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Mörike, Eduard: Mozart auf der Reise nach Prag. Stuttgart u. a., 1856.

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seines Todfeinds, von Mozart dirigirt! -- Da müssen
Sie schon drein! rief er gleich in der ersten Viertel¬
stunde, und wär's auch nur, daß Sie den Wienern
sagen können, ob ich dem Knaben Absalon ein Här¬
chen krümmen ließ. Ich wünschte, er wär' selbst
dabei, der Erzneidhammel sollte sehen, daß ich nicht
nöthig hab', einem andern sein Zeug zu verhunzen,
damit ich immerfort der bleiben möge, der ich bin!"

"Brava! bravissima!" rief Mozart überlaut und
nahm sein Weibchen bei den Ohren, verküßte, herzte,
kitzelte sie, so daß sich dieses Spiel mit bunten Sei¬
fenblasen einer erträumten Zukunft, die leider niemals,
auch nicht im bescheidensten Maße, erfüllt werden
sollte, zuletzt in hellen Muthwillen, Lärm und Ge¬
lächter auflöste.

Sie waren unterdessen längst in's Thal herab
gekommen und näherten sich einem Dorf, das ihnen
bereits auf der Höhe bemerklich gewesen und hinter
welchem sich unmittelbar ein kleines Schloß von mo¬
dernem Ansehen, der Wohnsitz eines Grafen von
Schinzberg, in der freundlichen Ebene zeigte. Es
sollte in dem Ort gefüttert, gerastet und Mittag ge¬
halten werden. Der Gasthof, wo sie hielten, lag
vereinzelt am Ende des Dorfs bei der Straße, von

ſeines Todfeinds, von Mozart dirigirt! — Da müſſen
Sie ſchon drein! rief er gleich in der erſten Viertel¬
ſtunde, und wär's auch nur, daß Sie den Wienern
ſagen können, ob ich dem Knaben Abſalon ein Här¬
chen krümmen ließ. Ich wünſchte, er wär' ſelbſt
dabei, der Erzneidhammel ſollte ſehen, daß ich nicht
nöthig hab', einem andern ſein Zeug zu verhunzen,
damit ich immerfort der bleiben möge, der ich bin!“

„Brava! bravissima!“ rief Mozart überlaut und
nahm ſein Weibchen bei den Ohren, verküßte, herzte,
kitzelte ſie, ſo daß ſich dieſes Spiel mit bunten Sei¬
fenblaſen einer erträumten Zukunft, die leider niemals,
auch nicht im beſcheidenſten Maße, erfüllt werden
ſollte, zuletzt in hellen Muthwillen, Lärm und Ge¬
lächter auflöste.

Sie waren unterdeſſen längſt in's Thal herab
gekommen und näherten ſich einem Dorf, das ihnen
bereits auf der Höhe bemerklich geweſen und hinter
welchem ſich unmittelbar ein kleines Schloß von mo¬
dernem Anſehen, der Wohnſitz eines Grafen von
Schinzberg, in der freundlichen Ebene zeigte. Es
ſollte in dem Ort gefüttert, geraſtet und Mittag ge¬
halten werden. Der Gaſthof, wo ſie hielten, lag
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[25/0037] ſeines Todfeinds, von Mozart dirigirt! — Da müſſen Sie ſchon drein! rief er gleich in der erſten Viertel¬ ſtunde, und wär's auch nur, daß Sie den Wienern ſagen können, ob ich dem Knaben Abſalon ein Här¬ chen krümmen ließ. Ich wünſchte, er wär' ſelbſt dabei, der Erzneidhammel ſollte ſehen, daß ich nicht nöthig hab', einem andern ſein Zeug zu verhunzen, damit ich immerfort der bleiben möge, der ich bin!“ „Brava! bravissima!“ rief Mozart überlaut und nahm ſein Weibchen bei den Ohren, verküßte, herzte, kitzelte ſie, ſo daß ſich dieſes Spiel mit bunten Sei¬ fenblaſen einer erträumten Zukunft, die leider niemals, auch nicht im beſcheidenſten Maße, erfüllt werden ſollte, zuletzt in hellen Muthwillen, Lärm und Ge¬ lächter auflöste. Sie waren unterdeſſen längſt in's Thal herab gekommen und näherten ſich einem Dorf, das ihnen bereits auf der Höhe bemerklich geweſen und hinter welchem ſich unmittelbar ein kleines Schloß von mo¬ dernem Anſehen, der Wohnſitz eines Grafen von Schinzberg, in der freundlichen Ebene zeigte. Es ſollte in dem Ort gefüttert, geraſtet und Mittag ge¬ halten werden. Der Gaſthof, wo ſie hielten, lag vereinzelt am Ende des Dorfs bei der Straße, von

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Zitationshilfe: Mörike, Eduard: Mozart auf der Reise nach Prag. Stuttgart u. a., 1856, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_mozart_1856/37>, abgerufen am 21.11.2024.