Mörike, Eduard: Mozart auf der Reise nach Prag. Stuttgart u. a., 1856.der Gärtner bald verloren, obwohl er seiner natür¬ Der Lieutenant hatte schon vor Tische Gelegen¬ der Gärtner bald verloren, obwohl er ſeiner natür¬ Der Lieutenant hatte ſchon vor Tiſche Gelegen¬ <TEI> <text> <body> <p><pb facs="#f0075" n="63"/> der Gärtner bald verloren, obwohl er ſeiner natür¬<lb/> lichen Ordnung nach leicht zwei und dreimal älter<lb/> werden konnte. Der Graf hingegen, von einem be¬<lb/> nachbarten Kenner berathen, ließ ihn nach einer<lb/> ſonderbaren, ſelbſt räthſelhaften Vorſchrift, wie ſie<lb/> das Landvolk häufig hat, in einem abgeſonderten<lb/> Raume ganz insgeheim behandeln, und ſeine Hoff¬<lb/> nung, die geliebte Nichte eines Tags mit dem zu<lb/> neuer Kraft und voller Fruchtbarkeit gelangten alten<lb/> Freund zu überraſchen, ward über alles Erwarten<lb/> erfüllt. Mit Ueberwindung ſeiner Ungeduld und nicht<lb/> ohne Sorge, ob denn wohl auch die Früchte, von<lb/> denen etliche zuletzt den höchſten Grad der Reife hat¬<lb/> ten, ſo lang am Zweige halten würden, verſchob er<lb/> die Freude um mehrere Wochen auf das heutige Feſt,<lb/> und es bedarf nun weiter keines Worts darüber, mit<lb/> welcher Empfindung der gute Herr ein ſolches Glück<lb/> noch im letzten Moment durch einen Unbekannten ſich<lb/> verkümmert ſehen mußte.</p><lb/> <p>Der Lieutenant hatte ſchon vor Tiſche Gelegen¬<lb/> heit und Zeit gefunden, ſeinen dichteriſchen Beitrag<lb/> zu der feierlichen Uebergabe in's Reine zu bringen<lb/> und ſeine vielleicht ohnehin etwas zu ernſt gehaltenen<lb/> Verſe durch einen veränderten Schluß den Umſtänden<lb/></p> </body> </text> </TEI> [63/0075]
der Gärtner bald verloren, obwohl er ſeiner natür¬
lichen Ordnung nach leicht zwei und dreimal älter
werden konnte. Der Graf hingegen, von einem be¬
nachbarten Kenner berathen, ließ ihn nach einer
ſonderbaren, ſelbſt räthſelhaften Vorſchrift, wie ſie
das Landvolk häufig hat, in einem abgeſonderten
Raume ganz insgeheim behandeln, und ſeine Hoff¬
nung, die geliebte Nichte eines Tags mit dem zu
neuer Kraft und voller Fruchtbarkeit gelangten alten
Freund zu überraſchen, ward über alles Erwarten
erfüllt. Mit Ueberwindung ſeiner Ungeduld und nicht
ohne Sorge, ob denn wohl auch die Früchte, von
denen etliche zuletzt den höchſten Grad der Reife hat¬
ten, ſo lang am Zweige halten würden, verſchob er
die Freude um mehrere Wochen auf das heutige Feſt,
und es bedarf nun weiter keines Worts darüber, mit
welcher Empfindung der gute Herr ein ſolches Glück
noch im letzten Moment durch einen Unbekannten ſich
verkümmert ſehen mußte.
Der Lieutenant hatte ſchon vor Tiſche Gelegen¬
heit und Zeit gefunden, ſeinen dichteriſchen Beitrag
zu der feierlichen Uebergabe in's Reine zu bringen
und ſeine vielleicht ohnehin etwas zu ernſt gehaltenen
Verſe durch einen veränderten Schluß den Umſtänden
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