Mörike, Eduard: Mozart auf der Reise nach Prag. Stuttgart u. a., 1856.möglichst anzupassen. Er zog nunmehr sein Blatt Ein Nachkömmling des vielgepries'nen Baums Nach langem vergeblichen Warten scheint endlich möglichſt anzupaſſen. Er zog nunmehr ſein Blatt Ein Nachkömmling des vielgeprieſ'nen Baums Nach langem vergeblichen Warten ſcheint endlich <TEI> <text> <body> <p><pb facs="#f0076" n="64"/> möglichſt anzupaſſen. Er zog nunmehr ſein Blatt<lb/> bervor, das er, vom Stuhle ſich erhebend und an<lb/> die Couſine gewendet, vorlas. Der Inhalt der<lb/> Strophen war kurz gefaßt dieſer:</p><lb/> <p>Ein Nachkömmling des vielgeprieſ'nen Baums<lb/> der Heſperiden, der vor Alters, auf einer weſtlichen<lb/> Inſel, im Garten der Juno, als eine Hochzeitgabe<lb/> für ſie von Mutter Erde, hervorgeſproßt war, und<lb/> welchen die drei melodiſchen Nymphen bewachten,<lb/> hat eine ähnliche Beſtimmung von jeher gewünſcht<lb/> und gehofft, da der Gebrauch, eine herrliche Braut<lb/> mit ſeinesgleichen zu beſchenken, von den Göttern<lb/> vorlängſt auch unter die Sterblichen kam.</p><lb/> <p>Nach langem vergeblichen Warten ſcheint endlich<lb/> die Jungfrau gefunden, auf die er ſeine Blicke richten<lb/> darf. Sie erzeigt ſich ihm günſtig und verweilt oft<lb/> bei ihm. Doch der muſiſche Lorbeer, ſein ſtolzer<lb/> Nachbar am Bord der Quelle, hat ſeine Eiferſucht er¬<lb/> regt, indem er droht, der kunſtbegabten Schönen Herz<lb/> und Sinn für die Liebe der Männer zu rauben. Die<lb/> Myrte tröſtet ihn umſonſt und lehrt ihn Geduld durch<lb/> ihr eigenes Beiſpiel; zuletzt jedoch iſt es die andauernde<lb/> Abweſenheit der Liebſten, was ſeinen Gram ver¬<lb/> mehrt und ihm, nach kurzem Siechthum, tödtlich wird.</p><lb/> </body> </text> </TEI> [64/0076]
möglichſt anzupaſſen. Er zog nunmehr ſein Blatt
bervor, das er, vom Stuhle ſich erhebend und an
die Couſine gewendet, vorlas. Der Inhalt der
Strophen war kurz gefaßt dieſer:
Ein Nachkömmling des vielgeprieſ'nen Baums
der Heſperiden, der vor Alters, auf einer weſtlichen
Inſel, im Garten der Juno, als eine Hochzeitgabe
für ſie von Mutter Erde, hervorgeſproßt war, und
welchen die drei melodiſchen Nymphen bewachten,
hat eine ähnliche Beſtimmung von jeher gewünſcht
und gehofft, da der Gebrauch, eine herrliche Braut
mit ſeinesgleichen zu beſchenken, von den Göttern
vorlängſt auch unter die Sterblichen kam.
Nach langem vergeblichen Warten ſcheint endlich
die Jungfrau gefunden, auf die er ſeine Blicke richten
darf. Sie erzeigt ſich ihm günſtig und verweilt oft
bei ihm. Doch der muſiſche Lorbeer, ſein ſtolzer
Nachbar am Bord der Quelle, hat ſeine Eiferſucht er¬
regt, indem er droht, der kunſtbegabten Schönen Herz
und Sinn für die Liebe der Männer zu rauben. Die
Myrte tröſtet ihn umſonſt und lehrt ihn Geduld durch
ihr eigenes Beiſpiel; zuletzt jedoch iſt es die andauernde
Abweſenheit der Liebſten, was ſeinen Gram ver¬
mehrt und ihm, nach kurzem Siechthum, tödtlich wird.
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