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Mörike, Eduard: Mozart auf der Reise nach Prag. Stuttgart u. a., 1856.

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"Es sind nun siebzehn Jahre her, daß ich Italien
sah. Wer, der es einmal sah, insonderheit Neapel,
denkt nicht sein Lebenlang daran, und wär' er auch,
wie ich, noch halb in Kinderschuhen gesteckt! So
lebhaft aber wie heut in Ihrem Garten war mir der
letzte schöne Abend am Golf kaum jemals wieder auf¬
gegangen. Wenn ich die Augen schloß -- ganz deut¬
lich, klar und hell, den letzten Schleier von sich hau¬
chend, lag die himmlische Gegend vor mir verbreitet!
Meer und Gestade, Berg und Stadt, die bunte
Menschenmenge an dem Ufer hin, und dann das
wundersame Spiel der Bälle durcheinander! Ich
glaubte wieder dieselbe Musik in den Ohren zu haben,
ein ganzer Rosenkranz von fröhlichen Melodien zog
innerlich an mir vorbei, Fremdes und Eigenes, Crethi
und Plethi, eins immer das andre ablösend. Von
ungefähr springt ein Tanzliedchen hervor, Sechsach¬
telstact, mir völlig neu. -- Halt, dacht' ich, was
gibt's hier? Das scheint ein ganz verteufelt niedliches
Ding! Ich sehe näher zu -- alle Wetter! das ist ja
Masetto, das ist ja Zerlina!" -- Er lachte gegen
Madame Mozart hin, die ihn sogleich errieth.

"Die Sache," fuhr er fort, "ist einfach diese.
In meinem ersten Act blieb eine kleine leichte Rumer

„Es ſind nun ſiebzehn Jahre her, daß ich Italien
ſah. Wer, der es einmal ſah, inſonderheit Neapel,
denkt nicht ſein Lebenlang daran, und wär' er auch,
wie ich, noch halb in Kinderſchuhen geſteckt! So
lebhaft aber wie heut in Ihrem Garten war mir der
letzte ſchöne Abend am Golf kaum jemals wieder auf¬
gegangen. Wenn ich die Augen ſchloß — ganz deut¬
lich, klar und hell, den letzten Schleier von ſich hau¬
chend, lag die himmliſche Gegend vor mir verbreitet!
Meer und Geſtade, Berg und Stadt, die bunte
Menſchenmenge an dem Ufer hin, und dann das
wunderſame Spiel der Bälle durcheinander! Ich
glaubte wieder dieſelbe Muſik in den Ohren zu haben,
ein ganzer Roſenkranz von fröhlichen Melodien zog
innerlich an mir vorbei, Fremdes und Eigenes, Crethi
und Plethi, eins immer das andre ablöſend. Von
ungefähr ſpringt ein Tanzliedchen hervor, Sechsach¬
telstact, mir völlig neu. — Halt, dacht' ich, was
gibt's hier? Das ſcheint ein ganz verteufelt niedliches
Ding! Ich ſehe näher zu — alle Wetter! das iſt ja
Maſetto, das iſt ja Zerlina!“ — Er lachte gegen
Madame Mozart hin, die ihn ſogleich errieth.

„Die Sache,“ fuhr er fort, „iſt einfach dieſe.
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[54/0066] „Es ſind nun ſiebzehn Jahre her, daß ich Italien ſah. Wer, der es einmal ſah, inſonderheit Neapel, denkt nicht ſein Lebenlang daran, und wär' er auch, wie ich, noch halb in Kinderſchuhen geſteckt! So lebhaft aber wie heut in Ihrem Garten war mir der letzte ſchöne Abend am Golf kaum jemals wieder auf¬ gegangen. Wenn ich die Augen ſchloß — ganz deut¬ lich, klar und hell, den letzten Schleier von ſich hau¬ chend, lag die himmliſche Gegend vor mir verbreitet! Meer und Geſtade, Berg und Stadt, die bunte Menſchenmenge an dem Ufer hin, und dann das wunderſame Spiel der Bälle durcheinander! Ich glaubte wieder dieſelbe Muſik in den Ohren zu haben, ein ganzer Roſenkranz von fröhlichen Melodien zog innerlich an mir vorbei, Fremdes und Eigenes, Crethi und Plethi, eins immer das andre ablöſend. Von ungefähr ſpringt ein Tanzliedchen hervor, Sechsach¬ telstact, mir völlig neu. — Halt, dacht' ich, was gibt's hier? Das ſcheint ein ganz verteufelt niedliches Ding! Ich ſehe näher zu — alle Wetter! das iſt ja Maſetto, das iſt ja Zerlina!“ — Er lachte gegen Madame Mozart hin, die ihn ſogleich errieth. „Die Sache,“ fuhr er fort, „iſt einfach dieſe. In meinem erſten Act blieb eine kleine leichte Rumer

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Zitationshilfe: Mörike, Eduard: Mozart auf der Reise nach Prag. Stuttgart u. a., 1856, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_mozart_1856/66>, abgerufen am 23.11.2024.