Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Mörike, Eduard: Mozart auf der Reise nach Prag. Stuttgart u. a., 1856.

Bild:
<< vorherige Seite

gleich Anfangs einige mal von weitem und jetzt nur
immer näher und muthwilliger auf Mozarts Garten¬
abenteuer anspielte, so daß die einen heimlich lächel¬
ten, die andern sich umsonst den Kopf zerbrachen,
was er denn meine, so ging unser Freund mit der
Sprache heraus.

"Ich will in Gottes Namen beichten," fing er
an, "auf was Art mir eigentlich die Ehre der Be¬
kanntschaft in diesem edlen Haus geworden ist. Ich
spiele dabei nicht die würdigste Rolle, und um ein
Haar, so säß' ich jetzt, statt hier vergnügt zu tafeln,
in einem abgelegenen Arrestantenwinkel des gräflichen
Schlosses und könnte mir mit leerem Magen die
Spinneweben an der Wand herum betrachten."

"Nun ja!" rief Madame Mozart, "da werd' ich
schöne Dinge hören."

Ausführlich nun beschrieb er erst, wie er im
weißen Roß seine Frau zurück gelassen, die Promenade
in den Park, den Unstern in der Laube, den Handel
mit der Gartenpolizei, kurz, ungefähr was wir schon
wissen, gab er alles mit größter Treuherzigkeit und
zum höchsten Ergötzen der Zuhörer preis. Das Lachen
wollte fast kein Ende nehmen; selbst die gemäßigte
Eugenie enthielt sich nicht, es schüttelte sie ordentlich.

gleich Anfangs einige mal von weitem und jetzt nur
immer näher und muthwilliger auf Mozarts Garten¬
abenteuer anſpielte, ſo daß die einen heimlich lächel¬
ten, die andern ſich umſonſt den Kopf zerbrachen,
was er denn meine, ſo ging unſer Freund mit der
Sprache heraus.

„Ich will in Gottes Namen beichten,“ fing er
an, „auf was Art mir eigentlich die Ehre der Be¬
kanntſchaft in dieſem edlen Haus geworden iſt. Ich
ſpiele dabei nicht die würdigſte Rolle, und um ein
Haar, ſo ſäß' ich jetzt, ſtatt hier vergnügt zu tafeln,
in einem abgelegenen Arreſtantenwinkel des gräflichen
Schloſſes und könnte mir mit leerem Magen die
Spinneweben an der Wand herum betrachten.“

„Nun ja!“ rief Madame Mozart, „da werd' ich
ſchöne Dinge hören.“

Ausführlich nun beſchrieb er erſt, wie er im
weißen Roß ſeine Frau zurück gelaſſen, die Promenade
in den Park, den Unſtern in der Laube, den Handel
mit der Gartenpolizei, kurz, ungefähr was wir ſchon
wiſſen, gab er alles mit größter Treuherzigkeit und
zum höchſten Ergötzen der Zuhörer preis. Das Lachen
wollte faſt kein Ende nehmen; ſelbſt die gemäßigte
Eugenie enthielt ſich nicht, es ſchüttelte ſie ordentlich.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <p><pb facs="#f0057" n="45"/>
gleich Anfangs einige mal von weitem und jetzt nur<lb/>
immer näher und muthwilliger auf Mozarts Garten¬<lb/>
abenteuer an&#x017F;pielte, &#x017F;o daß die einen heimlich lächel¬<lb/>
ten, die andern &#x017F;ich um&#x017F;on&#x017F;t den Kopf zerbrachen,<lb/>
was er denn meine, &#x017F;o ging un&#x017F;er Freund mit der<lb/>
Sprache heraus.</p><lb/>
      <p>&#x201E;Ich will in Gottes Namen beichten,&#x201C; fing er<lb/>
an, &#x201E;auf was Art mir eigentlich die Ehre der Be¬<lb/>
kannt&#x017F;chaft in die&#x017F;em edlen Haus geworden i&#x017F;t. Ich<lb/>
&#x017F;piele dabei nicht die würdig&#x017F;te Rolle, und um ein<lb/>
Haar, &#x017F;o &#x017F;äß' ich jetzt, &#x017F;tatt hier vergnügt zu tafeln,<lb/>
in einem abgelegenen Arre&#x017F;tantenwinkel des gräflichen<lb/>
Schlo&#x017F;&#x017F;es und könnte mir mit leerem Magen die<lb/>
Spinneweben an der Wand herum betrachten.&#x201C;</p><lb/>
      <p>&#x201E;Nun ja!&#x201C; rief Madame Mozart, &#x201E;da werd' ich<lb/>
&#x017F;chöne Dinge hören.&#x201C;</p><lb/>
      <p>Ausführlich nun be&#x017F;chrieb er er&#x017F;t, wie er im<lb/>
weißen Roß &#x017F;eine Frau zurück gela&#x017F;&#x017F;en, die Promenade<lb/>
in den Park, den Un&#x017F;tern in der Laube, den Handel<lb/>
mit der Gartenpolizei, kurz, ungefähr was wir &#x017F;chon<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;en, gab er alles mit größter Treuherzigkeit und<lb/>
zum höch&#x017F;ten Ergötzen der Zuhörer preis. Das Lachen<lb/>
wollte fa&#x017F;t kein Ende nehmen; &#x017F;elb&#x017F;t die gemäßigte<lb/>
Eugenie enthielt &#x017F;ich nicht, es &#x017F;chüttelte &#x017F;ie ordentlich.</p><lb/>
    </body>
  </text>
</TEI>
[45/0057] gleich Anfangs einige mal von weitem und jetzt nur immer näher und muthwilliger auf Mozarts Garten¬ abenteuer anſpielte, ſo daß die einen heimlich lächel¬ ten, die andern ſich umſonſt den Kopf zerbrachen, was er denn meine, ſo ging unſer Freund mit der Sprache heraus. „Ich will in Gottes Namen beichten,“ fing er an, „auf was Art mir eigentlich die Ehre der Be¬ kanntſchaft in dieſem edlen Haus geworden iſt. Ich ſpiele dabei nicht die würdigſte Rolle, und um ein Haar, ſo ſäß' ich jetzt, ſtatt hier vergnügt zu tafeln, in einem abgelegenen Arreſtantenwinkel des gräflichen Schloſſes und könnte mir mit leerem Magen die Spinneweben an der Wand herum betrachten.“ „Nun ja!“ rief Madame Mozart, „da werd' ich ſchöne Dinge hören.“ Ausführlich nun beſchrieb er erſt, wie er im weißen Roß ſeine Frau zurück gelaſſen, die Promenade in den Park, den Unſtern in der Laube, den Handel mit der Gartenpolizei, kurz, ungefähr was wir ſchon wiſſen, gab er alles mit größter Treuherzigkeit und zum höchſten Ergötzen der Zuhörer preis. Das Lachen wollte faſt kein Ende nehmen; ſelbſt die gemäßigte Eugenie enthielt ſich nicht, es ſchüttelte ſie ordentlich.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_mozart_1856
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_mozart_1856/57
Zitationshilfe: Mörike, Eduard: Mozart auf der Reise nach Prag. Stuttgart u. a., 1856, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_mozart_1856/57>, abgerufen am 23.11.2024.