alten Zeiten red't man viel, Man seufzet hin und wieder; Der Schöpplein wird kein Ziel. Da nun der Tag gegangen, Der Schloßwirth sagt kein Wörtlein mehr; Neun Lichter thät er langen, Neun Stühle sezt er her. Als wie zum größten Feste
Auftischt er, daß die Tafel kracht: Was kämen noch für Gäste? Ist doch schier Mitternacht! Des Schloſsküpers Geiſter zu Tübingen. Ballade, beim Weine zu ſingen. In's alten Schloßwirths Garten Da klingt ſchon viele Jahr kein Glas, Kein Kegel faͤllt, keine Karten, Waͤchst aber ſchoͤn lang Gras. Ich mutterſeelalleine Sazt' mich an einen langen Tiſch; Der Schloßwirth regt die Beine, Vom Rothen bringt er friſch. Und laͤßt ſich zu mir nieder; Von alten Zeiten red't man viel, Man ſeufzet hin und wieder; Der Schoͤpplein wird kein Ziel. Da nun der Tag gegangen, Der Schloßwirth ſagt kein Woͤrtlein mehr; Neun Lichter thaͤt er langen, Neun Stuͤhle ſezt er her. Als wie zum groͤßten Feſte
Auftiſcht er, daß die Tafel kracht: Was kaͤmen noch fuͤr Gaͤſte? Iſt doch ſchier Mitternacht! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0096" n="80"/> </div> <div n="1"> <head> <hi rendition="#b">Des Schloſsküpers Geiſter zu Tübingen.</hi><lb/> </head> <p rendition="#c">Ballade, beim Weine zu ſingen.</p><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l><hi rendition="#in">I</hi>n's alten Schloßwirths Garten</l><lb/> <l>Da klingt ſchon viele Jahr kein Glas,</l><lb/> <l>Kein Kegel faͤllt, keine Karten,</l><lb/> <l>Waͤchst aber ſchoͤn lang Gras.</l><lb/> </lg> <lg n="2"> <l>Ich mutterſeelalleine</l><lb/> <l>Sazt' mich an einen langen Tiſch;</l><lb/> <l>Der Schloßwirth regt die Beine,</l><lb/> <l>Vom Rothen bringt er friſch.</l><lb/> </lg> <lg n="3"> <l>Und laͤßt ſich zu mir nieder;</l><lb/> <l>Von alten Zeiten red't man viel,</l><lb/> <l>Man ſeufzet hin und wieder;</l><lb/> <l>Der Schoͤpplein wird kein Ziel.</l><lb/> </lg> <lg n="4"> <l>Da nun der Tag gegangen,</l><lb/> <l>Der Schloßwirth ſagt kein Woͤrtlein mehr;</l><lb/> <l>Neun Lichter thaͤt er langen,</l><lb/> <l>Neun Stuͤhle ſezt er her.</l><lb/> </lg> <lg n="5"> <l>Als wie zum groͤßten Feſte</l><lb/> <l>Auftiſcht er, daß die Tafel kracht:</l><lb/> <l>Was kaͤmen noch fuͤr Gaͤſte?</l><lb/> <l>Iſt doch ſchier Mitternacht!</l><lb/> </lg> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [80/0096]
Des Schloſsküpers Geiſter zu Tübingen.
Ballade, beim Weine zu ſingen.
In's alten Schloßwirths Garten
Da klingt ſchon viele Jahr kein Glas,
Kein Kegel faͤllt, keine Karten,
Waͤchst aber ſchoͤn lang Gras.
Ich mutterſeelalleine
Sazt' mich an einen langen Tiſch;
Der Schloßwirth regt die Beine,
Vom Rothen bringt er friſch.
Und laͤßt ſich zu mir nieder;
Von alten Zeiten red't man viel,
Man ſeufzet hin und wieder;
Der Schoͤpplein wird kein Ziel.
Da nun der Tag gegangen,
Der Schloßwirth ſagt kein Woͤrtlein mehr;
Neun Lichter thaͤt er langen,
Neun Stuͤhle ſezt er her.
Als wie zum groͤßten Feſte
Auftiſcht er, daß die Tafel kracht:
Was kaͤmen noch fuͤr Gaͤſte?
Iſt doch ſchier Mitternacht!
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